Der Standard, 15.04.2008

Glawischnig fordert Ausstieg Österreichs

Auflagen beim Ilisu-Staudamm laut Expertenbericht nicht erfüllt

Wien - Die stellvertretende Bundessprecherin der Grünen, Eva Glawischnig, und Ulrich Eichelmann von der NGO Eca-Watch haben heute, Dienstag, in einer Pressekonferenz den sofortigen Ausstieg Österreichs aus dem Ilisu-Wasserkraft-Projekt in der Türkei gefordert. Laut einem Expertenbericht habe das Projekt die Auflagen und internationalen Standards der Weltbank nicht erfüllt.

Glawischnig spricht von einem der "ökologisch und (durch die Umsiedlungen) menschlich brutalsten Projekte": "Österreich macht sich hier mitschuldig an Menschenrechtsverletzungen." 65.000 Menschen würden meist entschädigungslos vertrieben. Die Dritte Präsidentin des Nationalrats will das Thema auch parlamentarisch diskutieren und einen Antrag auf Ausstieg aus dem Ilisu-Staudamm-Projekt stellen. Glawischnig sieht von Seiten Österreichs auf den Expertenbericht keine Konsequenzen. "Hinter den Kulissen" würden die beteiligte Oesterreichische Kontrollbank und ihre Partnerorganisationen weitermachen wie bisher.

Waffe der öffentlichen Meinung

"Das Projekt kann man nicht verbessern", sondern nur eine "Beerdigung" erreichen, plädiert Eichelmann für den Stopp des Ilisu-Kraftwerk-Projekts. Die Experten würden, zur Erfüllung der Auflagen, eine Baubeginnverschiebung von zwei Jahren vorschlagen. "Das Projekt erreicht nicht einmal die chinesischen Standards. Im Umwelt- und Kulturbereich ist kein Wissen vorhanden", beruft sich Eichelmann auf den Expertenbericht. Dennoch hätte es den Anschein, als würden die Beteiligten mit dem Bau schon im Mai beginnen wollen. "Wir haben nur die Waffe der öffentlichen Meinung", so Eichelmann.

Glawischnig und Eichelmann haben am Dienstag auch eine Broschüre zum Stopp des Ilisu-Projekts vorgestellt, die an alle Nationalratsabgeordneten sowie den ressortzuständigen Mitglieder der Bundesregierung übermittelt wird.

"Es gibt Auflagen. Jetzt liegt es an der Türkei diese zu erfüllen. Diese Position nehmen auch die anderen Exportkredit-Agenturen ein", betont Peter Gumpinger, Sprecher der Oesterreichischen Kontrollbank. "In der Zwischenzeit wurden schon Maßnahmen gesetzt", so Gumpinger. Dass, alle Auflagen vor Baubeginn erfüllt würden, werde nicht erwartet, weil "viele Auflagen greifen erst beim Bau." In den nächsten Wochen wolle man "mehr Klarheit haben". "Die Türkei bekräftigt auf alle Fälle, dass sie gewillt sind", sagt Gumpinger und weiter: "Wenn die Auflagen erfüllt sind, spricht nichts gegen die weitere Involvierung (der Oesterreichischen Kontrollbank)."

Die Risikoversicherer Oesterreichische Kontrollbank (OeKB), Euler Hermes (Deutschland) und Serv (Schweiz) und der türkischen Projektbetreiber DSI in Ankara sind in das Bauprojekt des Ilisu-Wasserkraftwerks in der Südosttürkei involviert. NGOs und Umweltorganisationen in Österreich, Deutschand, der Schweiz und der Türkei setzen sich gegen den Bau des Staudamms ein. (APA)