Hungerstreik für Kurdistan

8000 kurdische Gefangene solidarisieren sich mit PKK-Chef.
Öcalan mahnt politische Korrekturen und Reorganisation der Arbeiterpartei an

Im Kampf mit der türkischen Regierung um seine Auslieferung hat der PKK-Vorsitzende Abdullah Öcalan weitere Rückendeckung durch
inhaftierte Landsleute erhalten. Rund 8000 kurdische Häftlinge in türkischen Gefängnissen begannen am Montag mit einem unbefristeten
Hungerstreik zur Unterstützung des Vorsitzenden der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Die Gefangenen würden nach einem Rotationsprinzip je
fünf Tage lang die Nahrung verweigern, hieß es. Nazmi Gür von der Türkischen Menschenrechtsvereinigung erklärte, damit sollten Öcalans
Bemühungen um die eigene Position und eine friedliche Lösung des Kurdenkonflikts unterstützt werden. Öcalan selbst rief seine Anhänger
unterdessen zur Aufgabe des bewaffneten Kampfes auf. In einer Sendung des in London ansässigen kurdischen Fernsehenders Med-TV
verkündete er am Sonntag abend seine Bereitschaft, die Führung der PKK abzugeben. Dabei kritisierte er auch seine eigene Partei und mahnte
politische Korrekturen und eine Reorganisation an. Er habe ernsthafte Kritik zu üben, sagte der PKK-Chef. Die verantwortlichen Führer vor Ort
müßten ihre Politik korrigieren und die Partei reorganisieren und umstrukturieren. »Die kurdischen Guerillakämpfer kämpfen seit 15 Jahren, aber
das kann nicht mehr so weitergehen«, sagte Öcalan und fügte hinzu: »Sie sollten ihre Waffen niederlegen und nach Hause gehen.« Zu seiner Rolle in
der Partei erklärte er, er sei zum Rücktritt bereit, wenn jemand anderes die Führung der PKK übernehmen wolle. Wenn nicht, werde er seine
Arbeit natürlich fortsetzen. Die der PKK nahestehende Nachrichtenagentur DEM erklärte hingegen am Montag in Ankara, der PKK-Chef habe
sich »nicht grundsätzlich« vom gewaltsamen Kampf verabschiedet. »Wenn es keine politische Lösung gibt, ist die Guerilla die Lösung«, wertete
DEM die Äußerungen Öcalans. Gegenüber der in London erscheinenden arabischsprachigen Zeitung El Hayat räumte Öcalan am Montag ein, die
PKK verfüge nicht nur über Basen in Irak, sondern auch auf iranischem Territorium. Die PKK unterhalte Konktakte zur irakischen Regierung,
jedoch »nicht auf politischer oder militärischer Ebene«. Öcalan rief Ägypten und die Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) auf, eine
politische Initiative zur Lösung des Kurdenkonflikts zu starten. (AP/AFP/jW)

© junge Welt, 15.12.98