Informationsstelle Kurdistan e.V.
Büro für Internet und Öffentlichkeitsarbeit: Ludwigstr.13; 20357 Hamburg,
e- mail: isku-web@mail.nadir.org; Internet:www.nadir.org/isku/
Tel: 040/43182115; Fax: 040/35070949


Hamburg, 2. Juni 2001

Wir dokumentieren aus der türkischsprachigen Tageszeitung 'Özgür Politika' vom 2. Juni 2001:

Der Frieden ist das Werk der PKK

Wie Osman Öcalan, Mitglied des PKK-Präsidialrates, erklärte, sind die Aussagen von Staatspräsident Ahmet Necdet Sezer im Rahmen seiner Reise nach Van und Hakkari falsche Propapaganda: "Die Propaganda türkischer Staatsvertreter, nach der der Krieg erfolgreich von der Türkei beendet wurde und die vorläufige Friedensatmosphäre auf der Grundlage eines Sieges über die PKK gesichert wurde, ist nicht richtig."

In einem telefonischen Beitrag an der von dem Journalisten Irfan Dogan moderierten Sendung 'Özel' bei MEDYA TV, an der ausserdem Remzi Kartal als Mitglied des Nationalkongresses Kurdistan (KNK), Nuray Sen als KON-KURD-Vertreterin und Sabri Agir für die Demokratische Kulturbewegung teilnahmen, erklärte Öcalan, dass sich die Türkei in diesem Punkt selbst täusche: "Bei Sezers Reise durch Kurdistan versammelte sich eine grosse Volksmasse, (....) die in verschiedener Form und mit der Parole "Weder Separation noch Leugnung - Demokratische Republik" ihren Friedenswillen zur Sprache brachte. Auch das zeigt doch, dass es weder die Armee noch die Institutionen der Republik Türkei sind, die den Frieden sichern. Es sind die Führung der PKK und die Bemühungen der PKK. Dadurch wurde der Frieden vorläufig gesichert."

Trotzdem betrachte die PKK es als positiv, dass Sezer bei seinem Besuch in Van und Hakkari das Thema Frieden zur Sprache gebracht habe, so Öcalan: "Aber es muss erkannt werden, dass die Dauerhaftigkeit des Friedens von der Lösung der kurdischen Frage und gleichzeitig von der Demokratisierung der Türkei abhängt. Sonst wird aus dem bestehenden Frieden ein vorübergehender. In diesem Punkt darf nicht das "nichts hören, nichts sehen, nichts sagen"-Spiel gespielt werden. Jeder muss sehen, hören und sprechen. Der Begriff Frieden muss gefüllt und das Notwendige getan werden." Bezugnehmend auf eine Szene während des Besuches Sezers erklärte Öcalan: "Einem zweijährigen Kind wurde Militärkleidung angezogen. Das ergibt überhaupt keinen Sinn. Dem Kind muss Frieden und Geschwisterlichkeit nahegebracht werden. Das war natürlich kein schöner Anblick."

Zur Verleumdungskampagne der Medien der Türkei, die die PKK und ihre Führung als geschwächt darstellt, sagte Öcalan: "Innerhalb der Führung der PKK gibt es einen Dialog in einer erstaunlichen Form. Wir arbeiten gemeinsam und kommen so zu Ergebnissen. Die PKK-Führung hat diese Reife und Kraft. Unser Volk soll wissen, dass jedes Mitglied unserer Leitung dem Volk gegenüber verantwortlich ist. Ermöglicht wird das durch die Kultur, die wir von unserem Vorsitzenden APO übernommen haben. In Kurdistan gibt es täglich neue Beitritte zur Guerilla von überall her. Dafür müssen wir keine besonderen Anstrengungen aufbringen. Wir können jederzeit so viele Menschen in die Berge bringen, wie wir wollen. Das soll nicht als Drohung aufgefasst werden. Aber wir können wann immer wir wollen einen Krieg beginnen. Trotzdem sagen wir nicht Krieg, sondern Politik, nicht Guerilla, sondern politischer Serhildan. Dabei handelt es sich nicht um eine erzwungenermassen angenommene Veränderung, sondern um etwas, das wir von Anfang an unter Berücksichtigung des Nutzens für unser Volk und andere Völker und im Glauben an den Erfolg getan haben."

Weiter erklärte Osman Öcalan, dass die Politik des Jahrhunderts einen bestimmten historischen Prozess durchgemacht habe. Wenn dieser richtig ausgewertet werde, könne damit das unglückselige Schicksal tausender von Jahren besiegt werden. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung der Kampagne "Identitätsbekenntnis" und rief alle Kurden zur sofortigen Teilnahme daran auf. Öcalan betonte die Wichigkeit, dass die Politik der nationalen Verleugnung und Vernichtung innerhalb dieses Jahres überwunden werde und fuhr fort: "Alle Intellektuellen und JuristInnen in Europa müssen Gruppen von 100 oder 500 Personen organisieren und vor Gericht ziehen. Auf den Gerichten muss eine historische Verteidigung stattfinden und gesagt werden: 'Ich bin ein kurdischer nationaler Befreiungskämpfer und PKK-Mitglied. Alle Gerichte müssen mit Kurden überschwemmt werden. Lasst uns diese Initiative angehen. Demonstrationen sind schön und gut, auch Erklärungen abzugeben, ist gut. Aber diese Aktionen müssen mit demokratischen Aktionsformen gefüttert werden."

An alle Kurden und Kurdinnen gewandt forderte Öcalan, jede Nacht in den Stadtvierteln und Dörfern gewaltlose, demokratische Aktionen durchzuführen und die millionenfache Entsendung von Briefen an den EuMRGH, die UN sowie die deutsche und britische Regierung, um die historische Ungerechtigkeit zu beenden. "Das kann nicht auf sechs Monate später verschoben werden. Wir konnten das Jahr 1920 nicht nutzen und haben hundert Jahre verloren. Jetzt muss sich rechtzeitig in Bewegung gesetzt werden, es muss früh mit der Organisierung begonnen werden. Wenn ihr nicht rechtzeitig grosse demokratische Aktionen hervorbringt, werdet ihr die Gelegenheit wieder verpassen. In dieser Hinsicht ist das Jahr 2001 wichtig. Die Grundlagen für die Politik des Jahrhunderts werden gelegt. Kein Kurde, der ein Gewissen hat, kann gleichgütig und schwach bleiben in dieser heissen Phase, in der es um die Entscheidung geht und eine neue Politik entwickelt wird. Es ist nicht die Zeit, um still zu stehen. Sich zu verspäten ist gefährlich. (...) Jeder muss seine ganze Kraft einsetzen, demokratische Aktionen entwickeln. Tag und Nacht, mit Gross und Klein müssen die Massenaktionen gesteigert werden."

(...) Auf die Frage, was die PKK in den letzten zwei Jahren getan habe, antwortete Öcalan: "Wir haben in dieser Phase weder inner- noch ausserhalb unserer Struktur einem einzigen Menschen Schaden zugefügt. Trotz massiver Angriffe auf unsere heiligen Werte haben wir aufgrund der notwendigen demokratischen Herangehensweise kein einiges Problem mit Gewalt gelöst. Es gab negative Propaganda gegen die PKK von solchen Leuten, die sich selbst für eine Suppe verkaufen. Alle entstandenen Fragen sind durch Überzeugungsarbeit einer Lösung zugeführt worden. Es hat auch nicht das kleinste antidemokratische Vorgehen gegeben. Das ist aus Sicht der PKK eine Entwicklung. Wir sind mit der Kraft vorgegangen, die wir aus der von unserer Führung entwickelten Kultur und neuen Strategie gezogen haben. Und wir haben unsere revolutionären Massen mit einer demokratischen Kultur basierend auf den Menschenrechte ausgestattet."

Das kurdische Volk habe sich in den letzten zwei Jahren auf die demokratische Republik vorbereitet. "Trotz einiger Unzulänglichkeiten spiegelt sich es sowohl im Bewusstsein als auch im Organisierungsgrad auf jeder Aktion wieder, dass die Kurden in ihrer Front bereit sind für die demokratische Republik. Es ist oft gefragt worden, was die Ergebnisse der strategischen Veränderung der PKK sind. Die Ergebnisse sind offensichtlich. Es wude ein demokratisches Bewusstsein entwickelt, die Menschen sind auf der Suche. Die stattfindenden Entwicklungen sind auch darauf ausgerichtet. Es werden neue Kräfte entstehen. Wir betrachten diese Diskussionen als hoffnungsvoll."