Dezentrale Verwaltung und Anerkennung der kurdischen Identität

Internationale Konferenz in Brüssel stellt Forderungen zur Verfassungsreform in der Türkei auf

Seit gestern diskutieren 250 Teilnehmer aus verschiedenen europäischen Ländern, welche Wege in der Türkei unternommen werden müssen, um zu einem dauerhaften Frieden, echter Demokratisierung und einem baldigen EU-Beitritt zu kommen. Auf Einladung der Linksfraktion GUE/NGL nutzen kurdische und türkische Intellektuelle, Vertreter der EU-Institutionen, Völkerrechtler und Journalisten zwei Tage lang die Gelegenheit zur intensiven Debatte dieser Fragen.

Jürgen Klute äußerte bei der Eröffnung der Konferenz deutliche Kritik an den jüngsten Massenfestnahmen in der Türkei: "Nachdem vor zwei Jahren die Vorgängerpartei der BDP für einen Wahlerfolg bei den Kommunalwahlen mit einem Parteienverbot "belohnt" wurde, wird der Wählerwille nach den Parlamentswahlen im Juni nun durch Festnahmen abgestraft. Dieser Zustand ist nicht zu tolerieren. Bürger, sich politisch engagieren oder ihrer journalistischen Arbeit nachgehen, müssen von einem demokratischen Staat geschützt und gestärkt werden - nicht umgekehrt!"

Die diesjährige Konferenz steht insbesondere unter dem Zeichen der von Premier Erdogan vor den Parlamentswahlen im Juni in Aussicht gestellten umfassenden Reform der türkischen Verfassung. Nach einem beachtlichen Wahlerfolg wird die progressive pro-kurdische Partei "Frieden und Gerechtigkeit" (BDP), deren aktuelle Vorsitzende Gultan Kisanak und Selahattin Demirtas beide an der Konferenz teilnehmen, jedoch durch die Verhaftung von über 1800 Aktivisten aus dem politischen Leben ausgeschaltet. Umso höher die Bedeutung der diesjährigen Konferenz im Europaparlament, von der die Forderung nach einer föderalen Verfassung mit dezentralen Verwaltungsstrukturen, garantierter Koalitions- und Meinungsfreiheit und der Anerkennung der kurdischen Identität, Sprache und Kultur ausgeht.

Weiterhin rief Jürgen Klute dazu auf, auch positive Schritte zur Kenntnis zu nehmen: "Die Linke im Europaparlament begrüßt deshalb die Entschuldigung Erdogans für das in der Gründungszeit der türkischen Republik begangene Massaker an den allevitischen Kurden von Dersim." Der nordrheinwestfälische MdEP kündigte an, dass sich die Linksfraktion hierdurch ermutigt sehe, an ihren Konferenzen zur Geschichtsaufarbeitung in der Türkei festzuhalten.

Die Konferenzteilnehmer werden heute Abend einen detaillierten Forderungskatalog zur Verfassungsreform verabschieden.

Die 8. Ausgabe der Internationalen Konferenz "EU, Türkei und die Kurden" wird gleichzeitig von einer Fotoausstellung begleitet, auf der die Fotojournalisten Julien Goldstein und Olivier Piot ein Buch zur Lage der kurdischen Bevölkerung im Nahen Osten erstmals vorstellen.

Brüssel, 8.Dezember 2011

Kontakt:
Büro MdEP Jürgen Klute
Europäisches Parlament
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