Komitee für die kurdischen politischen Gefangenen in Hamburg


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Hamburg, den 13.07.1999

Mitteilung an die Presse

Donnerstag, den 15.07.1999: Prozeß vor dem Hamburger Gericht gegen 4 Kurden wegen u.a. schweren Landfriedensbruchs, schwerer Sachbeschädigung etc.

Am 15. Juli 1999 beginnt um 9.30 Uhr im Raum 209 des Hamburger Strafjustizgebäudes der Prozeß gegen 4 Kurden, die am 17. Februar 1999 im SPD-Gebäude in der Kurt Schumacher Allee festgenommen worden sind. Zwei der Angeklagten, die am Donnerstag vor Gericht stehen werden, befinden sich noch immer in Untersuchungshaft. Unter anderem wird ihnen vorgeworfen, schweren Landfriedensbruch und schwere Sachbeschädigung begangen und gegen das Vereinsgesetz verstoßen zu haben. Insgesamt 14 Kurden haben mit einem Verfahren wegen den Auseinandersetzungen im SPD-Gebäude zu rechnen. Vier von ihnen befinden sich bis heute in Untersuchungshaft.

Am 16.2.1999, unmittelbar nach der Verschleppung Abdullah Öcalans aus Kenia in die Türkei, beteiligten sich weltweit Hunderttausende an den Protesten gegen die Auslieferung des Vorsitzenden der PKK, Abdullah Öcalan. Am 17.2.1999 wurden in zahlreichen Städten Büros von Grünen und SPD besetzt. In der ganzen Bundesrepublik Deutschland gab es in diesen Tagen 2100 Festnahmen. 135 Haftbefehle wurden erlassen. Insgesamt wurden in der Bundesrepublik Deutschland zwischen 1500 und 2000 Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Auch in Hamburg wurde gegen den terroristischen Akt der Verschleppung Abdullah Öcalans durch westliche Geheimdienste protestiert. Allein bei Auseinandersetzungen mit der Polizei vor dem griechischen Konsulat am 16. Februar '99 wurden 82 Personen vorübergehend festgenommen. 
Um mit ihrem Protest weitere Menschen in Europa anzusprechen und um die Verantwortlichen, die auch in der deutschen Regierung sitzen aufzuzeigen, besuchte eine Gruppe die SPD-Zentrale an der Kurt Schumacher Allee, um dort eine öffentliche Erklärung vorzulegen und über die SPD einer größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Wer für die Eskalation in diesen Tagen weitgehend verantwortlich ist, zeigt die Ermordung einer Kurdin und dreier Kurden durch israelische Sicherheitskräfte ebenfalls am 17.02.'99 vor dem israelischen Generalkonsulat in Berlin. Durch Zeugenaussagen, der Tatsache, daß sie von hinten erschossen worden sind und einem Polizeivideo, daß eindeutig unbewaffnete KurdInnen zeigt, kann bewiesen werden, wer für die Eskalation der Gewalt in diesen Tagen verantwortlich gemacht werden kann.

In der Berichterstattung und der öffentlichen Diskussion um die Proteste gegen die Verschleppung Öcalans wird immer die kurdische Bevölkerung als Problem für die "Innere Sicherheit" dargestellt. Der Hintergrund der Initiativen, die Entführung in die Türkei in der bekannterweise die Menschenrechte mit Füßen getreten werden und somit die berechtigte Angst um das Leben des Vorsitzenden der PKK werden dabei bewußt ausgeblendet. Die Menschen haben gewußt, daß wenn Öcalan nicht schon vor dem Schauprozeß umgebracht wird, gegen ihn die Todesstrafe ausgesprochen und mit größter Wahrscheinlichkeit dann auch vollstreckt wird.

Die Friedensinitiative Abdullah Öcalans und die Bitte an die europäischen Regierungen und die europäische Öffentlichkeit, sich verstärkt gegen den Krieg in Kurdistan einzusetzen, wurden mit seiner Auslieferung an die Türkei beantwortet. Eine große Möglichkeit für den Friedensprozeß wurde somit bewußt, auch von der deutschen Regierung, zurückgewiesen.

Der Protest der Kurdinnen und Kurden in Europa richtet sich gegen die Unterstützung am Genozid gegen ihr Volk. Ihre Appelle und Initiativen an die deutsche Regierung und die demokratische Öffentlichkeit, für den Frieden in Kurdistan und der Türkei einzutreten, werden seit Jahren übergangen.

Vor diesem Hintergrund müssen die Initiativen und Aktionen des kurdischen Volkes gesehen werden. Die Aktion im SPD-Büro kann nicht aus dem ganzen Geschehen herausgelöst betrachtet werden.

Die Politik der täglichen Verfolgung, der Verhaftungen, der Abschiebungen und der Verbote in Deutschland muß ein Ende haben.

Pressegespräche können vor bzw. nach dem Prozeß vereinbart werden.