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Urgent Action


UA-Nr: UA-057/2002
AI-Index: EUR 44/014/2002
Datum: 21.02.2002

GEWALTLOSE POLITISCHE GEFANGENE


Türkei:

Ridvan Kizgin, Menschenrechtsverteidiger
Feyzi Akbulut, Menschenrechtsverteidiger

Ridvan Kizgin und Feyzi Akbulut befinden sich im Gefängnis von Bingöl im Südosten der Türkei bis zum Beginn ihres Gerichtsverfahren in Untersuchungshaft. amnesty international befürchtet, dass es sich bei ihnen offenbar um gewaltlose politische Gefangene handelt, die wegen ihrer Aktivitäten als Menschenrechtsverteidiger festgehalten werden.

Ridvan Kizgin und Feyzi Akbulut, der Vorsitzende und der Sekretär des Regionalbüros des "Türkischen Menschenrechtsvereins" (IHD) in Bingöl, wurden Berichten zufolge am 25. Januar 2002 festgenommen, nachdem sie als Beobachter an einer Pressekonferenz der legalen pro-kurdischen "Demokratischen Volkspartei" (HADEP) teilgenommen hatten. Die Pressekonferenz war zum Gedenken an den Tag, an dem vor einem Jahr Serdar Tanis und Ebubekir Deniz dem "Verschwindenlassen" zum Opfer gefallen waren, einberufen worden (s. auch UA 26/01 vom 30. Januar 2001, 26. Februar 2001 und 29. März 2001). Außerdem sollen zur selben Zeit 66 weitere Mitglieder der HADEP-Partei in Haft genommen worden sein, sie wurden jedoch bis auf sechs Personen alle wieder freigelassen.

Am 26. Januar 2002 wurden Ridvan Kizgin und Feyzi Akbulut unter der Anklage, sie hätten gegen das Gesetz über Versammlungen und Demonstrationen verstoßen, in Untersuchungshaft genommen. Am 20. Februar 2002 entschied ein Gericht erster Instanz bei einer Voruntersuchung, dass Ridvan Kizgin und Feyzi Akbulut bis zu ihrem Prozess inhaftiert bleiben sollen.

Der IHD spielt eine wichtige Rolle bei der Beobachtung und öffentlichen Bekanntmachung von Menschenrechtsverletzungen in der Türkei. Falls weiterhin von den türkischen Behörden Druck auf den IHD ausgeübt wird, wozu auch die Festnahmen von Ridvan Kizgin und Feyzi Akbulut zählen, ist amnesty international in Sorge, dass dies eine Fortsetzung der Arbeit des Menschenrechtsvereins gefährden kann. Die Folge wäre dann vermutlich eine Zunahme an Menschenrechtsverletzungen sowie Straffreiheit für die Täter, da diese davon ausgehen können, dass ihre Vergehen weder beobachtet, noch untersucht oder bestraft werden.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

In den vergangenen Monaten waren das Regionalbüro des IHD in Bingöl und insbesondere auch Ridvan Kizgin starken Repressalien ausgesetzt. Am Morgen des 30. November 2001 drang die Polizei in die Büroräume des IHD in Bingöl ein und beschlagnahmte zahlreiche Dokumente, darunter Formulare, die von Opfern mutmaßlicher Menschenrechtsverletzungen in der Provinz ausgefüllt worden waren. Ridvan Kizgin soll von der Polizei bedroht und beschimpft worden sein. Außerdem wurde er aufgrund einer Entscheidung des Gouverneurs der Provinz Bingöl von seiner Position als Vorsitzender des Regionalbüros des IHD in Bingöl suspendiert. Die Entscheidung stützte sich auf § 45 des Gesetzes über Vereinsrecht; Ridvan Kizgin hatte offenbar Polizeibeamten den Zugang zu den Büros des IHD verweigert, als sie dort am 25. November 2001 ein Seminar anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt gegen Frauen beobachten und auf Video aufzeichnen wollten. Die Entscheidung wurde zwar Anfang Januar 2002 revidiert, Ridvan Kizgin wird sich aber trotzdem wegen dieser Anklage vor Gericht verantworten müssen.

EMPFOHLENE AKTIONEN: Schreiben Sie bitte Telefaxe oder Luftpostbriefe, in denen Sie

die Behörden auffordern, die Sicherheit der gewaltlosen politischen Gefangenen Ridvan Kizgin und Feyzi Akbulut zu garantieren, und fordern, dass sie umgehend und bedingungslos freigelassen und alle Anklagepunkte gegen sie fallengelassen werden;
darauf dringen, dass die Behörden die notwendigen Schritte einleiten, um dem IHD und seinen Mitarbeitern dauerhaften gesetzlichen Schutz zukommen zu lassen, sowie dass man es allen Menschenrechtsverteidigern im Lande ermöglicht, ihren legitimen Aktivitäten gemäß ihrer Rolle als Beobachter und Berichterstatter aller die Menschenrechte betreffenden Angelegenheiten nachgehen zu können, wie sie in der Erklärung der Vereinten Nationen zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern definiert ist;
die Behörden auffordern, dafür Sorge zu tragen, dass alle ein öffentliches Amt bekleidenden Personen die Rechtmäßigkeit der Arbeit von Menschenrechtsverteidigern anerkennen.
APPELLE AN:

Herrn Prof. Hikmet Sami Türk, Adalet Bakani, Adalet Bakanliði, TR-06659 Ankara, REPUBLIK TÜRKEI
(Justizminister)
Telefax: (00 90) 312-418 5667; (00 90) 312-417 3954

KOPIEN AN:

Herrn Nejat Arseven, Büro des Ministerpräsidenten, Baþbakanlýk, 06573 Ankara, REPUBLIK TÜRKEI
(Minister und Beauftragter für Menschenrechtsfragen)
Telefax: (00 90) 312 417 0476

Kanzlei der Botschaft der Republik Türkei, Rungestr. 9, 10179 Berlin
(S. E. Herrn Osman Taney Korutürk)
Telefax: 030-2759 0915
E-Mail: turk.em.berlin@t-online.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 3. April 2002 keine Appelle mehr zu verschicken.

RECOMMENDED ACTION: Please send appeals to arrive as quickly as possible, in English or your own language:

- urging the authorities to guarantee the safety of prisoners of conscience Ridvan Kizgin and Feyzi Akbulut, calling for their immediate and unconditional release and to drop all charges against them;

- requesting that the authorities take steps to extend durable protection in law to the IHD and its staff and to allow human rights defenders to pursue unhindered their lawful role of monitoring and reporting human rights matters in line with the UN Declaration on the Protection of Human Rights Defenders;

- calling on the authorities to take effective action to ensure all public servants recognize the legitimacy of the work of human rights defenders.