AZADI RECHTSHILFEFONDS
            für Kurdinnen und Kurden in Deutschland e.V.

Pressemitteilung

 
Köln, 21. Juni 2001


OLG Düsseldorf verurteilt kurdischen Politiker

Der kurdische Politiker Sait Hasso wurde am 20. Juni 2001 vom Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf wegen Rädelsführerschaft in einer "kriminellen Vereinigung" (§ 129 StGB) zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Bundesanwaltschaft hatte ihm vorgeworfen, seit Jahren für die in der Bundesrepublik verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) als Deutschland-Koordinator tätig gewesen zu sein. Sait Hasso wurde am 30. März 2000 an der niederländisch-deutschen Grenze festgenommen und befand sich seitdem in Untersuchungshaft.

Das Gericht würdigte in seinem Urteil die Beweggründe des Angeklagten für dessen politische Betätigung. Ferner berücksichtigte es die auf dem 7. Parteikongress der PKK beschlossene friedenspolitische Linie und die damit verbundene Umstrukturierung. Der Vorsitzende Richter Breitling vertrat jedoch die Auffassung, die PKK müsse erst noch unter Beweis stellen, dass sie dieses Ziel nicht nur aus taktischen, sondern auch aus strategischen Erwägungen verfolgt. Es bliebe z. B. abzuwarten, ob sie im Falle negativer gerichtlicher Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Verfahren gegen den PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan erneut Straftaten veranlassen würde. Mithin könne es eine dauerhafte friedliche Lösung in der Bundesrepublik geben, müsse es aber nicht. Das Gericht sah des weiteren die innere Sicherheit der BRD durch die bundesweite politische Betätigung des Angeklagten gefährdet.

Nach Auffassung von AZADI trägt diese Argumentation dazu bei, das PKK-Verbot aufrechtzuerhalten, weil eine solche vom Gericht geforderte "Bewährungszeit" beliebig ausgedehnt und definiert werden kann. Eine tatsächliche Entspannung lässt noch auf sich warten. Deshalb wird auch künftig damit zu rechnen sein, dass die politische Betätigung kurdischer Politiker/innen zu strafrechtlichen Verfahren führen kann.

Sait Hasso hat sich in diesem Prozess zu seiner politischen Identität bekannt: "Meine Arbeit in Deutschland geschah im Rahmen der neuen Friedenslinie der PKK, von deren Richtigkeit ich überzeugt war. Ich glaube daran, dass auch der deutsche Staat Friedenssignale aussenden wird, dafür aber mehr Engagement erforderlich sein wird."

Sowohl Sait H. als auch die Bundesanwaltschaft (BAW) haben darauf verzichtet, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen.

Auch dieser Prozess, der ohne das PKK-Verbot überhaupt nicht stattgefunden hätte, macht die Notwendigkeit deutlich, dass die Kriminalisierung der kurdischen Bevölkerung in der Bundesrepublik beendet werden muss. Eine Aufhebung des PKK-Verbotes würde es der kurdischen Organisation erleichtern, ihre Strukturen zu öffnen und das vom Gericht kritisierte anhaltende konspirative Verhalten der Funktionäre zu ändern. Bis heute münden deren politische Aktivitäten in Prozessen wie diesen gegen Sait Hasso.


 
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