Der Standard, 09.03.2007

Schleusen für Ilisu offen

ehn Jahre nach Beginn der Planung gibt die Oesterreichische Kontrollbank 200 Millionen Euro Garantie für das umstrittene türkische Staudammprojekt Ilisu

Wien – Mit offiziellen Informationen knauserten Finanzministerium und Oesterreichische Kontrollbank (OeKB) am Donnerstag. Insider wussten allerdings bereits vorher zu berichten, dass der aus Abgesandten des Außen-, Wirtschafts- und Umweltministeriums sowie Sozialpartnern und Bundeskanzleramt besetzte OeKB-Beirat grünes Licht für das umstrittene Staudammprojekt Ilisu in der Osttürkei gegeben habe.

Demnach müssen die türkischen Behörden mindestens 30 der insgesamt 150 Auflagen erfüllt haben, an die die Exportkreditagenturen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz die Erteilung von Exportsicherungsgarantien für das Wasserkraftwerksprojekt im Volumen von 1,2 Milliarden Euro gekoppelt hatten. Diese Bedingungen hat die OeKB – sehr zum Missfallen diverser Umweltschutzorganisationen – bis dato nicht offen gelegt. Zu den 30 Grundbedingungen gehören laut Standard-Informationen Umsiedlungspläne für die am Oberlauf des Tigris lebende Bevölkerung (rund 11.000 Menschen), der Erhalt der Wasserqualität, Gewährleistung des Wasserabflusses an Syrien und Irak und den Erhalt der historisch einzigartigen antiken Stadt Hasankeyf.

ABkommen fehlt

Von einem Abkommen der Türkei mit dem Irak zwecks Sicherstellung der Wasserversorgung, das der irakische Wasserressourcenminister Latif Rashid immer wieder eingefordert hatte, fehlt bis dato jede Spur, detto von einer weiteren Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Wohl aber von glaubwürdigen Zusagen der türkischen Auftraggeber für deren Einhaltung und von Treffen mit den Nachbarländern, in denen technische Fragen erörtert werden sollen. Und:Internationale und türkische Experten sollen das Projekt begleiten.

Damit hat Konsortialführer VA Tech Hydro (Andritz AG), der mit 230 Millionen Euro am Ilisu-Projekt beteiligt ist, mehr als zehn Jahre nach Beginn der Planungsarbeit eine 200-Mio.-Euro-Staatsgarantie in der Tasche. Die Garantien für die Aufträge von Alstom (140 Mio. Euro) und Züblin stehen offiziell noch aus, dürften aber reine Formsache sein. (ung, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.3.2007)