Spiegel 03. Juni 1999

Verhandlung ohne Anwälte

Der Hochverratsprozeß gegen den kurdischen Separatistenführer Abdullah Öcalan ist ohne seine Strafverteidiger fortgesetzt worden. Sie hatten erklärt, sie seien bedroht worden und würden daher am Donnerstag nicht an der Verhandlung teilnehmen.

Imrali - Rund 20 Menschen hatten vor dem Hotel der Verteidiger protestiert. Die Anwälte Öcalans und seine Familienangehörigen seien daraufhin nach Istanbul zurückgereist, berichtete die Nachrichtenagentur Anadolu. Die Verteidiger waren bereits vor Beginn des Prozesses gegen den Führer der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) von rechten Kräften beschimpft und massiv bedroht worden. Im blutigen Kampf zwischen der PKK und dem türkischen Militär sind in den vergangenen 15 Jahren mehr als 30.000 Menschen ums Leben gekommen.

Die Anklage wirft Öcalan Hochverrat, zahlreiche Morde an Zivilisten und türkischen Soldaten sowie Drogenhandel vor. Bei einem Schuldspruch droht ihm die Todesstrafe.