afp, 22.12.2008

Berlin steigt aus Finanzierung von Staudamm in Türkei aus

Berlin (AFP) — Die Bundesregierung bereitet den Ausstieg aus der Finanzierung des Staudammprojekts Ilisu in der Türkei vor, nachdem sie ihre Auflagen durch Ankara "nicht erfüllt" sieht. Wenn der Schutz der Menschen, der Umwelt und der Kultur "nicht sichergestellt" sei, müssten die vertraglichen Bindungen aufgehoben werden, sagte ein Sprecher des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ). Die Bundesregierung suspendierte den Angaben zufolge vorerst die Verträge zur Finanzierung des Projekts. Das bedeutet, dass die Exportkreditbürgschaften auf Eis gelegt sind.

Der mehr als eine Milliarde Euro teure Ilisu-Damm, der ein 1200-Megawatt-Wasserkraftwerk antreiben soll, ist unter anderem wegen der damit einhergehenden Umsiedlung von mehreren zehntausend Menschen und der Zerstörung der alten kurdischen Stadt Hasankeyf durch den geplanten Stausee umstritten.

Am 12. Dezember sei eine 60-Tage-Frist verstrichen, nachdem die Bundesregierung eine "Umweltzerstörungsanzeige" an Ankara geschickt habe, sagte der BMZ-Sprecher. Innerhalb der Frist seien aber "die Auflagen nicht erfüllt worden". Im Gegenteil seien die Bauarbeiten und auch die Enteignungen im Staudammgebiet fortgeführt worden. Allerdings bekomme die türkische Regierung nun noch eine "letzte 180-Tages-Frist", um die Auflagen doch noch zu erfüllen.

Der Staatssekretär im BMZ, Erich Stather, sagte jedoch der "Frankfurter Rundschau", er gehe davon aus, dass das Staudammprojekt "nun keine Chance mehr hat", mit deutscher Hilfe "realisiert zu werden". Nach seinen Worten fühlt sich die Bundesregierung von der Türkei "an der Nase herumgeführt". Es sei darum die nötige klare Reaktion, die Lieferverträge zu suspendieren. "Wir lassen keine Spielchen mehr mit uns machen", sagte Stather.

Mit dem Ilisu-Staudamm soll das Wasser des Tigris auf einer 300 Quadratkilometer großen Fläche gestaut werden. Die Kreditgarantien waren an über 150 Auflagen gebunden. Darin verpflichtete sich Ankara unter anderem, ökologische Standards zu wahren. Deutschland, die Schweiz und Österreich hatten sich bereit erklärt, das Dammprojekt mit Exportgarantien abzusichern. Die Planungen reichen bis in die 80er Jahre zurück.