Die Welt Online, 02.03.2007

Türkei

Ex-PKK-Chef Öcalan wird angeblich vergiftet

Die Anwälte des kurdischen Aktivisten präsentieren Testergebnisse, die belegen sollen, dass Öcalan in Lebensmittel oder Wasser Gift verabreicht wird. Öcalan sitzt lebenslang im Gefängnis. Das Gift soll sich bereits auf seine Gesundheit auswirken.

Der inhaftierte frühere Chef der Arbeiterpartei Kurdistans, Abdullah Öcalan, ist nach Angaben seiner Anwälte im Gefängnis vergiftet worden. Sein italienischer Anwalt Giuliano Pisapia sagte in Rom, Öcalan leide unter einer „fortschreitenden Vergiftung“. Es sei auszuschließen, dass dies auf Umwelteinflüsse zurückgehe.
Pisapia präsentierte Testresultate, wonach giftige Metalle im Haar von Öcalan gefunden worden sein sollen. Die Anwälte vermuteten, dass der ehemalige Kurdenführer das Gift durch Lebensmittel oder durch Wasser aufgenommen hat.
Die Verteidiger haben demnach Haarsträhnen, die angeblich von Öcalan stammen, an einen französischen Toxikologen geschickt. Er soll erhöhte Mengen von Chrom und Strontium gefunden haben. Seine Analyse sei auch in Oslo und Rom bestätigt worden, sagte Pisapia weiter. Öcalan leide unter Atem- und Hautproblemen. Auch sei sein Schlaf gestört. Öcalans Anwalt Mahmut Sakar verlangte, dass die Vereinten Nationen oder der Europarat eine „unabhängige medizinische Delegation“ zur Untersuchung Öcalans senden sollten.

Das türkische Justizministerium äußerte sich über die „Behauptungen“ skeptisch, kündigte aber eine Untersuchung an. In Genf stürmten rund 20 kurdische Demonstranten den Hof des Gebäudes der Vereinten Nationen, um gegen die mutmaßliche Vergiftung zu protestieren und eine internationale Untersuchung einzufordern.
Öcalan sitzt auf der Gefangeneninsel Imrali eine lebenslange Haftstrafe ab. Er war wegen „Separatismus“ ursprünglich zum Tode verurteilt worden. Die Strafe wurde dann in lebenslange Haft umgewandelt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte empfahl der türkischen Justiz im Mai 2005 eine Neuauflage des ursprünglichen Prozesses, den sie für „ungerecht“ erklärte. Ankara hat darauf nicht reagiert.