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Sonntag, 6. Dezember 1998, 04:13 Uhr

Fischer - EU-Beitrittstermin Ende 1999 nennen

Bonn (Reuters) - Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) strebt an, daß die Europäische Union (EU) Ende des kommenden Jahres einen Termin für die
EU-Osterweiterung nennt. Fischer sagte der "Welt am Sonntag", zu diesem Zeitpunkt sei "Licht am Ende des Tunnels der Verhandlungen" zu sehen. Der genannte
Termin müsse dann aber auch wirklich konkret und dürfe kein visionäres Datum sein. Das zunächst ins Auge gefaßte Datum für die EU-Aufnahme im Jahr 2000 sei
unrealistisch: "Das glaubt niemand mehr", sagte Fischer. Neben Polen und Tschechien streben auch Ungarn, Slowenien, Estland und Zypern eine Mitgliedschaft in
der EU an.

In der Diskussion um die Nato-Sicherheitspolitik bekräftige Fischer seine Haltung zum Ersteinsatz von Atomwaffen. Über alle Aspekte der Bündnisstrategie sei
vorurteilsfrei zu sprechen, sagte er in dem Interview. Die Erörterung des nuklearen Ersteinsatzes dürfe keine Tabu sein. Fischer hatte vorgeschlagen, daß die Nato
künftig den Ersteinsatz von Atomwaffen gegen Aggressoren ausschließen soll. Bei den Nato-Partnern USA und Frankreich wie auch bei CDU/CSU und FDP war
dies auf scharfe Ablehnung gestoßen. Auch Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) hatte Distanz zu Fischers Haltung erkennen lassen.

Auf Fragen nach dem weiteren Umgang mit der Kurdischen Arbeiterpartei PKK in Deutschland lehnte Fischer eine Aufhebung des PKK-Verbots ab. Dies hatte die
Grünen- Politikerin Angelika Beer gefordert. Fischer sagte, darüber könne erst gesprochen werden, wenn die PKK "zweifelsfrei" die Waffen ablege, dem
Terrorismus abschwöre und sich PKK-Chef Abdullah Öcalan einen rechtsstaatlichen Gericht stelle. Öcalan war Mitte November in Rom aufgrund eines deutschen
Haftbefehls festgenommen worden und befindet sich derzeit unter Hausarrest. Deutschland hat auf eine Auslieferung verzichtet. Zusammen mit Italien bemüht sich die
Bundesregierung nun, Öcalan vor einen internationalen Gerichtshof zu stellen.

tms