ISKU - Informationsstelle Kurdistan e.V.

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Hamburg, 3. April 2002

Wir dokumentieren die Gründungserklärung der Partei der Demokratischen Lösung in Kurdistan.
Übersetzung aus dem Englischen - ISKU


An die Öffentlichkeit:

Gründung der Partei der demokratischen Lösung in Kurdistan


Vom Beginn der Menschheitsgeschichte war der Mittlere Osten und insbesondere Mesopotamien die Wiege der Zivilisation. Die Kultur der Freiheit und Gleichheit der Völker und das Konzept der Freiheit entwickelten sich zum ersten Mal dort.

Für Jahrhunderte war Mesopotamien das Zentrum der Zivilisation und zog dadurch die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf sich. In Folge des Verlustes seiner ursprünglichen Natur, in Folge von Wiederholungen und Dogmen konnte es die reaktionären Normen nicht überwinden. Statt dessen wurde der Westen führende "Entwicklungskraft" auf der Grundlage von im Mittleren Osten entwickelten Errungenschaften und konnte so einen großen Beitrag zur Aufklärung und Entwicklung leisten. Im Laufe dieses Prozesses verlor der Mittlere Osten seine Position und befand sich in einem Stadium des Verfalls und Rückschritts.

Über Jahrhunderte herrschten dort reaktionäre Ideen vor. Im 20. Jahrhundert erreichten die nationalen Widersprüche ihren Höhepunkt, als der Mittlere Osten zum Schauplatz zweier Weltkriege und verschiedener anderer regionaler Kriege und Konflikte wurde. Diese Entwicklung hatte die Entstehung neuer politischer Systeme und Staaten zur Folge. Als Ergebnis der ethnischen und nationalen Konflikte verlor der Mittlere Osten, im internationalen Kontext an Gewicht.

Als der Staat Irak gegründet wurde, entstand ein neues System, das auf der Vertiefung der Widersprüche zwischen sunitischen und shiitischen Arabern und zwischen arabischen und kurdischen Völkern basierte. Die Macht wurde einer sunitischen arabischen Minderheit zugeteilt, die nicht die im Irak lebenden Menschen repräsentierte. Ziel dieses Vorgehens war, das neue System abhängig von ausländischen Mächten zu machen, da der Irak (inklusive Südkurdistan) reich an Ölfeldern war und dabei gleichzeitig gute infrastrukturelle Verbindungen zum Rest der Welt hatte.

Da die Vorherrschaft über den Irak die Kontrolle über den Rest des Mittleren Ostens bedeutet, zog das Land das Interesse der Großmächte auf sich und wurde deren Plänen ausgeliefert. Seit nunmehr 80 Jahren finden im Irak kontinuierlich Konflikte, Chaos und Spannungen ohne friedliche Phasen der Erholung statt. Mit dem Sturz der Monarchie und dem Sieg der Revolution von 1958 gab es die Voraussetzungen für demokratische Veränderungen und eine Lösung der kurdischen Frage. Die engstirnig-nationalistischen kurdischen Ansichten und die Intervention äusserer Kräfte bestimmten diese Situation und verhinderten eine demokratische Entwicklung.

Alle Völker des Irak, Araber, Kurden, Türken und Assyrer teilen das gleiche Schicksal. Ihr Wille wurde unterdrückt und die koloniale Abhängigkeit, sowie ihre Unterwerfung bestimmten ihr Schicksal. Besonders die kurdische Bevölkerung war in der Folgezeit Völkermord, nationaler Vernichtung und Zwangsvertreibungen ausgesetzt. Die Arabisierung der kurdischen Gebiete wurde zum Ziel des Systems. Als Antwort darauf entstanden engstirnig-nationalistische und bürgerliche kurdische Bewegungen. Diese waren nicht nur unfähig, die Gelegenheiten zur Lösung der kurdischen Frage zu nutzen, sie waren auch nicht in der Lage, sich der Politik der äusseren Kräfte zu widersetzen.

Nach der Besetzung Kuwaits durch den Irak, dem zweiten Golfkrieg und den großen Volksaufständen im Frühjahr 1991 entstand eine neue Situation im Irak und in Südkurdistan. Über den Irak wurden Wirtschaftssanktionen verhängt, das irakische Regime wurde von der internationalen Gemeinschaft isoliert und in Südkurdistan wurde eine Schutzzone eingerichtet. Während der letzten 10 Jahre wurde kein Problem in dieser Region gelöst. Der Irak hat zwei Möglichkeiten; entweder er verwirklicht die notwendigen Demokratisierungen und Veränderungen oder er wird früher oder später zusammenbrechen.

In den letzten zehn Jahren gab es die große Chance, in Südkurdistan eine Lösung für die unbeantwortete kurdische Frage zu finden. Auf Grund des dort herrschenden Feudalismus wurde diese Chance nicht genutzt. Südkurdistan ist nun mit Teilung und Zersplitterung konfrontiert. Interne Kämpfe waren entscheidend und die kurdische Frage blieb weiterhin ungelöst.

Die dominierenden politischen Parteien lähmten die Möglichkeit einer Demokratisierung. All die unbeantworteten Fragen erreichten eine neue Dimension; alle Hoffnungen wurden zerstört. Die Menschen haben begonnen, Südkurdistan zu verlassen und eine grosse Zahl von ihnen ist auf dem Weg in andere Länder. Diese chaotische Situation hat zu Unsicherheit geführt und es ist zu befürchten, dass diese historische Chance vergeben wird.

Wir leben in einer Zeit, in der internationale Normen von Demokratie und Menschenrechten sich durchgesetzt haben. Die Welt bewegt sich auf eine neues System zu. Unter solchen Bedingungen sind die Veränderungen dieser Staaten und politischen Systeme lebensnotwendig.

Der Mittlere Osten, gerade der Irak ist weit entfernt von der Lebensrealität der Völker der Region und von den Errungenschaften der heutigen Zeit. Deshalb sind demokratische Veränderungen notwendig und der einzige Weg um aus der jetzigen Sackgasse herauszukommen. In der gesamten Geschichte des Irak, besonders in den letzten zehn Jahren, ist klar geworden, dass sich die gesellschaftliche Probleme nicht durch Nationalismus lösen lassen. Nationalistische Politik kann in eine Krise führen die mit dem Palästina-Israel Konflikt vergleichbar ist. Aus diesem Grund ist die einzige Option zur Lösung der kurdischen Frage, sowie aller den Irak betreffenden Probleme, eine umfassende Demokratisierung.

Da ein Angriff auf den Irak bevorsteht, ist es ist es notwendig, dass die Völker des Iraks eine demokratische Lösung selbst voranzutreiben. Veränderung und Wechsel sind die einzige Option im Irak, selbst wenn sie von äusseren Mächten bestimmt werden.

In der jetzigen Situation müssen wir die Probleme vollständig erfassen - Im besonderen die kurdische Frage bezüglich ihrer Entstehung.

Während des vergangenen Jahres war die Bewegung an organisatorischen, gesellschaftlichen und politischen Aktivitäten beteiligt und konnte einige Schritte unternehmen, um die Massen zu erreichen. All die vorher diskutierten Bedingungen wurden auf dem ersten Kongress, der vom 3. - 15. März abgehalten wurde, diskutiert. Als Ergebnis stellte sich die Gründung einer politischen Partei heraus. Die Delegierten des Kongresses entschieden daher, eine neue Organisation unter dem Namen Partei der Demokratischen Lösung in Kurdistan auszurufen.

Unsere Partei, die Partei der Demokratischen Lösung in Kurdistan, wurde als notwendiger Faktor für das Leben im Irak und in Südkurdistan gegründet, um Lösungen für alle den Irak betreffenden Probleme zu finden und um der herrschenden Unsicherheit und Lösungslosigkeit ein Ende zu setzen. Unser Hauptziel ist die Errichtung eines pluralistischen, demokratischen Irak und eines freien Kurdistans. Fundament dafür ist eine rechtlich gesicherte demokratische Föderation der Provinzen. Sie soll auf der freiwilligen Einheit der irakischen Völker und einer demokratischen Lösung, ohne Veränderung der jetzigen politischen Grenzen, basieren. Auf diesem Wege könnten die kurdische Frage und die anderen Probleme des Irak gelöst werden. Das Recht auf Meinungsfreiheit ist dafür Grundvoraussetzung.

Unsere Partei sieht die politische und demokratische Methode als bestes Mittel an, das Bewußtsein der Massen zu erweitern und die Gesellschaft zu einer Sicherung des Friedens zu führen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden wir einen Schwerpunkt auf den Kampf für demokratische Organisationen innerhalb der Gesellschaft und des Staates setzen. Gleichzeitig behält sich unsere Partei angesichts jeglicher Angriffe und Aggressionen gegen unser Volk das Recht auf Selbstverteidigung vor. Zu diesem Ziel organisiert sie die "Nationalen Verteidigungskräfte", HBN.

Frauen sind aufgrund ihrer Geschlechterrolle die am meisten ausgebeuteten in der Gesellschaft. Sie stellen die Mehrheit. Ihr Potential ist bislang noch nicht an die Oberfläche gelangt. Frauen sind von Natur aus enger mit Frieden, Freiheit und Gleichheit verbunden. Sie sichern die Schwesterlichkeit zwischen den Völkern der Region. Unsere Partei vereint die nationalen, Klassen- und Geschlechterkämpfe.

Neben den Frauen ist die Jugend eine dynamische Kraft für die demokratische Veränderung. Sie kann eine herausragende Rolle in diesem Kampf spielen. Unsere Partei weist ihr eine besondere Rolle zu. Wir sind eine Volkspartei, die Menschen allen Alters einschließt.

Wir betrachten die Arbeiter als Hauptsäule des Kampfes. Wir sehen eine besondere Bedeutung in der Rolle der Intellektuellen, Lehrer und Händler in der Gesellschaft. Wir betrachten die Macht des Volkes als ein Prinzip. Beispiellos in der kurdischen Geschichte sehen wir die Behörden als Domäne des Volkes.

An alle Kräfte, die sich für eine demokratische, an den Bedürfnissen der Menschen orientierte, patriotische Entwicklung einsetzen!

Die historische Verantwortung und die derzeitige Situation machen es nötig, dass die interne Entwicklung der irakischen und südkurdischen Gesellschaft die möglichen Veränderungen im Irak berücksichtigt und das jeweilige Handeln daran angeglichen wird. Dafür ist es notwendig, dass die Einheit der Bevölkerung, von Gruppen, Organisationen und Kräften realisiert wird, anstatt sich auf Kräfte aus dem Ausland zu verlassen. Unsere Partei vertritt eine gegensätzliche Option zum Einparteiensystem, engstirniger Partei - Politik, Regionalismus und eigennütziger Vetternwirtschaft. Anstatt Militarismus streben wir ein kulturvolles Leben an. Unsere Partei betrachtet kulturelle Vielfalt als Reichtum. Anstatt sich gegenseitig zu negieren und zu bekämpfen lehnen wir Wettbewerb und Konkurrenz als Prinzip ab. (Unterschiedlichkeit bedeutet Reichtum.) In diesem Sinne fordern wir alle Organisationen, Kräfte und Fraktionen auf, sich gemeinsam an diesem historisch notwendigen Prozeß zu beteiligen. Das ist nötig um die Probleme der Bevölkerung und der Gesellschaftsentwicklung zu lösen. Das angesprochene Feld sollte nicht den monopolistischen Kräften überlassen werden.

An unsere mutige Bevölkerung im Süden Kurdistans!

Unsere Bevölkerung war jahrelang einer chaotischen Situation, Unterdrückung und Leiden aller Art ausgesetzt. Trotz des Genozids hat unser Volk entschlossen gehandelt und niemals aufgegeben.

Nach dem historischen Aufstand im März 1991 war die größte Hoffnung und das größte Anliegen der Bevölkerung Freiheit und Gleichberechtigung in jeder Art zu erlangen. Durch die landesinternen Konflikte und die tiefe Krise wurde die Erfüllung dieser Erwartungen unmöglich. In den letzten zehn Jahren erlebte unser Bevölkerung mehrere Rückschläge und konnte aufgrund der vorherrschenden Interessen und Verhältnisse nicht adäquat agieren und reagieren. Die Situation verschlimmerte sich von Tag zu Tag, die Menschen wurden entfremdet, hoffnungslos und unentschlossen. Die Menschen können diese Situation nicht mehr ertragen. Sie können nicht akzeptieren, dass ihre Probleme unbeachtet und ungelöst bleiben.
Die einzige Möglichkeit des Volkes ist eine Lösung in Frieden und Freiheit zu fordern. Unser Volk wird seinen Teil dazu beitragen.

Unsere Partei repräsentiert den Willen der Bevölkerung und wurde gegründet um dessen Forderungen und Interessen durchzusetzen. Der Kongress der Parteigründung fand im März statt. März ist der Monat in dem die kurdische Bevölkerung das Märtyrertum von Halabja erlebte; in dem der glorreiche Aufstand 1991 stattfand; in dem Newroz, der Tag und das Symbol der Einheit der Bevölkerung der Region stattfindet. Unsere Partei hat sich gegründet, um den Genozid zu beenden, um ein weiteres Halabja zu verhindern, um die Errungenschaften des kurdischen Aufstandes zu bewahren und zu entwickeln und um Newroz als eine Festlichkeit des Geistes der modernen Zeit wieder zu etablieren.

Unsere Partei hat sich gegründet um die Freiheit der Kurden zu sichern und den Weg aller Völker der Region zu Freiheit und Demokratie zu ebnen. Sie wird eine Brücke zur Geschwisterlichkeit aller Völker sein. Unsere Partei berücksichtigt die Beziehungen und Verbindungen aller KurdInnen in allen kurdischen Gebieten und betrachtet die nationale Einheit als einen Eckpunkt der freiwilligen Vereinigung aller Völker der Region.

Wir glauben, dass unser Volk immer bereit war Kompromisse einzugehen und Opfer zu bringen um seine Interessen zu wahren. Es ist mit seiner gesamten Kraft bereit dazu. Das Volk wird sich zu einer starken Kraft im Kampf um die Demokratisierung entwickeln. Auf diesen Prinzipien beruhend verpflichtet sich unsere Partei den Weg der Bevölkerung zu begleiten und zu erhellen. Was auch immer passiert, werden wir Menschen auf ihre Interessen aufmerksam machen und sie dazu befähigen sich zu organisieren. Wir bemühen uns die Quelle der Lösung zu sein, die Hoffnungen unseres Volkes zu erfüllen und den Weg der MärtyrerInnen weiterzugehen. Wir vertrauen auf die Kraft des Volkes um siegreich zu sein.

Lang lebe ein demokratisches Irak und ein freies Kurdistan.

Lang lebe die Partei der demokratischen Lösung von Kurdistan

Lang lebe die selbstbestimmte Einheit der irakischen Bevölkerung

Lang lebe die Selbstbestimmung der Völker

Tod jeglicher Diktatur, jedem Monopolismus und jeder Vetternwirtschaft

Wir Grüßen die MärtyrerInnen der Freiheit und Demokratie

Lang lebe unser Vorsitzender Apo


Partei der demokratischen Lösung in Kurdistan

2. April 2002