junge Welt 03.03.1999

Erneute Befragung der israelischen Wachleute?
junge Welt sprach mit Riza Baran
(Riza Baran ist migrationspolitischer Sprecher der Fraktion der Bündnisgrünen im Berliner Abgeordnetenhauses. Er war einer der Organisatoren des Trauermarsches für die drei in Berlin erschossenen Kurden)

F: Einem Bericht der Berliner Zeitung zufolge sollen zwei der vier von israelischen Sicherheitsleuten getöteten Kurden durch Kopfschüsse gestorben sein. Das sei dem Obduktions- und Klinikbericht zu entnehmen. Heißt das, daß die israelische Version zu überprüfen ist, wonach die Wachleute in »Notwehr« vor allem auf die Beine der Kurden geschossen hätten?
Das hieße es. Wir müssen diese Berichte und Informationen selber nachforschen. Bedauerlicherweise liegt mir der genannte Obduktions- und Klinikbericht noch nicht vor. Wir benötigen zuverlässige Informationen von beiden Seiten. Solange es diese nicht gibt, ist es schwierig, sich eine Meinung zu bilden. Und also ist es auch schwierig zu sagen, daß die Sicherheitsleute aus Notwehr gehandelt und nur auf die Beine geschossen hätten. Alle Informationen müssen auf den Tisch. Ansonsten kann niemand sagen, wie die Schüsse erfolgten. Das heißt: Es müssen sich alle Beteiligten äußern. Und das bedeutet unter Umständen, daß es auch eine erneute Befragung der israelischen Wachmänner geben muß, um Klarheit zu schaffen. Und das Parlament kann ein Forum dafür sein, zum Beispiel einen Untersuchungsausschuß.

F: Bislang gibt es wenig genaue Erkenntnisse, was den Tathergang anbelangt. Welche Versäumnisse hinsichtlich der Aufklärung der Vorgänge im Konsulat haben Sie zu bemängeln?
Die Verantwortlichen erzählen nur Allgemeines, der eine sagt dies, der andere sagt das. Es ist ein einziges Durcheinander. Niemand weiß über den neuesten Stand der Erkenntnisse genau Bescheid. Wir haben am 25. Februar zu diesen Ereignissen auch eine Debatte im Abgeordnetenhaus geführt. Und weder von dem Innensenator, Herrn Werthebach, noch von dem Justizsenator, Herrn Körting, erhielten wir ausreichende Informationen. Die Hinweise waren mehr als schwammig. Dennoch versuchen wir weiterhin, an Informationen zu gelangen, um im Abgeordnetenhaus parlamentarische Aktivitäten entfalten zu können. Wir sammeln weiter sämtliche Informationen über die Vorkommnisse vor dem israelischen Generalkonsulat in Berlin, um allen Hinweisen nachzugehen.

F: Wissen Sie, wie viele verletzte Kurden noch im Krankenhaus liegen?
Ich weiß von 13.

F: Ist es den Verwandten schon möglich, sie zu besuchen?
Zum Teil kann man auch in Kontakt mit ihnen treten. Doch normalen Kontakt zu bekommen, dazu besteht keine Möglichkeit. Man muß zunächst um Besuchserlaubnis fragen.

F: Gibt es einen Überblick, wie viele Kurden nach wie vor inhaftiert sind?
Es gibt Inhaftierte, aber eine exakte Zahl ist mir nicht bekannt.

Interview: Ina Kaden