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Berlin, 01. Februar 2001

Deutsche Zugeständnisse an die türkischen Demokratiegegner

Bei einem offiziellen Besuch von Verteidigungsexperten des Bundestages in der Türkei wurde aufgrund eines rot-grün-gelben Haarbandes von der Delegationsteilnehmerin Abgeordneten Angelika Beer die Gespräche mit der Delegation abgebrochen.

Zu diesen Entwicklungen erklärt das Kurdistan Informations-Zentrum:

Die Türkei möchte Mitgliedstaat der EU werden. Dieses Vorhaben wurde und wird von der Bundesregierung stark unterstützt. Wenn die EU eine Wertegemeinschaft ist, wie es bei jeder Gelegenheit unterstrichen wird, so muss die Mitgliedschaft eines Staates sich ebenfalls an diesen Kriterien richten.
Wie am Beispiel der Diskussionen um des Haarband von Frau Beer zu sehen ist, ist die Türkei nicht einmal in der Lage drei Farben zu ertragen. Anstatt diesen unglücklichen Vorfall dazu zu nutzen, Frau Beer vorzuwerfen, sie hätte damit die deutsch-türkischen Beziehung zerstört, sollte die Dimension darin erkannt werden, in wieweit die Lösung der kurdischen Frage seitens der Türkei in die Ausweglosigkeit getrieben wird.
Die Äußerungen von Herrn Paul Breuer sind ein Beweis mehr dafür, in wieweit auch deutsche PolitikerInnen und deutsche Politik eine Verantwortung in der undemokratischen Haltung der Türkei haben. Erst vor kurzem hat die Bundesregierung die Erfolgsaussichten einer vom Europäischen Parlament (EP) angeregten "Konferenz zur kurdischen Frage" eher skeptisch eingeschätzt. Das geht aus ihrer Antwort (14/5057) auf eine kleine Anfrage der PDS hervor. Da die Türkei das Problem als vorrangig interne Frage ansieht, werde sie voraussichtlich an der vom EP vorgeschlagenen Konferenz nicht teilnehmen, heißt es darin.
Wie soll ein Land zum Mitglied der EU werden, wenn sie nicht bereit sein sollte, mit ihr zu kooperieren? Und in wieweit ist die EU eine Wertegemeinschaft wenn sie ihre Werte und Kriterien nicht gegenüber einen Mitgliedskandidaten vertreten kann?
Wir sehen in der Äußerung von Herrn Breuer und in der schriftlichen Erklärung der deutschen Botschaft, in der die türkische Delegation nach Berlin eingeladen wurde, den Versuch mit Zugeständnissen die Gelegenheit zu nutzen, mit der Türkei Waffengeschäfte voranzutreiben. Seit Wochen leidet die türkisch-französische Beziehung unter der Anerkennens des osmanischen Genozides an den Armeniern. Als Reaktion darauf hat die Türkei Waffengeschäftsverträge mit Frankreich gekündigt. Aus diesem gestörten Verhältnis möchte nun die Bundesregierung Profit schlagen. Wie möchte die EU an politischer Einflussmöglichkeit gewinnen, wenn keine gemeinsame Außenpolitik entwickelt werden kann - ja sogar bewusst von einigen EU-Staaten behindert wird.
Wir rufen die Bundesregierung dazu auf, die Demokratisierung der Türkei und die Lösung der kurdischen Frage anzunehmen und nicht wie bislang zum Spielball seiner wirtschaftlichen Interessen zu machen. Den ersten Schritt sehen wir in der umgehenden Aufhebung des sog. PKK-Verbotes und darin, dass die Bundesregierung eine Vorreiterrolle in der Vorbereitung einer Friedenskonferenz zu der kurdischen Frage im Rahmen der EU zu einnimmt.