KURDISTAN NATIONAL CONGRESS - KNC
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März 2001

Memorandum

zur Lage des kurdischen Volkes in den verschiedenen Teilen Kurdistans

mit Perspektiven zu einer schrittweisen Neuordnung des Mittleren Ostens

Die Region um Kurdistan, d. h. die Türkei, der Iran, der Irak, Syrien und die Staaten des Kaukasus, ist heute einer der gefährlichsten Krisenherde der Welt, vor allem wegen der hier lagernden Bodenschätze und der Wasserresourcen Kurdistans. Alle beteiligten Völker und Staaten leiden seit Jahrzehnten an der dauernden Konfliktsituation und sind zu einem Spielball fremder Interessen geworden. Schlimmer noch, der Konflikt droht zu eskalieren und jeder Kontrolle zu entgleiten, was zu unabsehbaren Konsequenzen für die internationale politische und wirtschaftliche Entwicklung führen kann. Andererseits besteht die Chance, durch geschicktes und entschlossenes Handeln eine völlig neue, friedliche und demokratische Entwicklung des gesamten Gebietes einzuleiten. Es wäre verhängnisvoll, würde diese historische Chance durch bloße Kurzsichtigkeit und Interesselosigkeit vertan. Der Schlüssel zur Neuordnung liegt zweifellos in der Anerkennung der Rechte des kurdischen Volkes, das mit seiner Bevölkerungszahl von ca. 40 Millionen das gleiche politische Gewicht wie die Perser, Araber und Türken beanspruchen kann.

· Südkurdistan/Irak (ca. 6 Millionen Kurden)

Die Grenzen des Staates Irak wurden nach dem 1. Weltkrieg und nach dem Ende der britischen Mandatsherrschaft entsprechend den Interessen Frankreichs und Englands und ohne Rücksicht auf das kurdische Volk festgelegt. Die Kurden besaßen in diesem künstlichen Staat zu keiner Zeit eine ihrer Bevölkerungszahl und ihren Rechten als Staatsbürger entsprechende Repräsentation. Vielmehr wurden sie aller ihrer Rechte beraubt, besonders nach dem Sturz der irakischen Monarchie im Jahre 1958 und dem Erstarken des arabischen Chauvinismus in der Folgezeit.

In den Jahren 1961 bis 1975 kämpften kurdische Pêshmergas unter der Führung von Mullah Mustafa Barzani gegen verschiedene arabische Regierungen in Bagdad für die Gleichberechtigung des kurdischen Volkes.

Besonders zu leiden hatten die Kurden auch unter dem 1980 bis 1988 dauernden irakisch-irani­schen Krieg, dem sogenannten 1. Golfkrieg. Saddam Hussein setzte 1988 extrem giftige Kampfgase gegen die Zivilbevölkerung in der kurdischen Stadt Halabja ein, wobei über 7000 Menschen sofort getötet und viele tausend weitere verletzt wurden. Zahlreiche Opfer der irakischen Giftgasangriffe leiden bis heute unter den Folgen, unter anderem an schweren Erbschäden, und erhalten so gut wie keine Hilfe vom Ausland. Außerdem wurden bei den sogenannten "Anfal-Aktionen" über 200 000 Menschen verschleppt und getötet.

Während der Invasion der Truppen Saddam Husseins in Kuwait 1990 und der anschließenden Befreiung Kuwaits ging der irakische Diktator Saddam erneut gegen die Kurden vor, so daß über 2 Millionen Menschen in die Nachbarstaaten flohen. Aus Anlaß der sich abzeichnenden menschlichen Tragödie des kurdischen Volkes richteten die Golfkriegsalliierten zum Schutze der Kurden die nördliche Flugverbotszone ein, so daß sich in dieser internationalen Schutzzone in den letzten 10 Jahren eine weitgehend demokratische halbstaatliche Ordnung entwickeln konnte, deren kurdische Bewohner in größerer Freiheit leben als die Menschen in allen angrenzenden Nachbarländern. Da aber wegen der von der UNO und der irakischen Regierung gegen Südkurdistan verhängten Embargos und der feindseligen Haltung der Nachbarstaaten die wirtschaftliche Entwicklung Kurdistans sehr stark behindert wird, benötigt die Bevölkerung Südkurdistans endlich einen si­cheren politischen Status.

Angesichts der oben genannten Massenmorde des irakischen Regimes, der andauernden ethnischen Säuberungen in den immer noch Saddam unterstehenden kurdischen Regionen, z.B. Kirkuk, Khanaqin und Mossul, und der ständigen Bedrohung Südkurdistans durch irakische Bom­benanschläge und militärische Übergriffe kann den Kurden das Leben unter einer arabischen Diktatur innerhalb der Grenzen des Irak nicht mehr zugemutet werden. Daher sollte mit Unter­stützung der USA und Europas die verhängnisvolle historische Entwicklung nach dem 1.Weltkrieg korrigiert und in Südkurdistan ein unabhängiger kurdischer Staat gegründet werden.

Ein solcher kurdischer Staat würde sich zweifellos zu einem verläßlichen Partner der freien Welt und zu einem Stabilitätsfaktor für die ganze Region entwickeln, besonders da Kurdistan reich an Wasser und Bodenschätzen ist.

Andererseits umfaßt die südkurdische Flugverbotszone nur einen Teil Südkurdistans, während die übrigen kurdischen Gebiete des Irak nach wie vor Saddam unterstehen. Aber auch die anderen Teile des Irak werden von unterschiedlichen Völkerschaften und Glaubensgemeinschaften bewohnt, z.B. Kurden, arabischen Sunniten, arabischen und persischen Schiiten, Christen und vielen anderen ethnischen und religiösen Gruppen. Die von bestimmten Großmächten und dem Baath-Regime postulierte Einheit des Irak ist daher nur eine Fiktion, die auf Dauer nicht aufrechterhalten werden kann. Für die Masse der Bevölkerung ist eine politische Neugestaltung auf der Grundlage von Volksbefragungen und demokratischer Repräsentation die einzige zukunftsträchtige Perspektive.

Die südkurdische Flugverbotszone ist außerdem keinesfalls ausreichend, die Sicherheit der Be­wohner Südkurdistans zu gewährleisten, da sie nur Schutz vor irakischen Luftangriffen bietet, nicht aber vor irakischen Angriffen auf dem Landweg. Außerdem bietet sie keinen Schutz vor türkischen Luftangriffen und Invasionen, bei denen in den letzten zehn Jahren sehr viele kurdische Zivilisten getötet oder verwundet wurden. Diese türkischen Angriffe sind nur zum Schein gegen die PKK gerichtet und sollen in Wirklichkeit Südkurdistan insgesamt destabilisieren, da die türkische Regierung nach eigenem Bekunden nicht nur innerhalb der eigenen Grenzen, sondern nirgends in der Welt eine kurdische Autorität entstehen lassen will. Auch zeigen die ständig verbesserten Beziehungen der Türkei zu Saddam Hussein, daß die türkische Regierung für Europa und die USA kein verläßlicher Bündnispartner ist, sondern nur eine Situation zu erzeugen trachtet, mit der sie die Amerikaner und Europäer ihren Zielen dienstbar machen kann. Auch aus diesem Grund sollten die USA und Europa die politische Selbstbestimmung der Kurden unterstützen.

· Nordkurdistan/Türkei (ca. 20 Millionen Kurden)

Im NATO-Staat Türkei sind die Kurden einer wesentlich stärkeren Bedrohung ausgesetzt als in allen anderen Teilen Kurdistans.

Nach dem Zerfall des Osmanischen Reiches im 1. Weltkrieg hatten die Kurden gehofft, wie viele andere Völker einen unabhängigen Staat zu erlangen, wie es auch im Vertrag von Sèvres im Jahre 1920 festgelegt wurde. Aber nach der Gründung der Türkischen Republik im Jahre 1923 leugneten die Machthaber die Existenz des kurdischen Volkes, und an dieser Verleugnungspolitik hat sich bis heute kaum etwas geändert.

Alle Versuche der Kurden, für ihre Rechte einzutreten, wurden als Terrorismus gebrandmarkt, obwohl in Wirklichkeit der türkische Folter- und Mafiastaat seit acht Jahrzehnten die Kurden terrorisiert. Die türkische Regierung hat den von ihr besetzten Teil Kurdistans nicht nur in wirt­schaftlicher Unterentwicklung gehalten, sondern Tausende Dörfer und Städte zerstört und ent­völkert, Weideflächen vermint, Wälder verbrannt, historische Stätten dem Verfall preisgegeben oder zerstört und alles Erdenkliche getan, um die kurdische Sprache und Kultur zu vernichten. Ein Beispiel für diese Politik der Zerstörung des kulturellen Erbes der Kurden ist das Staudamm-Projekt von Ilisu, das im Falle seiner Verwirklichung die uralte Stadt Hasankeyf mitsamt ihren unersetzlichen archäologischen Schätzen vernichten wird.

10. August 1920 VERTRAG VON SEVRES ABSCHNITT III KURDISTAN

Artikel 62: Eine in Konstantinopel tagende und aus je drei von der britischen, französischen und italienischen Regierung benannten Mitgliedern zusammengesetzte Kommission entwickelt innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses Vertrags einen Plan für die regionale Selbstverwaltung der vorwiegend kurdisch bewohnten Gebiete östlich des Euphrats, südlich der noch festzulegenden Südgrenze Armeniens und nördlich der türkischen Grenze zu Syrien und Mesopotamien, wie sie in Artikel 27, II (2) und (3) definiert ist.

Wenn hinsichtlich eines Problems keine Einstimmigkeit erzielt werden kann, wird es von den Kommissionsmitgliedern ihrer jeweiligen Regierung vorgelegt werden. Der Autonomieplan soll volle Sicherheitsgarantien zum Schutze der Assyro-Chaldäer und anderer ethnischer oder religiöser Minderheiten innerhalb des betreffenden Gebietes enthalten, und zu diesem Zweck wird eine aus britischen, französischen, italienischen und kurdischen Vertretern gebildete Kommission vor Ort prüfen und entscheiden, ob und welche Korrekturen an der türkischen Grenze vorgenom-men werden sollen, wo diese gemäß den Bestimmungen dieses Vertrages mit der persischen Grenze zusammenfällt.

Artikel 63: Die türkische Regierung verpflichtet sich hiermit, die Entscheidungen beider in Artikel 62 erwähnten Kommissionen innerhalb von drei Monaten nach deren Mitteilung an die besagte Regierung zu akzeptieren und in die Tat umzusetzen.

Artikel 64: Wenn innerhalb eines Jahres nach dem Inkrafttreten dieses Vertrages das kurdische Volk innerhalb der in Artikel 62 definierten Gebiete sich an den Rat des Völkerbundes wendet und nachweist, daß eine Mehrheit der Bevölkerung dieser Gebiete die Unabhängigkeit von der Türkei wünscht und wenn der Rat dann die Auffassung vertritt, daß diese Völker für eine solche Unabhängigkeit reif sind, und empfiehlt, daß sie gewährt werden sollte, verpflichtet sich die Türkei hiermit, einer solchen Empfehlung nachzukommen und auf alle Rechte und Ansprüche an diesen Gebieten zu verzichten.

Die Einzelbestimmungen eines solchen Verzichts werden in einer gesonderten Vereinbarung zwischen den Alliierten Großmächten und der Türkei geregelt.

Wenn ein solcher Verzicht eintritt, werden die Alliierten Großmächte sich dem freiwilligen Anschluß der den bisher zum Mosul Vilayet gehörenden Teil Kurdistans bewohnenden Kurden an einen solchen Unabhängigen kurdischen Staat keine Hindernisse in den Weg legen.

Im Laufe der letzten 80 Jahre sind Hunderttausende Kurden türkischen Massakern zum Opfer gefallen. Hunderttausende andere haben bei Vertreibungsaktionen ihr Eigentum und ihre Heimat verloren. Unzählige trauern um Angehörige, die durch Razzien, Folter und Haft ihre Gesundheit oder ihr Leben verloren oder die von unbekannten Tätern ermordet wurden bzw. in Polizeihaft verschwanden. Als jüngstes Beispiel türkischer Brutalität und Menschenverachtung wurde die überfallartige Besetzung aller Gefängnisse mit politischen Häftlingen durch das türkische Militär am 19.12.2000 und den darauffolgenden Tagen bekannt. Dabei wurden in den frühen Morgen­stunden Flammenwerfer, Schußwaffen und verschiedene Reizgase gegen die im Schlaf über­raschten Häftlinge eingesetzt, wobei gemäß den Berichten der Anwälte und Menschenrechtsor­ganisationen mindestens 32 Häftlinge zu Tode kamen und Hunderte verletzt wurden. Die meisten der betroffenen Häftlinge sind Kurden, die in der Regel nur wegen des verbalen Eintretens für die Rechte ihres Volkes in Haft sind. Inzwischen befinden sich die überfallenen Gefängnisse sämtlich in der Hand von Sonderkommandos der Armee.

Nach all den Leiden, die den Kurden in der Türkei zugefügt wurden und immer noch angetan werden, kann eine Lösung nur darin bestehen, daß die türkische Seite endlich das Selbstbestim­mungsrecht der Kurden anerkennt und die Türkei in eine Konföderation aus zwei vollständig selbstverwalteten Staaten umgewandelt wird.

Daher sollten die Europäische Union und die USA sich für das Selbstbestimmungsrecht der Kurden einsetzen und auf die völkerrechtliche Gleichberechtigung der Kurden hinwirken. Eine solche Lösung des türkisch-kurdischen Konflikts hätte zweifellos sehr positive Auswirkungen für den gesamten Nahen und Mittleren Osten, vor allem für die politische und wirtschaftliche Stabilität dieser Region, die für so viele Völker weltweit von Bedeutung ist.

· Ostkurdistan/Iran (ca. 10 Millionen Kurden)

Auch in Ostkurdistan hat sich die Lage des kurdischen Volkes nach den beiden Weltkriegen dramatisch verschlechtert, besonders nach dem Sturz der Republik Kurdistan mit der Hauptstadt Mahabad im Jahre 1947. Diese Republik Kurdistan war ein demokratischer Staat, der in kürzester Zeit ein Aufblühen der kurdischen Kultur und zahlreiche Verbesserungen im Bildungswesen und im sozialen Bereich bewirkte, während die Kurdistan umgebenden Nachbarstaaten alle von autoritären Regimen regiert wurden. Diese von ihren Gründern als Kernzelle eines kurdischen Gesamtstaates konzipierte Republik Kurdistan wurde von dem mit ausländischer Hilfe etablierten Schah-Regime in Blut ertränkt. Alle kurdischen Schulen und Publikationen wurden verboten. Infolge der über 30 Jahre anhaltenden und vom Ausland gestützten Unterdrückungspolitik begrüßten die Kurden 1979 den Sturz des Schah-Regimes durch die Islamisten.

Obwohl die neuen Machthaber den Kurden die Anerkennung ihrer Rechte versprochen hatten, erklärte Khomeini noch im gleichen Jahr den Kurden den Heiligen Krieg, ließ kurdische Städte und Dörfer angreifen und verhängte eine Wirtschaftsblockade über Kurdistan. Tausende Kurden wurden ermordet oder zum Tode verurteilt. Sogar im Ausland ließ die iranische Regierung mehrfach kurdische Politiker ermorden, z.B. in Wien und Berlin.

Leider betrachten viele westliche Politiker den jetzigen Ministerpräsidenten Khatami als"gemä­ßigten Reformer", obwohl dieser keineswegs die islamische Diktatur beseitigen, sondern im Ge­genteil die Alleinherrschaft der Mullahs auf Dauer beibehalten will. Auch gehören die meisten Kurden im Iran zur sunnitischen Konfession des Islam, während die Machthaber Shiiten sind, so daß die sunnitischen Kurden nicht nur wegen ihrer Volkszugehörigkeit, sondern auch wegen ihrer Glaubensrichtung diskriminiert werden.

Andererseits ist der Iran ein Vielvölkerstaat, in dem die Perser höchstens ein Drittel der Gesamt­bevölkerung stellen. Eine Anerkennung der Rechte des kurdischen Volkes in der Türkei und im Irak würde daher auch den Iran dazu zwingen, das Selbstbestimmungsrecht der Kurden und der anderen im Iran lebenden Völker innerhalb einer föderativen Ordnung anzuerkennen.

· Westkurdistan/Syrien (ca. 2 Millionen Kurden)

Auch in Westkurdistan wird das kurdische Volk durch die syrische Regierung nicht anerkannt. Kurdische Parteien, Vereine, Publikationen und sogar Musik-Kasetten sind verboten. 1962 wurde 150000 Kurden in der Provinz Al-Jezîra die syrische Staatsangehörigkeit aberkannt, so daß diese Menschen dort alle rechtlichen Ansprüche des normalen Staatsbürgers verloren, vor allem das Recht, ein Grundstück zu besitzen oder zu erwerben, und das Recht auf Zugang zum Bildungssystem. Die Diktatur der syrischen Baath-Partei hat mit Ihrer Politik des "Arabischen Gürtels" seit 1967 jahrtausendealte kurdische Siedlungsgebiete in einem Streifen von 375 km Länge und 15 km Breite systematisch entvölkert und mit Arabern besiedelt, um die kurdische Bevölkerung Syriens auf Dauer von den Kurdengebieten in der Türkei und im Irak zu trennen. Ähnliche Zwecke verfolgte die sogenannte Bodenreform. Tausende Kurden wurden inhaftiert, ermordet oder verschwanden spurlos. Das syrische Baath-Regime ist eine Einparteien-Diktatur, in der Menschenrechte ebensowenig geachtet werden wie in den anderen Staaten, die Kurdistan besetzt halten. Daß unter dem neuen Präsidenten Bashar Al Assad eine durchgreifende Änderung erfolgt, kann kaum erhofft werden, da dieser bereits einen Annäherungskurs an die irakische Schwesterpartei und deren Führer Saddam Hussein eingeleitet hat.

Syrien wurde in seiner negativen Haltung gegenüber den Kurden immer durch die Türkei bestärkt. Denn alle Besatzerstaaten Kurdistans sind grundsätzlich immer dann einig, wenn es um die Nichtanerkennung und Unterdrückung der Kurden geht. Spätestens wenn in den anderen Teilen Kurdistans ein politischer Wandel zum Guten einsetzt, wird auch Syrien das Selbstbe­stimmungsrecht der Kurden anerkennen müssen.

· Notwendigkeit und Perspektiven einer Neuordnung

Über zwei Millionen Kurden leben weltweit im Exil, weil sie in der Heimat durch staatlichen Terror und rechtliche Unsicherheit keine Existenzgrundlage haben. Insgesamt zählt das kurdische Volk nach eigenen Schätzungen über 40 Millionen Menschen, Schätzungen deshalb, weil es die Besatzerstaaten im eigenen Interesse stets vermieden haben, die Kurden zu zählen.

Ein so großes Volk mit einem historisch gewachsenen, jahrtausendealten Siedlungsgebiet und einer ebenso alten eigenen Sprache und Kultur hat gemäß der UN-Charta und vielen internationalen Abkommen das Recht auf die Gründung eines eigenen Staates, um in Würde, Freiheit und Selbstbestimmung gleichberechtigt mit den Nachbarvölkern leben zu können.

Es ist höchste Zeit für die Völker der Welt einzusehen, daß die Kurdistan seit dem 1. Weltkrieg teilenden künstlichen Grenzen unsägliches Leid bewirkt haben und im Interesse aller beteiligten Völker korrigiert werden müssen, damit eine freiheitliche und friedliche Staatenwelt im Nahen und Mittleren Osten entstehen kann.

Einzig die Gründung eines unabhängigen kurdischen Staates mit einer demokratisch-pluralisti­schen Verfassung kann auf Dauer die Stabilität der Region garantieren. Wer dagegen die künst­lichen Grenzen der Besatzerstaaten in falsch verstandenem Eigeninteresse schützt, unterstützt den Staats-Terrorismus und verlängert dadurch das Elend aller beteiligten Völker, nicht nur das des kurdischen Volkes.

Wir Kurden sind nicht weniger eine Nation als andere Völker, die in unserer Nachbarschaft leben. Warum sollten wir uns also mit dem Leben unter der Herrschaft von Besatzungsmächten oder einer wie auch immer gearteten Bevormundung abfinden? Vielmehr streben wir nach einem Zusammenleben mit den anderen Völkern auf der Grundlage der Gleichberechtigung und in Freiheit ausgehandelter Verträge und mit dem gleichen Recht auf Selbstbestimmung und demo­kratische Grundrechte, wie sie die anderen freien Völker haben.

Dieses Ziel kann erreicht werden, wenn die bestehenden Diktaturen und autoritären Systeme durch pluralistische Demokratien und föderalistische Verfassungen abgelöst und die beteiligten Staaten in einem übergeordneten Bündnis nach dem Vorbild der Europäischen Union zusam­mengeschlossen werden. Dadurch würden nicht nur die Kurden, sondern alle Völker der Region endlich die ihnen zustehenden Menschen- und Bürgerrechte erhalten und in Freiheit und Wohl­stand leben können.

Ebenso wie das kurdische Volk eine jahrtausendealte historisch gewachsene Einheit bildet, kann die kurdische Frage nur in einer umfassenden Neuordnung der ganzen Region gelöst und eine Friedensordnung zum Nutzen aller beteiligten Völker geschaffen werden. Mit dieser Vision vor Augen werden wir Kurden weiter für unsere Rechte und Freiheiten eintreten und hoffen auf die Unterstützung all derer, denen das Wohl aller Menschen wichtiger ist als rein materielle Profite einer kurzfristigen und egoistischen Machtpolitik.

The KNC Chairman of Foreign Affairs

Dipl. Ing. Bruska Ibrahim