Berliner Zeitung 3.6.99

Opposition denkt an eigenen Kurden-Ausschuß

Von Tobias Miller

BERLIN: Die Fraktionen der Grünen und der PDS im Abgeordnetenhaus werden möglicherweise einen zweiten Untersuchungsausschuß einsetzen, um die Umstände des Kurden-Sturms auf das israelische Generalkonsulat zu klären. (tom.)



 

Kurden-Sturm: Opposition will neuen Ausschuß

Gericht: Zeugen vorerst nur nichtöffentlich befragen

VON TOBIAS MILLER

Die Vorfälle um die Erstürmung des israelischen Generalkonsulates durch kurdische Demonstranten im Februar werden künftig vermutlich gleich durch zwei parlamentarische Untersuchungsausschüsse geklärt. Bündnis 90/Die Grünen und die PDS überlegen, einen neuen Ausschuß zu beantragen, in dem sie selbst das Prozedere der Befragung bestimmen können. Für den jetzigen Ausschuß, der vor zwei Wochen die Arbeit aufnahm, hatte sich die Opposition aus PDS und Grünen mit der CDU auf gemeinsame Fragen geeinigt.

Um die Reihenfolge der Befragung gibt es nun aber Streit zwischen der Ausschußmehrheit aus SPD, Grünen und PDS mit der CDU, den auch das Landesverfassungsgericht am Mittwoch nicht klären konnte. Am Nachmittag ordnete das Gericht an, daß die Zeugen im Untersuchungsausschuß bis zum 24. Juni nur nichtöffentlich und vertraulich vernommen werden dürfen. Bis zum 24. Juni will das Gericht endgültig entscheiden. "Wir müssen sehen, wie wir mit dem jetzigen Ausschuß weiterkommen", sagte Wolfgang Wieland (Bündnis 90/Die Grünen), der den Untersuchungsausschuß leitet.

Wie oft sollen Zeugen aussagen?

Die CDU hatte das Gericht angerufen, weil sie rechtliche Bedenken bei der Vorgehensweise des Ausschusses hat. Nach CDU-Meinung müssen die 23 Fragen des Aufgabenkatalogs, die in vier Kapitel gegliedert sind, nacheinander abgearbeitet werden. Das heißt, erst wenn zur ersten Frage alle Zeugen gehört und alle Akten eingesehen sind, darf man zur nächsten Frage gehen. Die Ausschußmehrheit will dagegen die Zeugen kapitelweise befragen. Sonst müßte etwa allein beim ersten Kapitel Innensenator Eckart Werthebach (CDU) achtmal vor dem Ausschuß erscheinen, so Wieland.

Er geht davon aus, daß Innenstaatssekretär Kuno Böse, Polizeipräsident Hagen Saberschinsky und Landesschutzpolizeidirektor Gernot Piestert am Freitag zu allen neun Fragen des ersten Kapitels gehört werden. Darin geht es um Hinweise auf die Besetzung des Konsulats und die ergriffenen Schutzmaßnahmen.

Wieland wirft der CDU Verzögerungstaktik vor. Sollte sich die CDU vor Gericht durchsetzen, sei der jetzige Ausschuß zum Scheitern verurteilt, sagte er. Rein rechnerisch können PDS und Grüne einen eigenen Ausschuß durchsetzen. Dafür ist die Zustimmung von einem Viertel der 206 Abgeordneten nötig. PDS und Grüne verfügen zusammen über 63 Sitze. Um wie geplant einen Zwischenbericht im September vorlegen zu können, müßte der eigene Ausschuß aber noch vor der Sommerpause eingerichtet werden. Das Parlament tagt das letzte Mal vor der Pause am 1. Juli.