Kölner Stadt-Anzeiger, 15.03.2009

Weltwasserforum

Kampf fürs „Menschenrecht auf Wasser“

Von Gerd Höhler

Das Weltwasserforum beginnt in Istanbul und steht unter dem Motto „Brücken schlagen für das Wasser“. Die Türkei will nicht mit unbequemen Fragen zu Vorhaben wie dem Ilisu-Damm konfrontiert werden.

ISTANBUL - Sauberes Trinkwasser: für viele hundert Millionen Menschen auf der Erde ist das ein unerreichbarer Wunschtraum. Eine wachsende Weltbevölkerung, der Klimawandel und rücksichtslose Verschwendung in vielen Ländern lassen Trinkwasser zu einem immer kostbareren und knapperen Gut werden. Das wird die rund 20 000 Teilnehmer des 5. Weltwasserforums beschäftigen, das am Montag in Istanbul beginnt. Die einwöchige Tagung steht unter dem Motto „Brücken schlagen für das Wasser“ - auch eine Anspielung auf den Tagungsort, die zwei Erdteile verbindende Metropole Istanbul. Doch ausgerechnet der Gastgeber Türkei wird sich mit unbequemen Fragen konfrontiert sehen: das Land steht wegen seiner umstrittenen Privatisierungspolitik und kontroverser Staudammprojekte in der Kritik.

Das Forum hat noch gar nicht begonnen, da gibt es bereits den ersten Skandal: eine geplante Präsentation der UN-Kulturorganisation Unesco über die schädlichen Auswirkungen von Staudammprojekten auf historische Kulturschätze musste auf türkischen Druck aus dem Programm des Forums gestrichen werden. Die Regierung in Ankara will offenbar nicht auch noch beim Weltwasserforum mit unbequemen Fragen zu Vorhaben wie dem Ilisu-Damm in der Südosttürkei konfrontiert werden. In dem geplanten Stausee werden nicht nur Jahrtausende alte Kulturdenkmäler versinken. Es drohen auch gravierenden soziale Probleme durch die Enteignung und Zwangsumsiedlung von fast 55 000 Menschen. An dem umstrittenen Projekt, das auf erbitterten Widerstand der örtlichen Bevölkerung stößt, sind maßgeblich Firmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz beteiligt. Die Exportkreditagenturen der drei Länder sollen das Bauvorhaben mit Kreditbürgschaften stützen, zögern aber mit der Zusage, weil die Türkei die geforderten Umwelt- und Sozialauflagen ignoriert.

Auch die Pläne der Türkei zur Gewässerprivatisierung stoßen am Rande des Weltwasserforums auf heftige Kritik. Die Regierung will Quellen, Flüsse und Seen für bis zu 49 Jahre privaten Konzernen zur Nutzung überlassen. Sie sollen Wasserkraftwerke bauen, aber auch Trinkwasser aufbereiten und verkaufen. Dagegen protestieren türkische und ausländische Nichtregierungsorganisationen. Mit der geplanten Privatisierung von Flüssen wie dem Euphrat und dem Tigris werde Wasser „in ein kommerzielles Gut verwandelt, mit einem einzigen Ziel: Profit“, heißt es in einer Erklärung von Turcep, einer Plattform türkischer Umweltschutzorganisationen.

Das erste Weltwasserforum gab es 1997 in Marrakesch. Seither findet das Forum alle drei Jahre statt. Veranstalter ist der Weltwasserrat. Ihm gehören Vertreter von Regierungen, wissenschaftlichen Einrichtungen, der Vereinten Nationen und Finanzinstitutionen wie der Weltbank an, aber auch alle namhaften Großunternehmen der Wasserwirtschaft. Kritiker sehen deshalb das Weltwasserforum vor allem als eine Kontaktbörse für Regierungsvertreter und Großkonzerne, deren Hauptziel die weitere Privatisierung der Wasserversorgung sei.