Bonn an PKK-Überfall mitschuldig?

CDU will Verantwortung des Innenministeriums am Sturm auf das Konsulat klären

Von Rüdiger Soldt
Die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus hat für den parlamentarischen Untersuchungsausschuß, der den Tod von vier PKK-Demon-stranten am israelischen Generalkonsulat klären soll, einen eigenen Fragenkatalog erarbeitet. Ursprünglich war der Ausschuß von der Grünen- und der PDS-Fraktion in jeweils eigenen Anträgen im März ins Leben gerufen worden. Die Union will nun in dem Ausschuß vor allem klären, welche Mitschuld das Bonner Innenministerium und das Wiesbadener Bundeskriminalamt (BKA) daran haben, daß PKK-Anhänger das Generalkonsulat am 17. Februar stürmen konnten. Nach Ansicht von Volker Liepelt, dem parlamentarischen Geschäftsführer der CDU, geht es seiner Fraktion darum, die „Informationswege“ und die „Informationsabläufe“ zwischen den Bonner Ministerien und den Berliner Behörden detailgenau zu untersuchen: „Es gibt eine Abstimmung mit dem Innensenator, daß diese Fragen geklärt werden müssen“, sagte Liepelt. Der CDU-Abgeordnete Andreas Gram habe ein etwa 20 Fragen umfassendes Papier ausgearbeitet, das auf den Antrag der Grünen aufbaue. Eigentlich, so Liepelt, sei ein Untersuchungsausschuß nicht nötig gewesen. Wenn er jetzt aber eingesetzt werde, dann wolle die CDU-Fraktion auch Einfluß auf die Arbeit des parlamentarischen Kontrollgremiums haben. Die „Laissez-faire-Haltung“ der SPD könne er nicht verstehen. Vermutlich lehnten die Sozialdemokraten den Untersuchungsausschuß, der aufgrund der Fraktionsstärke von Grünen und PDS nicht zu verhindern gewesen sei, aus Furcht vor neuen Finanzdiskussionen ab: „Es geht um die Sicherheitslage in der Hauptstadt. Damit will sich die SPD nicht befassen, weil das Mehrausgaben für die Polizei bedeuten könnte.“ Die SPD-Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing fürchte folglich jede Diskussion um die Sicherheitslage. Liepelt reagierte mit dieser Aussage auf eine Stellungnahme von Hans-Peter Seitz, dem parlamentarischen Geschäftsführer der SPD. Als die CDU ihren Fragekatalog für den Ausschuß ankündigte, hatte Seitz erklärt, daß die Union nur von den „offenkundigen Versäumnissen“ ihres Innensenators ablenken wolle: „Wenn die CDU solche Fragen entgegen ihrer bisherigen Einsicht in einem Untersuchungsausschuß kurz vor den Wahlen aufwerfe, falle der Vorwurf, eine Shownummer zu veranstalten, voll auf sie zurück.“ Seitz nannte die Einsetzung des Untersuchungsausschusses nicht nur überflüssig, sondern glaubt auch, daß die Staatsanwaltschaft bei ihren Ermittlungen gegen die kurdischen Gewalttäter behindert werde und Steuergelder verschwendet würden. „Die geringe polizeiliche Bewachung des Konsulates war eine Fehlentscheidung, für die Innensenator Werthebach die Verantwortung trägt.“ Wolfgang Wieland, grüner Fraktionschef, kritisierte das Sicherheitskonzept des Innensenators: „Die Hauptstadtplanung ist ein Witz.“ Für das Regierungsviertel und den Potsdamer Platz sei noch kein neuer Polizeiabschnitt eingerichtet, die Leitstelle von Bundesgrenzschutz und Polizei sei nicht ausreichend geplant und die Planung einer Feuerwache im Moabiter Werder sei unzureichend. Diese Fragen müsse jetzt der Untersuchungsausschuß klären.

© DIE WELT, 19.4.1999