Pressemitteilung Nr. 39
(25.6.1999)
Sänger Akin in Untersuchungshaft (Sabah 31.5., S. 3) -Überschrift Istanbul: Der Sänger Onur Akin (ein als linker bekannter Künstler, d. Übers.) wurde festgenommen. Onur Akin wurde nach seinem Konzert im Bostanci Vorführungszentrum von Beamten des Kadiköy-Polizeipräsidiums festgenommen und zur dortigen Wache gebracht.
Tarsus: In dem Dorf Yenitaskent haben Militäreinheiten am 18. Mai Häuser durchsucht, dabei wurden Ramazan Azgan, Sidik Azgan, Hayrettin Azgan, Osman Kilic, Faik Aldemir, festgenommen. Sie wurden zur Militär-Station nach Mersin gebracht und über 7 Tage verhört. 4 von den 7 Festgenommenen wurden dem Haftrichter vorgeführt und mit der Beschuldigung in Haft genommen, daß sie der PKK Unterstützung und Unterschlupf gewährt haben. Von den Festgenommenen wurde Ramazan Azgar freigelassen. Die Festgenommenen erzählten, daß sie während der Verhöre schwer gefoltert wurden. Rechtsanwalt Hamza Yilmaz sagte, daß sein Mandant, Hayrettin Azgan durch die Folter so schwer verletzt wurde, daß er immer noch in Lebensgefahr schwebt. Sein Mandant wurde mit Schlägen, kaltem Wasser, Falaka, mit einem Gummi-Knüppel vergewaltigt, mit Nadeln wurde er zwischen den Füßen gefoltert. 2 Rippen wurden durch Schläge gebrochen. Seine Augen sind durch die Schläge geplatzt. Sein Mandant wurde an den Ohren und Haaren festgehalten und gegen die Wand gestoßen. Azgan kann nicht mehr laufen. Bei dem Festgenommenen Faik Aldemir wurde während der Folter die Brust zerquetscht, so daß er kaum ein- und ausatmen kann. Der Anwalt hat eine Anzeige erstattet. Er forderte die Behörden auf, daß seinen Mandanten eine gesundheitliche Versorgung gewährleistet wird. (Ö.P. 8.6.)
Izmir: Im Gefängnis Buca wurden politische Gefangene von Wächtern angegriffen, dabei wurden 6 verletzt. Angehörige der Gefangenen haben eine Erklärung abgegeben, in dem sie berichteten, daß die Gefangenen ihrer Rechte entzogen werden. Sie dürfen keinerlei Zeitungen, Zeitschriften und Bücher lesen. Die Angriffe haben sich drastisch erhöht. (Ö.P.14.6.)
Van: Militäreinheiten haben am 4. Juni in dem Dorf Texmanis 9 Minibusse beschlagnahmt mit der Begründung, die Besitzer hätten bei der Wahl die HADEP gewählt. 10 Tage lang dürfen die Besitzer ihre Busse nicht mehr benutzen. (Ö.P. 14.6.) Das Dorf Oeyseren wurde durch Militäreinheiten überfallen, ein Mensch, namens Kemal, wurde unter dem Vorwurf festgenommen, daß er die PKK unterstützt hat. Alle Häuser der Dorfbewohner wurden durchsucht. (Ö.P. 14.6.) An der Universität werden Studenten unter Druck gesetzt wenn sie sich weigern, an geligiösen Veranstaltungen teilzunehmen. Die Leitung der Universität versucht mit einem Notensystemen die Studenten zu erpressen, damit sie an religiösen Anlässen teilnehmen. Überwiegend sind die Studenten alevitischen Glaubens. (Ö.P. 14.6.)
358 Verfahren wurden eröffnet Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof hat 358 Verfahren von 2.453 Verfahren gegen die Türkei eröffnet. Die 358 Verfahren beziehen sich auf die Dörfer, die vom Militär dem Erdboden gleichgemacht wurden. Die Verfahren sind in der Entscheidungsphase. Am 15.9.1996 ist die Türkei wegen einer Dorfverbrennung verurteilt worden. 7 Dorfbewohner haben einen Anspruch auf Entschädigung erhalten. (Ö.P. 14.6.)
Istanbul: Im Stadtteil Bagcilar hat die Polizei das HADEP-Gebäude umzingelt. Seit 6 Monaten versucht die Polizei, die Arbeit der Partei in Bagcilar zu verhindern. Trotz Beschwerden der HADEP an die zuständigen Behörden, haben sie bis heute keine Antwort erhalten. Auch Besucher der HADEP werden von der Polizei bedroht. Während eines Überfalles wurden Kinder, Besucher und Frauen verprügelt. Dabei wurden 21 Personen festgenommen. (Ö.P. 15.6.)
Die Zeitschrift Uzun Yürüyüs (Lange Marsch) wurde für einen Monat geschlossen. Die Zeitung hatte einen Artikel mit der Überschrift "Gebietspanorama und Kurden" veröffentlicht. Nach der Entscheidung des Gerichts hat die Zeitung "separatistische Propaganda" betrieben. (Ö.P. 15.6.)
Konya: Die Polizei hat in einer Woche während ihrer Hausdruchsuchungen bei den Mitgliedern der Jugend-Kommission der HADEP, die Mitglieder Mehmet Emin Durma, Idris Sefil, Sevgi Koyunen, Halis Ilgir, Fadile Ucar und Kutbettin Islek festgenommen. Ihnen wird Unterstützung der PKK vorgeworfen. (Ö.P. 15.6.)
Adana: Mitarbeiter der Zeitung WELAT, Serpil Kaymaz, Ayhan Erdem, Ferit Yildirim und Selim Gökalp wurden in Gaziantep von der Polizei festgenommen. (Ö.P. 15.6.)
Istanbul: Die 4. Kammer des Staatssicherheitsgerichtes hat Aliriza Yurtsever, Vorstandsmitglied der HADEP, zu 13 Monaten Haft verurteilt. Vorgeworfen wurde ihm ein Artikel in der Zeitung "Ülkede Gündem" in dem er das "Kurdenproblem als blutende Wunde der Türkei" bezeichnete und, daß die "Probleme nur auf der Grundlage von Frieden und Demokratie gelöst werden können." Mit diesem Artikel hätte Yurtsever separatistische Propaganda betrieben. Er wurde außerdem zu einer Geldstrafe von 3 Milliarden TL verurteilt. (Ö.P. 15.6.)
Batman: Nach der Versetzung von 18 Gewerkschaftern der KESK wurden ein Verfahren gegen sie vor dem Staatssicherheitsgericht in Diyarbakir eröffent. In dem Verfahren wird ihnen vorgeworfen, daß sie im Dezember 1998 einen Hungerstreik organisiert hätten. Dieser Hungerstreik wird von der Staatsanwaltschaft als Unterstützung für die PKK eingestuft. Folgende Gewerkschafter wurden vor Gericht gestellt: SES-Vorsitzender Yusuf Üner, Avni Canpolat, Murat Ceylan, SES Mitglieder Ferzend Celik, Sahbettin Dogan, Ismet Calis, Ahmet Bozan, Nihat Keni, Nevin Isbilen, Dilek Adsan, Davut Ünesi, Nidal Cay, Aydin Ünesi, Abdurahman Cagil und Suayp Alp. (Ö.P. 15.6.)
Maras: Nach Auseinandersetzungen in der Nähe von Pazareik zwischen Armee-Einheiten und der Kurdischen Befreiungsarmee (ARGK) haben Armee-Einheiten die umliegenden Dörfer Tilkiler, Törolar, Cöcenler, Salliusagi und Mosolar) am 8. Juni überfallen. 20 Menschen wurden dabei verschleppt. Von 10 Bewohnern aus dem Dorf Musso sind die Namen nicht bekannt. Angehörige bekamen durch das Militär die Antwort, daß diese keine Menschen verschleppt hätten.(Ö.P. 15.6.)
Erzurum: In Erzurum wurden die umliegenden Dörfer von Militär-Einheiten überfallen, dabei wurden 11 Menschen festgenommen.
Mus: Familienangehörige von Deniz Yilmaz, ein kurdischer Guerilla-Kämpfer, der im Mai 1999 bei einer Auseinandersetzung umkam, werden durch das Militär bedroht, und sie aufgefordert, ihr Dorf zu verlassen. (Ö.P. 15.6.)
Izmir: Abdulbaki Alpaslan wurde zu 3 Monaten Haft verurteilt, weil er ein Verfahren auf Entschädigung gegen Polizisten eingereicht hat, die seine Frau mit einem Panzer ermordet hatten. Als er 1994 im Gefängnis saß, ist seine Frau nach Nusaybin gefahren, wo sie dann von einem Panzer überrollt wurde. Sie kam dabei ums Leben. Die Polizisten wurden zu 6 Monaten Haft verurteilt. Ihm wurde von der Polizei ein Angebot über 3 Milliarden TL als Entschädigung unterbreitet, damit der seine Klage zurückzieht, die Alpaslan abgelehnt hat. Als er zu dem Termin am 2. März nach Nusaybin unterwegs war wurde er festgenommen. 5 Tage wurde er gefoltert und dann dem Haftrichter vorgeführt. Ihm wird vorgeworfen, daß er sich der PKK anschließen wollte. 3 Monate wurde er in Antep eingesperrt, am 3. Juni sprach ihn das Staatssicherheitsgericht in Diyarbakir frei. (Ö.P. 15.6.)
Ankara: Gegen den ehemaligen RP-Abgeordneten Basan Mezarei wurde eine Gefängnisstrafe von 10 Monaten verhängt. Er wurde wegen seiner Äußerung "Ich ekle mich vor dem türkischen Parlament" zu dieser Strafe verurteilt. (Hürriyet 16.6.)
Batman: Im Rahmen einer Hausdurchsuchung wurde Abdurahman Yilmaz ohne Grund festgenommen, er befindet sich noch im Polizeipräsidium. (Ö.P. 15.6.)
Diyarbakir: Das Verfahren gegen 65 Soldaten, die am 24. September 1996 in Diyarbakir 10 Gefangene der PKK ermordet haben, geht weiter. Die beschuldigten Soldaten befinden sich immer noch auf freiem Fuß. Das Verfahren wurde auf einen unbestimmten Zeitpunkt verschoben. (Ö.P. 12.6.)
Amnesty-Bericht 1998 (Auszug) Im Berichtszeitraum wurden Hunderte Menschen wegen ihres gewaltfreien politischen Engagements festgenommen. Die meisten kamen nach kurzer Zeit wieder frei, andere hingegen wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt. Auf den Polizei- und Gendarmeriestationen des Landes fanden nach wie vor weit verbreitet und systematisch Folterungen statt, auch wenn neu erlassene gesetzliche Regelungen über die Dauer des Polizeigewahrsams in begrenztem Umfang Wirkung zeigten. Nach vorliegenden Meldungen kamen mindestens sechs Menschen in der Haft zu Tode. Mindestens neun Personen fielen nach ihrer Festnahme durch die Sicherheitskräfte dem »Verschwindenlassen« zum Opfer. Weitere mindestens 20 Menschen wurden unter Umständen getötet, die den Verdacht begründen, daß man sie extralegal hingerichtet hat. Gerichte verhängten erneut Todesurteile, doch haben im Berichtszeitraum wie schon in den Jahren zuvor keine Hinrichtungen stattgefunden. Im Berichtszeitraum sind mindestens sechs Menschen allem Anschein nach an den Folgen der Folter gestorben. Bei einem der Opfer handelte es sich um Fettah Kaya, der im Mai auf der Polizeistation von Aksaray ums Leben kam, nachdem Beamte der Sittenpolizei ihn an seinem Arbeitsplatz, einem Varieté-Theater, festgenommen hatten. Während die Polizeibehörden Berichten zufolge behaupteten, der 23jährige Mann sei einem Herzanfall erlegen, erklärte ein Mithäftling von Fettah Kaya, sie beide seien von Beamten gefoltert worden, indem man mit Sandsäcken auf sie eingeprügelt habe. Mindestens neun Menschen wurden im Berichtszeitraum als »verschwunden« gemeldet, nachdem Polizeibeamte oder Soldaten sie verhaftet hatten. Im Februar beobachteten Augenzeugen in Diyarbakir, wie vier bewaffnete Männer, bei denen es sich offenkundig um zivil gekleidete Polizisten handelte, Fikri Özgen vor seinem Haus anhielten, seine Personalien überprüften und mit ihm davonfuhren. Seine Familie stellte bei allen in Frage kommenden Behörden Nachforschungen über seinen Verbleib an, erhielt jedoch stets die Auskunft, daß von einer Verhaftung von Fikri Özgen nichts bekannt sei. Wie viele andere »Verschwundene« auch, hatte Fikri Özgen Familienangehörige, denen Verbindungen zur PKK nachgesagt werden. Nach vorliegenden Meldungen fielen im Berichtszeitraum mindestens 20 Menschen politischen Morden zum Opfer. Vielfach dürfte es sich dabei um extralegale Hinrichtungen gehandelt haben. Im Januar beispielsweise wurde Murat Akman während einer Haus-zu-Haus-Razzia in Savur in der Provinz Mardin erschossen, die stattfand, nachdem kurz zuvor PKK- Kämpfer zwei Offiziere der Sicherheitskräfte getötet hatten. Nach Angaben eines Familienangehörigen, der Zeuge des Vorfalls wurde, verlangten Mitglieder einer schwerbewaffneten Sondereinheit der Polizei, Murat Akman zu sprechen. Als dieser an der Haustür erschien und seinen Personalausweis vorzeigen wollte, eröffneten die Polizisten unvermittelt das Feuer und erschossen ihn. Seine Familie erstattete zwar offiziell Anzeige, doch waren bis Jahresende die für den Tod von Murat Akman Verantwortlichen noch nicht vor Gericht gebracht worden.
Verurteilung eines bekannten Journalisten
Istanbul, (Reuters) Ein türkisches Gericht hat am Dienstag einen bekannten Journalisten zu 13 Monaten Gefängnis verurteilt, weil er vor sechs Jahren den Kurdenführer Abdullah Öcalan und einen weiteren Kurdenpolitiker interviewt hatte. Oral Calislar, Kolumnist der angesehenen Zeitung «Cumhuriyet», sagte in Istanbul, das Urteil gegen ihn sei eine Bestrafung des Journalismus. Es gehe ihm nicht einmal um Meinungsfreiheit, sondern darum, einen Journalisten seine Arbeit machen zu lassen. Das Urteil bezog sich auf Interviews mit dem seit Februar inhaftierten Öcalan und mit dem Chef der gemässigten Kurdischen Sozialistischen Partei, Kemal Burkay. Calislar kündigte Berufung gegen das Urteil an, in dem er für schuldig befunden wird, Propaganda zum Zwecke der Unterwanderung des türkischen Staats betrieben zu haben.
Die Informationen wurden aus unten aufgeführten Zeitungen zusammengestellt. Auf Wunsch können wir Ihnen die Belegausschnitte aus den Zeitungen per Kopie zur Verfügung stellen. Nicht direkt gekennzeichnete Artikel stammen aus Mitteilungen, die wir ebenfalls auf Wunsch zur Verfügung stellen können. (Ö.P = Özgür Politika, Sabah, Evrensel, Milliyet, Reuters, amnesty international)