Freiheit für Abdullah Öcalan - 
Freiheit für die kurdischen politischen Gefangenen in der BRD  
 
Demonstration am 31.5.  

17:30 Uhr vom Breitscheidplatz 
zum Gefängnis Moabit 

 
Öcalan wird in Einzelhaft gehalten, hatte bis zum 11.Mai weder Zugang zu Presse, Radio, TV, noch hat er anderen Kontakt zur Außenwelt als den zu seinen Anwälten. Selbst diese konnten ihn erst weit nach einer Woche nach seiner Verschleppung besuchen. Auch diese Besuche sind äußerst eingeschränkt, in einem Maß, das selbst das türkische Recht nicht gestattet: Offiziell sind nur zwei Besuchstermine pro Woche von je höchstens einer Stunde möglich. Doch auch dies ist kaum einzuhalten, da aufgrund des langen Anreisewegs (15 Stunden!) und der willkürlichen Bereit- oder Nichtbereitstellung von Verkehrsmitteln durch das Militär, das allein in das militärische Sperrgebiet um Imrali Zutritt hat, zugesagte Besuchstermine immer wieder ausfallen. Die Insel wurde für die Dauer des Prozesses vollständig geräumt. Dazu kommt, daß die Treffen mit ihrem Mandaten entgegen allen Bestimmungen beständig von Sicherheitsbeamten verfolgt und protokolliert werden. Außerdem dürfen dabei weder Öcalan noch die Anwälte irgendwelche Unterlagen zur Prozeßvorbereitung mitbringen. Selbst Kugelschreiber und Papier wird den Anwälten abgenommen.
Am 31.5.99 wird nunmehr die Anklage gegen Abdullah Öcalan, den Vorsitzenden der kurdischen Arbeiterpartei (PKK), zur Verhandlung vor dem türkischen Sicherheitsgericht gebracht. Die Staatsanwaltschaft fordert in der Anklageschrift die Todesstrafe. Öcalan wird vorgeworfen, durch die von ihm organisierte PKK, seine Beschlüsse, Befehle und Anordnungen das Ziel verfolgt zu haben, ,Gebiete staatlicher Autorität aus der Verwaltung herauszulösen". 
Mit der Verschleppung, Inhaftierung und Vorbereitung des Prozesses gegen Abdullah Öcalan hat die Repression des türkischen Staates gegen die kurdische Bevölkerung eine neue Stufe erreicht. Seit nunmehr 15 Jahren führt der türkische Staat einen Vernichtungskrieg gegen die KurdInnen. Es wurden über 6.000 kurdische Dörfer ausgelöscht, mehr als 5 Millionen Menschen vertrieben und über 30.000 getötet wurden. Anläßlich der Newrozfeierlichkeiten der kurdischen Bevölkerungsgruppe gab es wieder mehrere Tote, Hunderte Menschen wurden verletzt. Nach einem Bericht des Menschenrechtsvereins IHD kam es im März zu etwa 5.000 Festnahmen Friedensbekundungen von kurdischer Seite werden immer wieder mit massiven Militäreinsätzen beantwortet. Auch der letzte von drei (1993, 1995 und 1998) einseitig ausgerufenen Waffenstillständen durch die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) wurde seitens des türkischen Staates mit Krieg beantwortet. Mit Hilfe der internationalen Politik der Nichtakzeptanz des politischen Status Abdullah Öcalans nach seiner Ankunft in Rom im Oktober 1998 wurde der Türkei eine völkerrechtswidrige Verschleppung ermöglicht.  Das Verfahren, so wie es der türkische Staat gegen Abdullah Öcalan bisher durchführte und am 31. Mai nun zur Gerichtsverhandlung bringt, spottet jeder Beschreibung. Schon Öcalans Verschleppung in die Türkei wurde von der türkischen Propaganda genutzt, um den Gefangenen in demütigender Weise zur Schau zu stellen. Seit der Verschleppung am 15.Februar wurde Öcalan auf der Insel Imrali ununterbrochen in vollständiger Isolationshaft gehalten. Während der Verhöre war er anfangs auch der Mißhandlung durch Psychopharmaka ausgesetzt. 
 
Es werden elementare Regeln selbst der rechtsstaatlichen Prozeßführung mißachtet: Angeklagter und seine Verteidigung bekamen bis heute die Anklageschrift nicht offiziell zugestellt, während die türkisch-nationalistische Presse daraus bereits seitenweise zitiert; unter dem Vorwand ,sicherheitstechnischer Überlegungen" wurden Ende Februar Verhandlungstage in Abwesenheit des Angeklagten geführt, ohne daß diesem nur irgendwie die Anklageschrift zur Kenntnis gebracht wurde.  Grundsätzlich macht schon die Struktur des Staatssicherheitsgerichts, das nunmehr über Öcalan zu Gericht sitzt, die politische Unabhängigkeit und Neutralität des Richters zur Unmöglichkeit (wie auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte festgestellt hat), da diese letztlich dem Militär unterstellt sind. Dies wird auch aus der öffentlichen Diskussion deutlich, in der sich Staats- und Justizvertreter in gegenseitigem Überbieten von Strafforderungen ergänzen. Seit dem Wahlsieg der rechtsextremen MHP (,Graue Wölfe") und der nationalistischen DSP des Ministerpräsidenten Ecevit bei den letzten Parlamentswahlen, steht wohl das Urteil ,Öcalan muß hängen" als Konsens einer künftigen Koalititonsregierung bereits fest, der Prozeß hat nur noch die Funktion eines Schauprozesses. Entsprechend wird die nationalistische Stimmung durch Medien und Parteien hochgeputscht: Nicht nur, daß die Anwälte bei ihren sowieso schon schwierigen Fahrten nach Imrali beständig durch einen nationalistischen Mob aus MHP- und ,Graue Wölfe"-Anhängern aufgehalten wurden. Nach den Gerichtssitzungen vom 20.März und 30.April konnten die beteiligten Anwälte sich jeweils in letzter Minute vor der Lynchjustiz der Nationalisten retten. Letztere sind in Gestalt der ,Familien der Gefallenen" auch als Nebenkläger im Prozeß vertreten und nutzen dies, um auch noch im Gerichtsgebäude unter den Augen der Justizorgane die Anwälte zu beschimpfen und einzuschüchtern. 
Die Ereignisse bis heute zeigen, daß die Unrechtshandlungen sich fortsetzen werden. Es wird angestrebt, die Verhandlung von ihrer politischen Dimension zu lösen und sie in kürzester Zeit zu beenden. Zu diesem Zweck wird versucht, die Verteidigung zu demoralisieren und unwirksam zu machen. Es soll eine Verhandlung durchgeführt werden, deren Urteil - die Todesstrafe - bereits vorher feststeht.  Es ist zynisch und heuchlerisch, wenn die BRD Regierung angesichts dieser Entwicklung sanfte Ermahnungen für die Gewährleistung eines ,fairen Verfahrens" aussendet, während gleichzeitig die ,guten Geschäfte" mit diesem Staat weiter ausgedehnt werden. Die BRD ist für die Türkei der größte Handelspartner. BRD-Konzerne halten den größten Anteil an den Auslandsinvestitionen in der Türkei. Rüstungskredite werden fortlaufend bewilligt. Die Ausstattung der türkischen Armee mit NVA Material ist bekannt. Auf die militärisch/politisch/ökonomische Bedeutung der Türkei für das NATO-Bündnis im allgemeinen und die BRD im besonderen muß hier nicht weiter eingegangen werden. Durch Sonntagsreden wird die tatsächlichen Unterstützung der Unterdrückungspolitik humanitär verschleiert. 
Dies wird besonders deutlich am Vorgehen der deutschen Staatsorgane gegen die Protestbewegung, die sich im Februar gegen die Verschleppung Abdullah Öcalans in deutschen Städten bildete. Gegen Demonstrationen und Besetzungsaktionen, die den berechtigten Protest der KurdInnen angesichts ihrer verzweifelten Lage zum Ausdruck brachten, wurde allein mit polizeilicher Unterdrückung reagiert: In der Woche vom 15. bis 21. Februar wurden bundesweit 2.100 KurdInnen festgenommen, zum Teil von Schnellgerichten verurteilt, zum Teil in die Türkei abgeschoben. Die politischen Parteien forderten unter dem Kampfbegriff Innere Sicherheit die Ausweitung von erleichterten Abschiebungen und generellen Demonstrationsverboten. In Zukunft sollte die politische Betätigung von KurdInnen, die durch das PKK-Verbot sowieso schon eingeschränkt ist, weitgehend unterbunden werden. Die meisten Medien untermalten diese Forderungen mit einer einheitlichen rassistischen Propaganda. Dabei ist bekannt, was mit in die Türkei abgeschobenen Oppositionellen geschieht.  Der Zustand von Emin Acar, der am 12. März aus Deutschland abgeschoben wurde und danach vier Tage von der ,Antiterrorabteilung" der türkischen Polizei verhört wurde, wurde von Mitgefangenen in einem offenen Brief so geschildert: ,Er hat Schwierigkeiten zu atmen, seine Genitalien sind angeschwollen und sein Körper ist durch Stockschläge voller Blutergüsse.  Er leidet unter Schlaflosigkeit und führt Selbstgespräche". Doch die Bundesregierung beruft sich auf die Zusicherungen des türkischen Staates, daß den Abgeschobenen keine Folter drohe.... 
Bundesweit sind noch immer sind über 100 KurdInnen seit den Februaraktionen in Haft, weit über 2.000 Ermittlungsverfahren sind anhängig. Allein in Berlin wurden nach den Vorgängen beim israelischen Konsulat 229 KurdInnen festgenommen, 140 Ermittlungsverfahren sind weiterhin offen. Die Anklagepunkte gegen die Hauptangeklagten sind ,schwerer Landfriedensbruch", ,schwerer Hausfriedensbruch", ,schwerer Widerstand gegen Polizeibeamte" und ,gefährliche schwere Körperverletzung". Die Staatsanwaltschaft erwartet laut Berliner Zeitung vom 27. April ein Strafmaß von mindestens vier Jahren. Die ersten Prozesse gegen einzelne KurdInnen sollen schnell abgeschlossen werden, bevor voraussichtlich im Juli zwei große Prozesse gegen mehrere Angeklagte anstehen. 
Wir rufen auf zum internationalen Protest gegen den Prozeß, den der türkische Staat gegen Abdullah Öcalan inszeniert.  Wir rufen dazu auf, die Angeklagten in den Prozessen gegen KurdInnen in der BRD zu unterstützen und gegen die bevorstehenden Prozesse zu protestieren. 

Wir rufen zum Widerstand auf gegen die ungebrochene Politik des Krieges mit deutschen Waffen, gegen kalte Abschiebung in die Hand der Folterer und deren Ausbildung bei der deutschen Polizei. 

Freiheit für Abdullah Öcalan 
Freiheit für die kurdischen politischen Gefangenen 
Keine Abschiebungen in die Türkei 
Weg mit dem PKK-Verbot 
 
 

Unterstützer: Solidaritätskomitee für die kurdischen politischen Gefangenen in Berlin; Kurdische Gemeinde Berlin e.V.; Kurdisches Zentrum e.V.; Awadani Kurdistan e.V.; Demokratische Emigranten Union e.V.; Verein der Eltern aus Kurdistan in Berlin .V.; Kurdistan Kultur- und Hilfsverein e.V. (Komkar); Hoybun Verein, Kurdisches Institut für Wissenschaft und Forschung e.V.; Informationsstelle Kurdistan e.V.; Rote Hilfe e.V., Ortsgruppe Berlin; Gemeinsames Antirepressionsbündnis; DKP Berlin; SDAJ Berlin; Gruppe Arbeitermacht; Heyva Sor;...