Der Standard, 27.03.2007

VA Tech rechnet mit Baubeginn im Sommer

235 Millionen Euro Haftungsübernahme für Konsortiumsführer Andritz/VA Tech - Deutsche Züblin erhält Exportkredite in Höhe von fast 100 Millionen

Wien - Der umstrittene türkische Staudamm Ilisu wird nun doch mit großer Wahrscheinlichkeit von den Mitteleuropäern gebaut. Gerüchten zufolge haben Gespräche mit der chinesischen Konkurrenz bereits stattgefunden. Bis zum Sommer sollen nach Angaben von Alexander Schwab, Chef der VA Tech Hydro, die Formalitäten mit der türkischen Seite erledigt sein. Die Auflagen, die der türkische Bauherr, die staatliche Wasserbaugesellschaft DSI, erfüllen muss, werden erst nach positiver Zusage der Schweizer Regierung veröffentlicht.

"Wir haben den Bären noch nicht ganz erledigt", sagte Schwab am Montag gegenüber der APA. Man warte noch auf die Entscheidung der Schweizer Regierung. Diese wird bis spätestens 31. März erwartet. Mit einer Ablehnung wird nicht gerechnet. Bei Erledigung der Formalitäten mit der Türkei könnten mit Sommerbeginn die Vorbereitungsarbeiten für den Staudamm anlaufen, zeigte sich Schwab optimistisch. Zuerst müssten die Infrastrukturarbeiten wie Straßenerrichtung, Anlieferung von Baumaschinen erledigt werden, der tatsächliche Startschuss für Ilisu wäre dann etwa ein Jahr später, im Sommer 2008.

Die Oesterreichischen Kontrollbank (OeKB) hatte am Montag in einer Aussendung mitgeteilt, dass die Republik Österreich für das Staudamm-Projekt eine Haftung von insgesamt 285 Mio. Euro übernimmt. Das Projektvolumen der österreichischen Andritz/VA Tech liegt bei 235 Mio. Euro, die Haftungsübernahme durch die Kontrollbank bewegt sich bei 85 Prozent des Auftragsvolumens des Anlagenbauers. Der Rest der jetzt gegebenen Kredite entfallen auf kleinere heimische Subunternehmer.

OECD-Standards

Eineinhalb Jahre hat sich die OeKB eigenen Angaben zufolge für die Projekt-Prüfung Zeit genommen. Im Jahr 2001 wurde das mittlerweile letzte große Staudamm-Vorhaben der Türkei in Südostanatolien bereits einmal auf Eis gelegt, nachdem die damals beteiligten Firmen sich sukzessive daraus zurückgezogen haben.

Das zum überwiegenden Teil von türkischer Seite finanzierte Wasserkraftwerk am Unterlauf des Tigris erfüllt unter Einhaltung der Auflagen nach Angaben der OeKB OECD-Standards.

So muss der Bauherr DSI unter anderem Maßnahmen Kläranlagen in den großen Städten Südostanatoliens, Diyarbakir, Siirt und Batman errichten. Sie alle liegen im Einzugsgebiet der abzusiedelnden Bevölkerung. Rund 11.000 Menschen sind davon direkt betroffen. Zusätzlich müsse gewährleistet sein, dass die vom Projekt betroffenen Bevölkerungsgruppen beim Kraftwerksbau beschäftigt werden.

Die offiziellen Vertreter der Anrainerstaaten Syrien und Irak müssen umfassende Projektinformationen erhalten, um nur einige Punkte zu nennen. Die Einhaltung der Auflagen soll eine eigens gegründete Expertengruppe übernehmen.

Zwei Milliarden Euro

Wie die Nachrichtenagentur Reuters heute berichtete, umfasst der deutschen Exportanteil am türkischen Wasserkraftwerk Ilisu für die Firma Züblein 93,5 Mio. Euro. Züblin soll im Rahmen des Projekts drei Tunnel errichten. Hinzu komme eine Rückversicherung von rund 100 Mio. Euro für deutsche Zulieferungen an den österreichischen Konsortialpartner.

Insgesamt würden für den Bau Kosten von rund 2 Mrd. Euro veranschlagt. Das Projektvolumen für den Staudamm umfasst 1,2 Mrd. Euro. Zusätzlich sollen 800 Millionen Euro für die Umsiedlung der Bevölkerung in der Region und für den Schutz von Kulturgütern und Umwelt eingeplant sein.

Insgesamt wurden in Österreich, der Schweiz und Deutschland Exportgarantien für Lieferungen und Leistungen in Höhe von 450 Millionen Euro in Verbindung mit dem Vorhaben beantragt. (APA)