Frankfurter Rundschau 30.4.99

Türkei
Keine Beobachter bei Öcalan-Prozeß

öhl ATHEN, 29. April. Die Türkei will beim bevorstehenden Prozeß gegen PKK-Chef Abdullah Öcalan keine ausländischen Beobachter zulassen. Es komme „nicht in Frage“, daß irgend jemand in der „Eigenschaft eines Beobachters, ganz gleich unter welchem Namen oder in welcher Mission“, die Verhandlung verfolge, sagte der Sprecher des türkischen Außenministeriums, Sermet Atacanli, am Donnerstag in Ankara. Offen bleibt, ob Ankara damit nicht nur Delegierte von Menschenrechtsgruppen, sondern auch Jounalisten von dem Prozeß ausschließen will. „Individuen“ könnten das Verfahren verfolgen, sagte Atancali. Über ihre Zulassung entscheide aber das Gericht. 


Berliner Zeitung 30.4.99

Verhandlung vor Staatssicherheits-Gericht beginnt

ANKARA, 29. April. Die Türkei will bei dem Prozeß gegen den PKK-Chef Abdullah Öcalan keine offiziellen Beobachter zulassen. Zwar dürften Zuschauer an dem Verfahren teilnehmen, sagte ein Sprecher des Außenministeriums am Donnerstag in Ankara. Es komme jedoch nicht in Frage, auf Forderungen von Personen einzugehen, die als Beobachter oder mit einem anderen offiziellen Titel anwesend sein wollten. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) hatte angekündigt, einen Beobachter in die Türkei entsenden zu wollen.
Das für den Fall Öcalan zuständige Staatssicherheits-Gericht soll am heutigen Freitag erstmals zusammentreten. Jeder, der wolle, könne dem Verfahren beiwohnen, sagte der Sprecher. Dies sei nur abhängig von der Größe des Gerichtssaals und den Entscheidungen des obersten Richters. Grundlage der Anklage gegen Öcalan ist Artikel 125 des Strafgesetzes, das für einen Versuch der Abspaltung vom Staatsgebiet die Todesstrafe vorsieht. Die Anwälte Öcalans sehen keine Chance, ihren Mandanten angemessen verteidigen zu können, sagte der Anwalt Niyazi Bulgan nach einem Treffen mit Öcalan. Sie könnten ihren Mandanten nur zweimal in der Woche und nur im Beisein von Sicherheitskräften sprechen.
Öcalan war Mitte Februar vom türkischen Geheimdienst aus Kenia in die Türkei gebracht worden. Dort ist er auf der Gefängnisinsel Imrali im Marmara-Meer inhaftiert. Die Untergrundbewegung Kurdische Arbeiterpartei (PKK) kämpft seit 14 Jahren für einen Kurdenstaat im Südosten der Türkei. Dabei sind mehr als 29 000 Menschen getötet worden. (Reuters, AP) 


ap Meldung vom 29.04.1999 18:29

Anwälte Öcalans sehen keine Chance für faires Verfahren

Ankara (AP)
Die Anwälte des auf der Gefängnisinsel Imrali im Marmarameer inhaftierten PKK-Führers Abdullah Öcalan sehen keine Chance, ihren Mandanten angemessen verteidigen zu können. Sie können ihn nur zweimal in der Woche und nur im Beisein von Sicherheitskräften sprechen. So lange diese illegalen Praktiken andauerten, gebe es keine Chance für eine freie Verteidigung, sagte der Anwalt Niyazi Bulgan nach einem Treffen mit Öcalan.