Der Standard, 06.12.2015

Türken im Nordirak: Ein Spieler mehr

Kommentar Gudrun Harrer

Kurdenpräsident Barzani führt vor, dass "die Kurden" als Einheit nur in westlichen Köpfen existieren

Die Gemengelage im Irak wird immer komplizierter: Als Konkurrenten um Einfluss in Bagdad stehen einander der Iran und die USA gegenüber, während Russland in den Kulissen wartet. Und im Nordirak wird nun die Türkei hereingebeten: Das türkische Bataillon, das im Nordosten Mossuls stationiert wird, soll eine schon bestehende Peschmerga-Trainingsmission weiterführen, beteuert Ankara. Das militärische Gerät, das die türkischen Soldaten diesmal mit sich führen – unter anderem Panzer -, lässt andere Schlüsse zu. Beobachter erwarten, dass die Türken einen Militärstützpunkt einrichten.

Gastgeber ist der kurdische Regionalpräsident Massud Barzani. Die Kurden tragen tatsächlich eine große Last im Kampf gegen den "Islamischen Staat". Barzani nimmt jedoch nun in Kauf, dass das ohnehin prekäre Verhältnis zwischen Kurden und Arabern – vor allem den schiitischen Milizen, die ebenfalls den IS bekämpfen – weiter belastet wird. Die arabische Theorie lautet, dass es einen Deal gibt, bei dem die Kurden Kirkuk, auf das auch die Araber Anspruch erheben, behalten und dafür die "Neoosmanen" in einem vom IS befreiten Mossul mitmischen dürfen.

Barzani führt aber auch vor, dass "die Kurden" als Einheit nur in westlichen Köpfen existieren. Gute Beziehungen Erbils zu Ankara sind eine Sache: Sich die Erzfeinde der linksgerichteten Kurden, der PKK und ihrer Schwesterparteien, ins Land zu holen eine andere.

(Gudrun Harrer, 6.12.2015) - derstandard.at/2000027060948/Tuerken-im-Nordirak-Ein-Spieler-mehr