Der Standard, 20.10.2006

Ilisu: WWF fürchtet rasches Durchwinken durch Finanzminister

Der WWF Österreich befürchtet eine schnelle Entscheidung beim türkischen Ilisu-Staudamm-Projekt im Finanzministerium

Wien - Der WWF Österreich befürchtet eine schnelle Entscheidung beim türkischen Ilisu-Staudamm-Projekt im Finanzministerium, noch bevor Karl-Heinz Grasser seinen Posten möglicherweise räumen muss. "Grünes Licht" für eine Exportkreditversicherung durch die Österreichische Kontrollbank (OeKB) - unter Einhaltung von Auflagen - hat der Konsortiumsführer Andritz AG des Mega-Wasserkraftwerks bereits im September erhalten. Der WWF fordert ein unabhängiges Umweltgutachten. Der bisherige, von der Andritz AG vorgelegte UVP-Report widerspreche internationalen Standards, sagte der WWF-Wasserexperte Ulrich Eichelmann am Freitag.

Bedenken nicht ausgeräumt

Die umwelttechnischen Bedenken seien keineswegs ausgeräumt, heißt es von Seiten der Umweltschutzorganisation. Mit dem Bau des Ilisu-Staudamms am Tigris befürchtet der WWF eine ökologische Katastrophe und forderte in einer Aussendung vom Freitag das österreichische Finanzministerium erneut auf, eine unabhängige Umweltverträglichkeitsstudie für das Projekt erstellen zu lassen.

Nach Angaben der Umweltschutzorganisation habe die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH) dieses Umweltgutachten als nicht den internationalen Standards entsprechend kategorisiert. Die von der Andritz AG übernommene VA Tech Hydro hatte die Ilisu Environment Group, bestehend aus zwei Kraftwerksbauern - der Schweizer Hydro Concepts Engineering und der kanadischen Hydro Québec International - gemeinsam mit der Consulterfirma Archéotec mit der Erstellung des Umweltgutachtens für das Staudammprojekt in Südostanatolien beauftragt.

Widersprüche

"Das Gutachten ist unvollständig, gespickt mit widersprüchlichen Ergebnissen und basiert auf unzureichenden Untersuchungen. Unserer Meinung nach ist das Ilisu-Projekt nicht umweltverträglich", beurteilte Bernhard Wehrli von der ETH bereits im Frühjahr dieses Jahres. Das Ergebnis der ETH Zürich sei bis heute vom österreichischen Finanzministerium ignoriert worden, kritisiert der WWF. (APA)