AP Meldung 25.05.1999 16:02

Hauptanwalt Öcalans will nicht am Prozeß teilnehmen
Protestiert gegen Bedingungen für Verteidigung - Staatssicherheitsgericht soll reformiert werden

Istanbul (AP)
Der Hauptanwalt des kurdischen Rebellenführers Abdullah Öcalan will nicht am Prozeß teilnehmen. Ahmet Zeki Okcuoglu erklärte am Dienstag in Istanbul, er wolle damit gegen die Bedingungen protestieren, unter denen sich die Verteidigung auf das Verfahren vorbereiten müsse. «Ich will mit dieser Farce nichts zu tun haben», sagte Okcuoglu. Er forderte die anderen 104 Anwälte Öcalans auf, ebenfalls dem Prozeß fernzubleiben, der am 31. Mai auf der Gefängnisinsel Imrali im Marmarameer beginnen soll.
Die Zeitung «Hürriyet» berichtete unterdessen über eine mögliche Reform des Staatssicherheitsgerichts, das wegen der Präsenz eines Militärrichters umstritten ist. Ministerpräsident Bülent Ecevit und seine Partner in den Koalitionsgesprächen hätten sich darauf verständigt, nach einer möglichen Regierungsbildung noch in dieser Woche umgehend ein Reformgesetz einzubringen. Demnach soll dem Gericht künftig kein Offizier mehr angehören.
Schon Anfang des Monats hatten die Anwälte mit der Niederlegung ihres Mandats gedroht, wenn sich die Bedingungen nicht verbesserten. Sie hatten gefordert, daß sie mit Öcalan allein sprechen könnten und daß ihre Notizen und Dokumente nicht mehr durchsucht würden, wenn sie ihn besuchten. «Keine dieser Bedingungen ist erfüllt worden», sagte Okcuoglu. Er erklärte, die Anwälte könnten nichts tun, um das Urteil zu beeinflussen. «Ich will nicht an der Todesstrafe mitgewirkt haben», sagte Okcuoglu. Er hatte bereits einmal kurz nach der Inhaftierung Öcalans sein Mandat wegen Bedrohung seiner Person niedergelegt. Andere Anwälte erklärten, sie wollten am Prozeß teilnehmen und sähen Chancen für einen Freispruch.
Öcalan ist als Chef der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) in der Osttürkei wegen Hoch- und Landesverrats sowie separatistischer Umtriebe angeklagt. Trotz internationalen Drucks auf die türkische Justiz, dem Angeklagten ein faires Verfahren zu garantieren, haben Menschenrechtsorganisationen bereits wiederholt die Verletzung der Verteidigerrechte im Fall Öcalan kritisiert.