taz Berlin 6.5.1999

Jugendarrest für kurdischen Konsulatsbesetzer Erster Prozeß wegen der Besetzung des israelischen Konsulats endet mit mildem Urteil

Der 19jährige Kurde Imren S. ist gestern von einem Berliner Strafgericht wegen Hausfriedensbruchs zu vier Wochen Jugendarrest verurteilt worden. Der Angeklagte gehörte zu den etwa 70 KurdInnen, die sich am 17. Februar an der Besetzung des israelischen Konsulats beteiligten. Mit dem Prozeß wurden erstmals die kurdischen Proteste in Berlin nach der Verhaftung des PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan vor einem Gericht verhandelt.
Von der ursprünglichen Anklage des schweren Landfriedensbruchs gegen Imren S. blieb nach der Vernehmung von zwei Polizeizeugen wenig übrig. Ein Polizist will den Angeklagten mit einer Holzlatte herumfuchteln gesehen und einige Zeit später an seiner blauen Mütze bei der Festnahme wiedererkannt haben. Doch mit letzter Sicherheit wollte er sich nicht festlegen, zumal alle DemonstrantInnen ziemlich einheitlich gekleidet waren, wie er zugeben mußte.
Der zweite Polizist konnte zu den Vorwürfen überhaupt nichts sagen, weil er erst dazukam, als der junge Kurde festgenommen wurde. Beide bestätigten, daß der Angeklagte nach den Schüssen israelischer Wachsoldaten in Panik das Konsulatsgelände über den Zaun verlassen habe und sich sofort auf den Boden legte, als Polizeibeamte auf ihn zukamen. Bei seiner Festnahme leistete er keinen Widerstand. Selbst die Staatsanwaltschaft plädierte am Ende nur noch für eine Verurteilung wegen schweren Hausfriedensbruchs. Das Gericht entschied schließlich auf einfachen Hausfriedensbruch und verurteilte S. zu vier Wochen Jugendarrest, der mit der fast dreimonatigen Untersuchungshaft abgegolten ist.
Wolfgang Kalek, Rechtsanwalt der Kurden, wies in seinem Plädoyer darauf hin, daß bei diesem Tatvorwurf Untersuchungshaft völlig unüblich sei. Noch beim letzten Haftprüfungstermin habe aber die Staatsanwaltschaft wegen der Generalprävention die Aufhebung des Haftbefehls abgelehnt. Kalek erinnerte daran, daß seinem in Deutschland geborenen Mandanten die Ausweisung in die für ihn völlig fremde Türkei mit anschließender politischer Verfolgung gedroht hätte, wenn die ursprünglichen Anklagepunkte aufrechterhalten worden wären.
Am Freitag wird auch auf politischer Ebene mit der Klärung der Vorgänge rund um das israelische Generalkonsulat begonnen.  Unter der Leitung des innenpolitischen Sprechers der Grünen-Fraktion, Wolfgang Wieland, wird erstmals der vom Abgeordnetenhaus beschlossene Untersuchungsausschuß zusammentreten. Das Gremium tagt hinter verschlossenen Türen.
Peter Nowak