Frankfurter Allgemeine 20.3.99

Der Mossad an der Festnahme Öcalans Beteiligt
Der kurdische Rebellenführer wurde erst in Israel in ein türkisches Flugzeug gesetzt

Von unserem Korrespondenten Rainer Hermann

Istanbul, 19. März. Entgegen den Äußerungen der israelischen Regierung war der Geheimdienst Mossad stärker als bisher zugegeben an der Ergreifung des kurdischen Rebellenführers Öcalans in Nairobi beteiligt. In den Tagen der Verschleppung Öcalans haben ägyptische Zeugen auf dem Flughafen in der kenianischen Hauptstadt Nairobi den israelischen Geheimdienstoffizier identifiziert, der 1976 die Befreiung der entführten EL-AL Maschine in Entebbe geleitet hatte. Das haben sie dieser Zeitung mitgeteilt. Ebenfalls mehren sich die Indizien, daß Öcalan nicht mit dem Flugzeug des türkischen Geschäftsmanns Cavit Çaglar von Nairobi in die Türkei gebracht worden war. An dieser Version hält die Türkei bis heute fest. Das Flugzeug von Çaglar ist für einen Nonstop-Flug von mindestens sieben Stunden Dauer nicht geeignet.
Sollte das Flugzeug von Çaglar, mit dem Öcalan tatsächlich in die Türkei gebracht wurde, bereits in Nairobi gestartet sein, hätte es eine Zwischenlandung machen müssen. Dazu kommen als Staaten, die in der Region mit der Türkei befreundet sind, lediglich Ägypten und Israel in Frage. Ägypten hat inoffiziell jedoch ausgeschlossen, daß ein Flugzeug auf seinem Territorium gelandet und aufgetankt worden sei.
Wahrscheinlich ist Öcalan erst in einem Drittland, mutmaßlich auf einem Militärflughafen, in das Flugzeug von Çaglar gesetzt worden. Dort sind die Aufnahmen gemacht worden, die in den folgenden Tagen ständig im türkischen Fernsehen gezeigt wurden. In den tagen vor der Ergreifung des Kurdenführers Öcalan hat auf dem Flughafen von Nairobi ein Flugzeug in den Farben Malaysias gestanden. In der Nacht der Verschleppung des kurdischen Guerillaführers verschwand es. Die Regierung Malaysias hat jedoch dementiert, daß das Flugzeug zu seiner Flotte gehört habe. Um nicht aufzufallen, war es mutmaßlich lediglich in den Farben Malaysias übermalt worden und hatte als Ausreiseflugzeug gedient.
Israel, das traditionell Aktionen seines Geheimdienstes Mossad nicht bestätigt, bestreitet seine Beteiligung an der Festnahme Öcalans. In einem Brief des Mossadchefs vom 17. Februar hatte es geheißen, daß der Mossad „in keinster Weise in die Gefangennahme verwickelt“ gewesen sei. Das ist das erste Mal, daß der Mossad Berichte über Aktionen öffentlich zurückgewiesen hat. Die Türkei und Israel hatten in den vergangenen Jahren zwölf Abkommen unterzeichnet, die insbesondere die Zusammenarbeit zwischen den Armeen und Geheimdiensten beider Länder regeln.
damit Griechenland bereit war, Öcalan aus der Residenz seines Botschafters in Nairobi zu entfernen, hat Washington der Regierung Simitis versprochen, in der Mazedonien-Frage der griechischen Position entgegen zu kommen Das berichteten französische Quellen.A