Mittwoch 17. Februar 1999, 09:04 Uhr

Brandanschläge auf türkische Einrichtungen

Stuttgart (AP) Nach den gewaltsamen Protesten gegen die Verhaftung des PKK-Chefs Abdullah Öcalan sind in der Nacht zum Mittwoch in mehreren deutschen
Städten Brandanschläge auf türkische Einrichtungen verübt worden. Dabei wurde jedoch niemand verletzt.

In Stuttgart wurden mehrere Molotowcocktails auf türkische Imbißstände geworfen, teilte das baden-württembergische Lagezentrum auf Anfrage mit. Es sei nur
geringer Schaden entstanden, weil die Betreiber die Brandsätze selbst hätten löschen können. Auf eine Moschee in Kirchheim/Teck und auf einen türkischen
Kulturverein in Nürtingen im Landkreis Esslingen seien ebenfalls Brandsätze geschleudert worden, die sich jedoch nicht entzündet hätten. Hinter den Aktionen seien
Sympathisanten der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei Pkk zu vermuten.

Im Hamburger Stadtteil Harburg warfen Unbekannte eine Flasche mit Brandbeschleunigern in das Gebäude eines türkischen Kulturvereins, wie eine
Polizeisprecherin berichtete. Zeugen hätten zwei Personen weglaufen sehen. Eine Gardine sei in Brand geraten. Die Höhe des Sachschadens sei noch unklar.
 

Mittwoch 17. Februar 1999, 08:06 Uhr

Simitis droht mit entschiedenem Vorgehen gegen Kurden

Athen - Der griechische Ministerpräsident Kostas Simitis hat allen Sympathisanten des in der Türkei inhaftierten Kurdenchefs Abdullah Öcalan mit einem
entschiedenen Vorgehen gegen die Besetzung von Botschaften und Konsulaten Griechenlands gedroht. Simitis erklärte am Dienstag in Athen, die Anhänger der
Kurdischen Arbeiterpartei (PKK), die Frauen und Kinder in griechischen Einrichtungen festhielten, müßten wissen, daß der griechische Staat alle notwendigen
Maßnahmen ergreifen werde, "um jene zu schützen, die von Terroraktionen bedroht sind". Er reagierte damit auf die Besetzung griechischer Botschaften und
Konsulate in Europa, Kanada und Australien, mit denen Kurden gegen die Festnahme von PKK-Chef Öcalan protestierten.

Nach Simitis' Angaben war Öcalans Festnahme und Verbringung in die Türkei das Ergebnis seiner eigenen Entscheidung. Er habe griechische Vorschläge abgelehnt,
in ein anderes afrikanisches Land gebracht zu werden, wo er Asyl erhalten sollte. Öcalan, der sich die letzten 14 Tage in der griechischen Botschaft in Kenia aufhielt,
zog es nach Simitis Angaben vor, seine Ausreise direkt mit den kenianischen Behörden zu besprechen. Deshalb müsse Kenia eine Erklärung abgeben, wie Öcalan in
der Türkei landete und nicht wie geplant auf dem Flughafen, von wo er in die Niederlande habe fliegen wollen, erklärte Simitis.

Der kenianische Außenminister Nonaya Godana erklärte zu dem Fall Öcalan, seine Regierung habe hierbei nicht mitgewirkt. Er forderte Griechenland auf, seinen
Botschafter aus Nairobi zurückzuberufen, weil er das Vertrauen mißbraucht und die kenianische Regierung nicht über Öcalans Anwesenheit in der Botschaft
informiert habe. Öcalan war nach Nairobi gekommen, nachdem sein Flugzeug am 1. Februar auf der griechischen Insel Korfu zum Auftanken eine Zwischenlandung
eingelegt hatte. In der griechischen Botschaft in Nairobi hatte er daraufhin Zuflucht gefunden.

Die Türkei erklärte unterdessen, der PKK-Chef werde vor Gericht gestellt und ein faires Verfahren erhalten. Die Türkei wirft ihm wegen des blutigen Kampfes der
Kurden für einen eigenen Staat Terrorismus vor und macht ihn für die fast 30.000 Toten in diesem Kampf verantwortlich.
 
 

Mittwoch 17. Februar 1999, 09:24 Uhr

Schröder fordert fairen Prozeß gegen Öcalan

Bonn (AP) Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder hat an die türkische Regierung appelliert, dem inhaftierten PKK-Chef Abdullah Öcalan einen fairen, den
europäischen rechtsstaatlichen Normen entsprechenden Prozeß vor einem unabhängigen Gericht zu garantieren. In seiner in der Nacht zu Mittwoch veröffentlichten
Erklärung forderte Schröder die türkischen Behörden zugleich auf, internationale Beobachter zum Prozeß gegen Öcalan zuzulassen. Er erwarte, daß der
PKK-Führer von den türkischen Behörden «korrekt behandelt, seine physische Unversehrtheit garantiert und daß die Todesstrafe entsprechend der Praxis in allen
Mitgliedstaaten der Europäischen Union nicht verhängt wird», erklärte der Kanzler. Zugleich verurteilte er die Besetzung von diplomatischen Vertretungen durch
kurdische Demonstranten als widerrechtlich und die gewaltsamen Auseinandersetzungen als nicht hinnehmbar.
 

Mittwoch 17. Februar 1999, 09:07 Uhr

Schicksal Öcalans unbekannt

Istanbul (dpa) - Das Schicksal von Kurdenführer Öcalan in der Türkei ist weiter unbekannt. Ministerpräsident Ecevit lehnte es ab, den Aufenthaltsort des
PKK-Chefs bekannt zu geben. Den Anwälten Öcalans verweigerte die Türkei wegen angeblich unvollständiger Formalitäten die Einreise. Seine Anwältin Böhler
sowie ihre beiden niederländischen Kollegen flogen von Istanbul zurück nach Amsterdam. Die UNO forderte die Türkei auf, Öcalan nicht zu foltern. Bundeskanzler
Schröder verlangte ein rechtsstaatliches Verfahren.
 
 
 
 

Mittwoch 17. Februar 1999, 08:43 Uhr

Türkei verweigert Öcalans Anwälten Einreise

Istanbul (dpa) - Die Türkei hat den Anwälten von Kurdenführer Öcalan die Einreise verweigert. Öcalans Anwältin Böhler sowie ihre beiden niederländischen
Mitanwälte flogen von Istanbul aus zurück nach Amsterdam. Das türkische Innenministerium begründete die Abweisung mit unvollständigen Einreiseformalitäten. Die
Vereinten Nationen forderten die Türkei auf, Öcalan nicht zu foltern. Bundeskanzler Schröder verlangte für Ocalan ein rechtsstaatliches Verfahren.
 

Mittwoch 17. Februar 1999, 08:19 Uhr

Türkei verweigert Anwälten Öcalans die Einreise

Girechenland weist jede Verantwortung für Verhaftung Öcalans von sich

Ankara (AP) Die Türkei hat den Rechtsbeiständen von PKK-Chef Abdullah Öcalan die Einreise verweigert. Die halbamtliche Nachrichtenagentur Anatolia meldete
am Mittwoch, die Anwälte Britta Böhler und Ties Prakken sowie ein türkischer Übersetzer seien sechs Stunden lang von der Polizei auf dem Flughafen von Istanbul
festgehalten worden und am Morgen mit der ersten Maschine der Fluggesellschaft KLM in die Niederlande zurückgeflogen. Dem niederländischen Generalkonsul
Adrian Quanjer sei es verwehrt worden, mit den Anwälten zu sprechen. Das Kurdistan Informationszentrum in Köln teilte mit, die Anwälte seien auf Anweisung des
türkischen Innenministeriums des Landes verwiesen worden.

Ein Vertrauter Öcalans, Ali Ghazi, sagte am Dienstag abend im ZDF weitere Ausschreitungen voraus. «Ich glaube, daß es zu Gewalttaten kommen wird», sagte er
und appellierte zugleich an seine Landsleute, besonnen zu bleiben. Nach seiner Darstellung wird Öcalan in der Türkei auch trotz der zu erwartenden internationalen
Aufmerksamkeit keinen fairen Prozeß bekommen. Die Anwälte von Öcalan kündigten eine Beschwerde gegen die Türkei beim Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte in Straßburg an. «Wir sind äußerst besorgt, was nun mit ihm geschehen wird», sagte die Anwältin Britta Böhler. Sie wies die Darstellung zurück,
Öcalan habe die griechische Botschaft in Kenia freiwillig verlassen.

Die griechische Regierung wies jede Verantwortung an der Festnahme Öcalans von sich. Ministerpräsident Konstantinos Simitis erklärte am Dienstag abend in
Athen, sein Land habe Öcalan vor der drohenden Todesstrafe retten wollen. Er habe sich aber entschieden, seinen eigenen Weg zu gehen. Öcalan war in Kenia
unter noch nicht geklärten Umständen festgenommen und am Dienstag in die Türkei gebracht worden, wo ihm der Prozeß wegen des seit 15 Jahren andauernden
Kurdenaufstands gemacht werden soll.

Athen bittet EU um Hilfe für Öcalan

In einer Erklärung bat Simitis die Europäische Union bat, sich des Schicksals Öcalans anzunehmen. Griechenland habe ihm im Gegensatz zu anderen EU-Mitgliedern
Schutz gewährt. Aber während des zwölftägigen Aufenthalts in der Botschaft in Nairobi habe Öcalan Kontakt zu den kenianischen Behörden aufgenommen und die
griechische Seite nicht informiert. Er habe auf eigene Faust gehandelt, was sein Fehler gewesen sei. Er sei daher für die Festnahme selbst verantwortlich. Kenia und
andere nicht näher genannte Länder sollten erklären, wie Öcalan - anstatt vom Flughafen aus in die Niederlande zu fliegen - in der Türkei gelandet sei. Griechenland
zog unterdessen seinen Botschafter auf Verlangen Kenias zurück. Auch Kenia wies eine Beteiligung an der Verhaftung zurück.
 

Mittwoch 17. Februar 1999, 08:06 Uhr

Schröder, Schily fordern fairen Öcalan-Prozeß

Bonn - Bundeskanzler Gerhard Schröder und Bundesinnenminister Otto Schily (beide SPD) haben an die Türkei appelliert, PKK-Chef Abdullah Öcalan ein faires
Verfahren zu garantieren und Prozeß-Beobachter zuzulassen. Schröder erklärte am Dienstag in Bonn, er erwarte, daß die türkischen Behörden Öcalan korrekt
behandelten und die Todesstrafe entsprechend der Praxis in allen EU-Mitgliedsstaaten nicht verhängten. Schily verwies im ZDF darauf, daß das Verfahren unter
Beobachtung der internationalen Öffentlichkeit stattfinden werde. Er dankte zudem der deutschen Polizei für ihren Einsatz bei der Beendigung der Botschafts- und
Konsulatsbesetzungen durch kurdische Demonstranten.

Die Türkei hatte den in die griechische Botschaft in Kenia geflüchteten Öcalan in einer Geheimoperation in ihre Gewalt gebracht. Anhänger der Kurdischen
Arbeiterpartei (PKK) protestierten dagegen mit organisierten Botschaftsbesetzungen in Deutschland und anderen europäischen Ländern. In Deutschland wurden die
besetzten Vertretungen Kenias und Griechenlands bis zum Abend wieder geräumt.

Schröder erklärte, die Türkei müsse einen Prozeß entsprechend den europäischen rechtsstaatlichen Normen vor einem unabhängigen Gericht garantieren. Schily
verteidigte die Entscheidung der Bundesregierung im vergangenen Jahr, keinen Antrag auf Auslieferung Öcalans aus Italien zu stellen, wo der PKK-Chef auch
aufgrund eines deutschen Haftbefehls festgesetzt, später aber wieder freigelassen worden war. Die Unruhen vom Dienstag bewiesen, in welch schwieriger Lage die
Bundesregierung gewesen sei, sagte Schily. Man habe damals unter zwei schlechten Möglichkeiten eine auswählen müssen. Deutschland hatte den Verzicht auf einen
Auslieferungsantrag mit der Notwendigkeit begründet, den Rechtsfrieden zu wahren.
 

Mittwoch 17. Februar 1999, 05:29 Uhr

Islam-Experte wirft Bonn Versagen im Fall Öcalan vor

Hamburg (dpa) - Der Leiter des Hamburger Orient-Instituts, Udo Steinbach, sieht eine Mitschuld der Bundesregierung an den Kurden- Ausschreitungen in Europa.
Sie habe die Chance vertan, aus dem Fall Öcalan eine Strategie zur Lösung der kurdischen Frage zu machen, als sie sich gegen die Aufnahme Öcalans entschied,
sagte der Professor der «Bild»-Zeitung. Was wir jetzt mit den Besetzungen erleben, sei erst der Anfang. Es werde noch mehr Terror geben. Auch Türkei- Touristen
müßten mit Attentaten rechnen, meint der Orient-Experte.
 

Mittwoch 17. Februar 1999, 04:23 Uhr

Öcalan mit gechartertem Privatflugzeug in die Türkei gebracht

Ankara (dpa) - Der türkische Regierungschef Ecevit hat im privaten TV-Sender ATV mitgeteilt, wie Kurdenführer Öcalan von Kenia in die Türkei gebracht wurde.
Danach wurde Öcalan mit dem Privatflugzeug des unabhängigen türkischen Abgeordneten Caglar von Nairobi in die Türkei geflogen. Die Regierung hatte es
gechartert. Welche Geheimdienste dabei halfen, wollte Ecevit nicht sagen. Israel dementiert energisch eine Beteiligung des Mossad. Die Besetzungen und
Geiselnahmen in diplomatischen Missionen durch PKK-Anhänger sind inzwischen beendet.
 

Mittwoch 17. Februar 1999, 02:38 Uhr

Griechenland weist Verantwortung im Fall Öcalan von sich

Alle Botschaften und Konsulate freiwillig geräumt - Vertrauter sagt aber weitere Ausschreitungen voraus

Athen/Frankfurt (AP) Nach der Verhaftung von PKK-Chef Abdullah Öcalan und weltweiten Massenprotesten seiner Anhänger hat die griechische Regierung jede
Verantwortung in dem Fall von sich gewiesen. Ministerpräsident Konstantinos Simitis erklärte am Dienstag abend in Athen, sein Land habe Öcalan vor der
drohenden Todesstrafe retten wollen. Er habe sich aber entschieden, seinen eigenen Weg zu gehen. Öcalan war in Kenia unter noch nicht geklärten Umständen
festgenommen und in die Türkei gebracht worden, wo ihm der Prozeß wegen des 15jährigen Kurdenaufstandes gemacht werden soll.

Weltweit besetzten seine Anhänger daraufhin diplomatische Einrichtungen Griechenlands und Kenias und nahmen zum Teil Geiseln. Bis Mittwoch morgen
waren-SPARE-Q CBT bc-CHECK 00-00 00000CHECK 02-17-99 0136GMT alle Aktionen ohne schwere Zwischenfälle beendet. Ein Vertrauter Öcalans, Ali
Ghazi, sagte am Abend im ZDF aber weitere Ausschreitungen voraus. «Ich glaube, daß es zu Gewalttaten kommen wird», sagte er und appellierte zugleich an seine
Landsleute, besonnen zu bleiben. Nach seiner Darstellung wird Öcalan in der Türkei auch trotz der zu erwartenden internationalen Aufmerksamkeit keinen fairen
Prozeß bekommen. Die Anwälte von Öcalan kündigten eine Beschwerde gegen die Türkei beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg an.
«Wir sind äußerst besorgt, was nun mit ihm geschehen wird», sagte die Anwältin Britta Böhler. Sie wies die Darstellung zurück, Öcalan habe die griechische
Botschaft in Kenia freiwillig verlassen.

Der schwer an Grippe erkrankte Simitis gab eine Erklärung heraus, in der er die Europäische Union bat, sich des Schicksals Öcalans anzunehmen. Griechenland
habe ihm im Gegensatz zu anderen EU-Mitgliedern Schutz gewährt. Aber während des zwölftägigen Aufenthalts in der Botschaft in Nairobi habe Öcalan Kontakt zu
den kenianischen Behörden aufgenommen und die griechische Seite nicht informiert. Er habe auf eigene Faust gehandelt, was sein Fehler gewesen sei. Er sei daher
für die Festnahme selbst verantwortlich. Kenia und andere nicht näher genannte Länder sollten erklären, wie Öcalan anstatt vom Flughafen aus in die Niederlande zu
fliegen, in der Türkei gelandet sei. Griechenland zog unterdessen seinen Botschafter auf Verlangen Kenias zurück. Auch Kenia wies eine Beteiligung an der
Verhaftung zurück.

Die Türkei teilte mit, die Festnahme sei das Ergebnis einer zwölftägigen Geheimdienstoperation. Nach Darstellung des Öcalan-Vertrauten Semsi Kilic, der sich nach
eigenen Angaben zusammen mit dem PKK-Chef in Nairobi aufhielt, verließ dieser die griechische Botschaft keineswegs freiwillig. Sie seien gezwungen worden, das
Gebäude zu verlassen. Öcalan sei von kenianischen Beamten abgeführt worden, sagte Kilic. Öcalans Rechtsbeistand in Deutschland, der Bremer Anwalt Eberhard
Schultz, erklärte, der PKK-Chef sei nach gesicherten Informationen aus Nairobi unter der Vorspiegelung, er werde in die Niederlande ausgeflogen, in ein Flugzeug
gelockt und in «einer Nacht- und Nebelaktion» in die Türkei verschleppt worden.
 

Mittwoch 17. Februar 1999, 02:27 Uhr

Anwältin Öcalans an Einreise in Türkei gehindert

Istanbul (dpa) - Der Amsterdamer Anwältin des Kurdenführers Öcalan, Britta Böhler, ist die Einreise in die Türkei verweigert worden. Auf Anordnung des
türkischen Innenministeriums müsse sie heute früh mit ihrer Begleitung nach Amsterdam zurückfliegen, sagte Böhler in einem Telefongespräch mit der
Nachrichtenagentur dpa. Böhler hatte gestern beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg ein Dringlichkeitsverfahren für ihren Mandanten beantragt,
um besondere Schutzmaßnahmen für Öcalan zu erreichen.