Dialog-Kreis: "Krieg in der Türkei -
Die Zeit ist reif für eine politische Lösung
"
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17. Mai 2001

Pressemitteilung

Friedenspolitische Konferenz über den türkisch-kurdische Konflikt: Der international renommierte Menschenrechtler Akin Birdal fordert schnelles handeln

Der Dialog-Kreis, die deutsche Sektion der IPPNW und das Komitee für Grundrechte und Demokratie, die einer friedlichen, politischen Lösung im türkisch-kurdischen Konflikt verpflichtet sind, veranstalteten am 12. Mai 2001 in Zusammenarbeit mit dem Abgeordnetenhaus Berlin, vertreten durch den Landtagsabgeordneten Giyasettin Sayan eine eintägige Konferenz unter dem Motto "Die EU, die Türkei und die kurdische Realität". An ihr haben sich unter anderen der renommierte Menschenrechtler Akin Birdal und der stellvertretende Vorsitzender der prokurdischen HADEP-Partei, Hamid Geylani, der Direktor des Deutschen Orientinstituts in Hamburg, Prof. Udo Steinbach, Prof. Andreas Buro, der Koordinator des Dialog-Kreises, der Vertreter des kurdischen Instituts, Selim Ferat, fachpolitische Vertreter aller Parteien und von vielen Menschenrechtsorganisationen beteiligt.
Zuvor, am 10. und 11. Mai, hat der Dialog-Kreis mit den Gästen aus der Türkei Gespräche mit PolitikerInnen aller im Bundestag vertretenen Parteien, mit dem Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Herrn Pleuger, mit der Vorsitzenden des Menschenrechtsausschusses, Frau Nickels, sowie mit dem Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Herrn Poppe geführt.
Der Hungerstreik der Gefangenen um ihre Haftbedingungen und die Ablehnung jedes Dialogs Ankaras berge großen Zündstoff und gefährde viele weitere Menschenleben, wie Herr Birdal ausführte. Daran schloss sich die Bitte an die Bundesregierung, alle Ihre Einflussmöglichkeiten zu nutzen, damit eine schnelle Verständigung erreicht wird. Die Voraussetzung auf Seite der Gefangenen hierfür sei durchaus gegeben. Man nahm an, eine dringlich vorgetragene Bitte des Kabinetts würde ihre Wirkung nicht verfehlen. Da es in den Gefängnissen bis jetzt über 50 Tote gegeben hat, zählt jeder Tag in diesem Konflikt.
Seit dem Helsinki-Gipfel der EU im Dezember 1999 hat sich nach übereinstimmender Analyse in der Friedens- und Menschenrechtspolitik der Türkei nur sehr wenig geändert. Die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise in der Türkei wurde nicht zuletzt als eine Krise des politischen Systems verstanden. Wegen dieses Zusammenhanges sollte etwaige deutsche Finanzhilfe an die Türkei nur in Raten und geknüpft an die Erfüllung bestimmter Mindestbedingungen gezahlt werden. Diesseits von ökonomischen Bedingungen wurden
· die tatsächliche Durchsetzung der Meinungsfreiheit sowie die Abschaffung der entsprechenden Strafbestimmungen,
· die Amnestie für politische Gefangene und ‚Meinungstäter' - die beschlossene Amnestie schließt diese weitgehend aus -
· die Aufhebung des Ausnahmezustandes in den vorwiegend von Kurden besiedelten Gebieten der Türkei,
· sowie die Schaffung der Rückkehrmöglichkeiten der vertriebenen Kurden in ihre Siedlungen
als vordringliche Bedingungen bezeichnet.
Die Konferenz war geprägt von der Befürchtung, im Annäherungsprozess an die EU könne die friedenspolitische Lösung der Kurdenfrage im Rahmen der Türkei auf der Strecke bleiben. Damit sei aber auch der erhoffte Demokratisierungsprozess gefährdet. Eine friedliche politische Lösung der Kurdenfrage und die Demokratisierung des Landes seien unauflöslich miteinander verbunden. Angesichts der fehlenden Bereitschaft Ankaras, angemessene Schritte in der Kurdenfrage zu unternehmen, wurde die Möglichkeiten neuer Gewalteskalationen nicht ausgeschlossen, was sich auch auf Deutschland auswirken könne. Deshalb sei es wichtig, den einseitigen Gewaltverzicht des kurdischen Konfliktpartners PKK in seiner Bedeutung anzuerkennen und ihn so zu ermutigen, seine friedenspolitische Orientierung aufrecht zu erhalten. Für die deutsche Politik würde dies bedeuten, die bestehenden Verbote und Restriktionen aufzuheben und den Dialog mit Repräsentanten der kurdischen Seite zu eröffnen. Die Friedensbereitschaft der Kurden darf nicht länger zurück gewiesen werden. Präventive Politik ist dringend gefragt.
In diesem Sinne wurden auch Briefe an Bundeskanzler Schröder, Außenminister Fischer, Finanzminister Eichel und an den für die Erweiterung zuständigen EU-Kommissar Verheugen gesandt.
V.i.S.d.P.G.: M. Sahin - Geschäftsführer des Dialog-Kreises, Köln