Voralberg Online, 10.12.2008

Aktivisten besetzten Kontrollbank wegen Ilisu-Staudamm

Etwa 25 Gegner des umstrittenen Ilisu-Staudamms in der Türkei haben am Mittwochvormittag das Gebäude der Oesterreichischen Kontrollbank (OeKB) in der Wiener Innenstadt besetzt.

Die Mitglieder der Nichtregierungsorganisationen ECA-Watch wollten damit Kontrollbank-Chef Rudolf Scholten zum Stopp des Riesenprojekts aufrufen. Nach einem mehr als einstündigen Gespräch zweier Ilisu-Gegner mit Scholten sah die Organisation ihre "Mission erfüllt". Die Kontrollbank blieb weitgehend bei ihrem Standpunkt.

Die Exportkreditagenturen Österreichs (OekB), Deutschlands (Euler-Hermes) und der Schweiz (Serv) haben die Haftung für das Projekt in Südostanatolien an zahlreiche Auflagen geknüpft. In einem im Oktober in die Türkei gesandten "blauen Brief" haben die Agenturen mit dem Ausstieg gedroht, wenn die Bedingungen nicht innerhalb von 60 Tagen erfüllt bzw. die Erfüllung glaubhaft garantiert wird. Am kommenden Freitag (12. Dezember) läuft diese Frist nun aus, so die ECA-Watch.

Laut OeKB wird diese Woche "sicher keine definitive Entscheidung" über den Verbleib oder Ausstieg aus dem Projekt gefällt, so Kontrollbank-Sprecher Peter Gumpinger zur APA. "Um den 12. Dezember" würden die drei Agenturen lediglich zu einer "ersten Einschätzung" kommen und sich mit den zuständigen Behörden austauschen. Scholten hat es laut ECA-Watch in dem Gespräch mit den Aktivisten als "sehr unwahrscheinlich" bezeichnet, dass die Türkei übermorgen "ein Go bekommt".

Wenn die entsprechenden Bedingungen diese Woche nicht erfüllt werden, gibt es laut Gumpinger zwei Möglichkeiten. Entweder die Agenturen ziehen sich aus dem Projekt zurück oder die Türkei bekommt einen weiteren Aufschub für sechs Monate. Die Verlängerung der Frist soll bei internen Verhandlungen "so gut wie beschlossen" worden sein, befürchtet Ulrich Eichelmann von ECA-Watch.

Ein weiterer Kritikpunkt der ECA-Watch in der Unterredung waren die angeblich vergangene Woche begonnenen Bauarbeiten am Staudamm. Laut ECA-Watch beweisen Filmaufnahmen, dass rund um die Uhr bis zu 1.000 Arbeiter tätig sind, der Tigris umgeleitet und eine Betonbrücke für die Baufahrzeuge errichtet wurde. Die OeKB weiß davon offiziell nichts: "Unseres Wissens sind das Infrastrukturmaßnahmen, die nichts mit dem Kraftwerk an sich zu tun haben", so Gumpinger. Ob es sich bei den Tätigkeiten um Arbeiten an dem Projekt handelt, sei außerdem Sache Deutschlands, das für den ersten Schritt, den Umleitungstunnel, zuständig sei. Wenn die Deutschen zur Einschätzung kommen, dass tatsächlich schon (illegal) gebaut wird, werde sich auch die OeKB dieser Meinung anschließen.

Gegen Mittag - "symbolisch um fünf vor zwölf" - zogen die Aktivisten wieder ab. Sie haben sich für drei Stunden in der Vorstandsetage der OeKB breitgemacht. Im Jänner soll es zu einem weiteren Treffen zwischen der NGO und Scholten kommen.