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Hamburg, 29.04.2001

Wir dokumentieren aus einer Erklärung von Murat Karayilan, Mitglied des Präsidialrats der PKK aus der türkischsprachigen Tageszeitung Özgür Politika vom 29.4.2001

'Handeln ist Pflicht'

Murat Karayilan, Mitglied des Präsidialrats der PKK, hat in einer Erklärung an ÖZGÜR POLITIKA alle in der Türkei und in Europa lebenden Menschen, Organisationen und insbesondere das kurdische Volk zum Handeln angesichts des Todesfastens aufgerufen. Es handele sich nicht mehr um eine politische, sondern eine menschliche Frage, so Karayilan: "Ich gedenke allen im Widerstand Gefallenen mit Achtung und grüsse diejenigen, die jetzt ihren Widerstand fortsetzen."

In keinem anderen Land habe die Gefängnisfrage Ausmasse angenommen wie in der Türkei. "Die Führung des Land ist gezwungen, die Gesellschaft anzuhören. Mit Jandarma-Mentalität und Druck geht es nicht." Die Gefängnisfrage sei zur humanen und Gewissensfrage geworden. Es gehe nicht darum, welche Ansichten und welchen Glauben diejenigen hätten, die für höhere Werte den Tod ins Auge fassten. "Täglich fallen Menschen, einer nach dem anderen und vor aller Augen. Wie soll das Gewissen der Türkei das aushalten und akzeptieren. Wenn junge Menschen, Revolutionäre, heldenhaft einer nach dem anderen fallen, wie kann dem zugeschaut werden?"

Türken und Kurden in der Türkei und Europa und jeder, der sich Mensch nenne, dürften angesichts des derart vertieften Problems nicht schweigen. Wer schweige, stelle sein eigenes Menschsein in Frage. "Es ist sehr tragisch, dass die Werktätigen, die Bevölkerung in der Türkei angesichts des Sterbens dieser heldenhaften Revolutionäre nicht die Stimme erheben. Das ist sehr schmerzhaft. Aber wie auch immer, wenn wir Menschen sind, wenn wir uns Menschen nennen, können wir die Entwicklungen nicht schweigend beobachten. (...) Vor allem das kurdische Volk ist heute die grundlegende Kraft im Kampf für Demokratie in der Türkei und spielt eine Vorreiterrolle. Deswegen ist es wach und aufmerksam. Unser Volk muss sich der Verantwortung stellen, die es sowohl angesichts des Grauens in den Gefängnissen als auch allgemein im Kampf um Demokratie in der Türkei hat. Das kurdische Volk hat die Verantwortung, sich als Vorhut und Pfeiler im Demokratiekampf aller Probleme anzunehmen. Es muss unbedingt etwas gegen die momentane Situation unternehmen."

Die PKK wünsche die Lösung des Problems über einen Dialog, so Karayilan: "Wir wünschen, dass sie Erfolg haben werden. Allerdings ist beim Staat bis heute kein Lösungsansatz zu erkennen." Sich der Angelegenheit anzunehmen, öffentlichen Druck zu schaffen und die Volksmassen in Bewegung zu setzen, sei zur Pflicht geworden. Auch die PKK-Gefangenen dürften nicht schweigen und Hungerstreiks, Todesfasten oder andere Aktionen durchführen.

Karayilan beendete seine Worte folgendermassen: "Das Problem hat inzwischen alle Grenzen überschritten. Deshalb ist es unsere wichtigste Aufgabe dieser Zeit, eine Kraft zu erschaffen, die eine Lösung sichern kann, damit diese Art des Heldentods der Revolutionäre verhindert wird und damit einhergehend Aktivitäten zu entwickeln, die den Willen der Bevölkerung in der Türkei als Kraft im Kampf um Demokratie zeigt."