junge Welt  07.12.1998

       »Alle Türken wollen Apos Kopf«
       Ankara und seine rechtsextremen Hilfstruppen schüren Völkerhaß

       »Seit mehr als zehn Jahren lebe ich hier in Istanbul. Meine Frau ist Türkin. Wir Kurden haben uns immer wieder um Frieden bemüht. Aber wie soll
       das gehen. Die letzten zehn Tage haben mich mehr gelehrt als zehn Jahre. Die türkische Gesellschaft hat ihren wahren Charakter gezeigt«. Halil
       stammt aus Siverek bei Urfa und betreibt mit seinem Bruder einen kleinen Teppichladen im Istanbuler Touristenviertel Sultanahmet. »Wir Kurden
       haben immer von Brüderlichkeit geredet. Aber wir haben uns Illusionen gemacht, das sind keine Brüder, sie sind schlimmer als Wölfe.«

       Seit der Festnahme von PKK-Chef Abdullah Öcalan in Rom hat eine chauvinistische Massenmobilisierung die Türkei erfaßt. Die von den Politikern
       sämtlicher staatstragenden Parteien und den Medien unisono geschürte Stimmung gegen die kurdische Bewegung hat in zahlreichen Städten der
       Türkei zu brutalen antikurdischen Ausschreitungen geführt. Landesweit wurden antikurdische Kundgebungen durchgeführt, aus denen heraus
       prokurdische Einrichtungen überfallen und verwüstet wurden. In Izmit wurde der 45jährige Lehrer Metin Yurtsever von Militanten der faschistischen
       MHP vor den Augen der Polizei so schwer verletzt, daß er im Krankenhaus seinen Verletzungen erlag. Zwei weitere Kurden überlebten
       schwerverletzt.

       In von Rechten dominierten Stadtvierteln Istanbuls sowie einigen Städten Anatoliens führten Anhänger der MHP Ausweiskontrollen durch und
       drangsalierten diejenigen Bürger, die laut Eintrag im Ausweis aus kurdischen Gebieten stammen.

       Opposition ausgeschaltet

       Parallel zu den pogromartigen Angriffen des nationalistischen Mobs führten Polizei und Spezialeinheiten landesweit Razzien gegen Büros der
       Demokratiepartei des Volkes HADEP oder der Zeitung Ülke'de Gündem durch und nahmen Masssenfestnahmen vor. Türkeiweit wurden 50
       Provinzbüros und rund 500 Kreis- oder Bezirksbüros der HADEP überfallen, durchsucht und zum Teil geschlossen. Mehr als 3 000 Personen
       wurden festgenommen. Allein in Diyarbakir wurden am Abend des 19. November über 500 Personen aus dem Umfeld der HADEP verhaftet.

       Nachdem sich die im Stadteil Baglar von Diyarbakir befindlichen HADEP-Mitglieder weigerten, der Polizei die Tür zu öffnen, brachen die
       Sicherheitskräfte in das Büro ein, indem sie die Mauer einschlugen. Alle Anwesenden wurden ohne Ansehen von Alter oder Geschlecht
       festgenommen und auf die Polizeireviere verbracht. Hier wurde der 18jährige HADEP-Aktivist Hamit Cakir zu Tode gefoltert. Mittlerweile wurde
       landesweit fast die gesamte Führungsriege der HADEP, darunter der erst vor wenigen Wochen aus der Haft entlassene Parteivorsitzende Murat
       Bozlak, inhaftiert. Auch kurdische Zeitungen und Kultureinrichtungen wurden überfallen, zum Teil verwüstet und Mitarbeiter festgenommen. Im
       Istanbuler Stadtteil Beyoglu wurden drei Mitglieder der kurdischen Musikgruppe »Koma Roj Hilat« während eines Konzertes von der Bühne weg
       verhaftet.

       Nach der Entscheidung der italienischen Regierung, Abdullah Öcalan nicht an die Türkei auszuliefern, wurden auch italienische Einrichtungen zur
       Zielscheibe der nationalistischen Ausschreitungen: Vor dem italienischen Konsulat in Istanbul sowie der Botschaft in Ankara fanden tagelang
       Demonstrationen statt, bei denen italienische Fahnen verbrannt wurden und die Teilnehmer - überwiegend aus dem Spektrum der faschistichen
       MHP - versuchten, das Gebäude zu stürmen. Vor laufenden Kameras aller türkischen TV- Kanäle zertraten Händler italienisches Obst und
       Gemüse; Schuhe, Möbel, Kühlschränke und Motorräder wurden verbrannt. An Läden und Gaststätten hingen Pappschilder: »Wir verkaufen keine
       italienischen Waren« und »kein Zutritt für Italiener«. Das italienische Gymnasium in Istanbul schloß aus Angst vor Übergriffen auf seine Schüler für
       einige Tage.

       Selbst der als liberal geltende Textilindustrielle Cem Boyner, der in der Türkei die Ladenkette der italienischen Marke Benetton betreibt, hat »aus
       Protest gegen die italienische Haltung« die Schaufenster sämtlicher Benetton- Läden schwarz verhängt. Vor vier Jahren war Boyner noch
       Shooting-Star der türkischen und internationalen Medien, als er sich mit seiner neugegründeten Partei »Neue Demokratie Bewegung« für eine
       friedliche Lösung der Kurdenfrage einsetzte. Zahlreiche Personen aus dem linken Spektrum, unabhängige Intellektuelle und Kurden hatten sich
       damals Boyners Partei angeschlossen, darunter auch Halil. Nun verkünden täglich neue Wirtschaftsvereinigungen einen Boykott italienischer Waren,
       Taxifahrer, Autohändler, Firmen und Staatseinrichtungen stornieren Bestellungen in Italien, ja sogar die Apothekerkammer beschloß, keine
       italienischen Medikamente zu verkaufen. Die Presse meldet derartige Beschlüsse jeweils wie Siegesmeldungen von der Front und erstellt
       Rekordrechnungen über die (erhofften) Einbußen, die der italienischen Wirtschaft entstehen.

       Inszenierter Pogrom

       »Es herrscht eine Stimmung wie am Vorabend der Septemberpogrome 1955« meint Metin, Buchhändler und Mitbegründer des türkischen
       Menschenrechtsvereins. »Wenn die Regierung diesen Mob nicht wieder zurückpfeift, kann etwas ganz Schreckliches passieren.« In der Nacht vom
       16. zum 17. September 1955 waren in nur einer Nacht Hunderte Läden griechischer Besitzer demoliert und niedergebrannt worden; 29 Kirchen
       wurden niedergebrannt, weitere 30 demoliert, Friedhöfe geschändet und 30 Personen griechischer Abstammung gelyncht.

       Auftakt des damaligen Pogroms war ein angeblicher Bombenangriff auf das türkische Konsulat in Saloniki, bei dem auch das benachbarte
       Geburtshaus Atatürks beschädigt wurde. Wie nach dem Militärputsch von 1960 auch gerichtlich festgestellt wurde, war dieser Anschlag im Auftrag
       der damaligen Regierung Menderes vom türkischen Geheimdienst ausgeführt worden. Andan Menderes wurde unter der kemalistischen Militärjunta
       von 1960 für dieses und andere Verbrechen zum Tode verurteilt und gehängt, interessanterweise jedoch während der 80er Jahre unter dem als
       »liberal« geltenden Ministerpräsidenten Özal rehabiliert und mit allen Ehren in der Nähe anderer Staatsführer beigesetzt. Wahrer Hintergrund der
       damaligen antigriechischen Ausschreitungen waren die Spannungen um Zypern: im Streit um die Mittelmeerinsel benutzte die türkische Regierung die
       in der Türkei lebenden Griechen mehrfach als Geiseln, um ihre Interessen gegen Griechenland durchzusetzen.

       Elena, eine in der Türkei lebende Griechin, sieht noch eine weitere Parallele zu den damaligen Ereignissen: »Die Ausschreitungen sind damals wie
       heute zentral organisiert. Damals wurden Faschisten aus Thrakien nach Istanbul verfrachtet und ihnen die griechischen Einrichtungen gezeigt. Es
       dauerte nur eine Nacht, da wurde alles zerstört. Auch die Ereignisse der letzten Tage wirken wie zentral organisiert.«

       Den Startschuß für die aktuelle Angriffswelle gegen prokurdische Einrichtungen hatte Ministerpräsident Mesut Yilmaz bereits an dem Tag gegeben,
       als die Nachricht von der Festnahme Öcalens in Italien bekannt wurde. Auf einer Massenkundgebung versprach Yilmaz dem Volk Rache an der
       kurdischen Bewegung: »Das vergossene Blut wird nicht auf der Erde bleiben«. Und er nannte die Zielscheibe: »Wir führen den Kampf ja nicht nur
       gegen die Terroristen auf den Bergen, sondern auch gegen die mit den Krawatten in den Städten.« Als nach der Entscheidung der italienischen
       Regierung, Öcalan nicht auszuliefern, der Siegestaumel der türkischen Politiker und Massenmedien über die Festnahme in aggressive Enttäuschung
       umkippte, riefen Politiker aller staatstragenden Parteien die Bevölkerung auf, »ihre nationale Gesinnung« auch öffentlich zu bekunden. Rechte
       Parteien bis hin zur »sozialdemokratischen« CHP überboten sich in der Durchführung antikurdischer und antiitalienischer Kundgebungen.

       Journalisten-Krieg

       Eine entscheidende Rolle in dieser Inszenierung spielen (wieder einmal) die türkischen Massenmedien. Zehn Tage lang versuchten Reporter und
       Moderatoren auf allen Kanälen fast rund um die Uhr, die Stimmung am Kochen zu halten. Im Sprachgebrauch aller türkischer Fernsehsender hat
       der PKK- Chef den langen Namen »Der für 30000 Morde verantwortliche mit blutigen Händen beschmutzte Bandenchef und Mörder« - selbst in
       »liberalen« Sendern fällt kein Wort davon, daß die übergroße Mehrheit der in diesem Krieg gefallenen Menschen Kurden sind, die von der
       türkischen Armee umgebracht wurden und daß es die kurdische Seite ist, die sich seit Jahren immer wieder um eine friedliche Lösung des Konflikts
       bemüht. Die antikurdischen und zunehmend auch antiitalienischen Ausschreitungen werden wieder und wieder gezeigt.

       Eine Trennung von Nachricht und Kommentar gibt es dabei nicht. »Wir - alle Türken - wollen dasselbe: Apos Kopf«, lautet der Tenor. Faschisten
       rufen vor laufender Kamera zum Bruch internationaler Konventionen und zur Folter auf. »Wenn die Italiener ihn nicht ausliefern, fahr ich selber und
       hol ihn. Und dann soll er ganz ganz langsam und qualvoll sterben.« Der Moderator lächelt und nickt zustimmend. Presseethik gibt es nicht. Der als
       Bindeglied zwischen der ehemaligen Regierungspartei DYP, der faschistischen MHP und der Drogenmafia bekannte Yasar Öz, der im Istanbuler
       Gefängnis Metris auf seinen Prozeß wartet, nahm einen italienischen Mithäftling als Geisel, um so die Auslieferung Apos zu erpressen. Nicht ein
       Journalist stellt auch nur die Frage, wieso ein Häftling über Waffen verfügt und offensichtlich einen ganzen Gefängnisblock kommandiert. Statt
       dessen führen die Sender Life-Inter- views per Telefon mit dem »geehrten Herrn Öz«, der wie ein Starpolitiker hofiert wird.

       »Ich fliege, um Apo zu holen«, schreibt der Hürriyet- Kolumnist Fatih Altayli und läßt sich noch auf der Gangway zum Flugzeug filmen, als sei er ein
       Kommandokämpfer auf dem Weg zum Fronteinsatz. Als der türkische Außenminster Cem wenige Tage später in Rom eine Pressekonferenz abhält,
       antwortet derselbe Altayli an Stelle des Ministers und hebt vor den verdutzten ausländischen Journalisten zu einer Propagandarede gegen den
       »kurdischen Terrorismus« an.

       Quasi rund um die Uhr berichten Reporter »von der Front« in Italien. Keine Lüge ist zu dumm, keine Verleumdung zu dreist, um nicht stereotyp
       wiederholt zu werden. Fernsehkanäle zeigen wieder und wieder das Fenster des Krankenhauses, in dem Apo die ersten Tage in Rom zur
       Untersuchung untergebracht war, um zu behaupten, daß dies ein Mehrbettzimmer sei und Apo dort einen Puff eingerichtet habe. Eine
       PKK-Kämpferin, die in Begleitung Öcalans mit nach Rom gereist war, wird in sämtlichen Kanälen als seine »Geliebte«, Mätresse« usw. tituliert,
       das Wohnhaus ihrer Eltern und Geschwister in Anatolien mit Adresse immer wieder gezeigt, bis die Familie die Stadt verlassen muß. Die
       Zehntausenden Kurden, die in Rom demonstrieren, werden als »Hunde« bezeichnet, italienische Politiker ebenfalls mit Schimpfworten bedacht.
       Italiens Ministerpräsident D'Alema wird durchgängig als »Maksimum Dalama« (der völlig Durchgeknallte) bezeichnet, Danielle Mitterrand als »die
       häßliche Geisteskranke« und die europäische Politik allgemein als »hinterhältig«. Der Kolumnist Bekir Coskun erklärt seinen Lesern die Haltung der
       italienischen Regierung wie folgt: »In Europa kennt man Italien als das Land der Mafia, der Kofferdiebe und Straßenräuber. Daß diese Leute Apo
       einladen und dann so tun, als hätten sie ihn festgenommen, resultiert aus ihrem einschlägigen Charakter.«

       Als die Chance, »es den Italienern mal so richtig zu zeigen«, hatten die Medien recht bald das ursprünglich für den 25. November geplante
       UEFA-Cup-Spiel Juventus Turin gegen Galatasaray in Istanbul ausgemacht. »Dies ist weit mehr als ein Fußballspiel, dies wird unser Sieg über
       Italien«, ereifert sich die Moderatorin, während in blauen Schriftbalken den Zuschauern die Slogans für das Match auf italienisch beigebracht
       werden. Doch spätestens mit der Verschiebung dieses Spiels durch die UEFA um eine Woche, da die Sicherheit der italienischen Spieler in Frage
       stand, sowie der Erfahrung türkischer Politiker, daß die von ihnen inszenierte Mobilisierung des nationalistischen Mobs, insbesondere die
       Boykottaufrufe gegen italienische Waren, die italienische Regierung in ihrer Haltung nur bestärkten und in der EU auf Kritik stießen, bemühten sich
       die Politiker eiligst, die von ihnen gerufenen Geister wieder unter Kontrolle zu bringen. DSP-Vorsitzender Ecevit rief die »Bevölkerung« auf, »ihrem
       berechtigten Anliegen« nicht durch ungesetzliche Taten zu schaden. Wieder und wieder beschworen die Fernsehsprecher nun ihre Zuschauer, sich
       beim Spiel am vergangenen Mittwoch ja diszipliniert zu verhalten, »da auch nur der kleinste Zwischenfall international unser aller gemeinsamem
       Anliegen Schaden kann«.

       »Haltet den Dieb!«

       In den letzten Tagen ist die Welle der Gewalt vorerst wieder abgeebbt. Weiterhin organisieren Militärs oder Parteien landauf landab
       Anti-PKK-Demonstrationen, doch man ist bedacht, daß es nicht erneut zu Auschreitungen kommt. Der Mob hat - vorerst - seine Aufgabe erfüllt:
       Die nationalistische türkische Einheit von »Sozialdemokraten« bis hin zu Islamisten ist wieder einmal hergestellt. Die ehemalige Ministerpräsidentin
       Tansu Ciller, deren Beziehungen zur MHP-Drogenmafia nach dem Susurluk- Unfall vor zwei Jahren ans Tageslicht kam, und Regierungschef
       Yilmaz, der vergangene Woche an einem Mißtrauensvotum scheiterte, nachdem seine Beziehungen zur Mafia ebenfalls offenkundig wurden, retteten
       zumindest ihren Kopf, indem sie sich gegenseitig vor einer beantragten Aufhebung ihrer Immunität schützen. Ausgerechnet diejenigen, die mit den
       Einnahmen aus dem Drogengeschäft eine faschistische Parallelarmee aus Spezialkommandos und Rambos unterhalten und sich dabei selbst nicht
       unerheblich bereichern, organisieren nun Anzeigenkampagnen über den angeblichen Drogenhandel der PKK in den italienischen Medien.

       Die legale kurdische Opposition wurde faktisch enthauptet, da landesweit Vorsitzende und Sprecher inhaftiert wurden. Kritische Stimmen in der
       Presse sowie die linke türkische Opposition, die nach dem Susurluk-Unfall lautstark eine Aufdeckung des faschistoiden Sumpfes innerhalb der
       Regierungsparteien gefordert und sich auch für eine politische Lösung der Kurdenfrage eingesetzt hatten, sind unter dem Druck der vergangenen
       zwei Wochen verstummt.

       Lediglich der Menschenrechtsverein IHD und einige kleinere linken Gruppierungen und Gewerkschaften nehmen in einer Pressekonferenz gegen die
       Politik der chauvinistischen Aufhetzung Stellung und warnen vor der Schürung eines türkisch-kurdischen Bruderkrieges in den Städten, der die
       gesamte Gesellschaft an den Abgrund führen würde. Öffentliche Protestaktionen gibt es nur von Mitgliedern der HADEP, welche von der Polizei
       sofort wieder zerschlagen werden.

       Die ÖDP zum Beispiel, die Freiheits- und Solidaritätspartei, die aus einem Bündnis türkischer linker Organisationen entstand und bei den Wahlen im
       Dezember 1995 gemeinsam mit der HADEP auf einer Liste für »Frieden und Brot« kandidierte, hat die »Solidarität« in ihrem Namen anscheinend
       vergessen. »Was sollen wir denn machen, sollen wir uns hinstellen, um uns verprügeln zu lassen?« entgegenet Haluk, Vorstandsmitglied der ÖDP im
       Istanbuler Stadtteil Besiktas, auf die Kritik eines kurdischen Gewerkschaftlers an der Untätigkeit der ÖDP. »Wenn ich mich hier auf der Straße
       öffentlich äußern würde«, sagt Haluk und zeigt auf die umliegenden Läden, »würden die Besitzer herauskommen und mich lynchen.«

       Letzteres stimmt nicht. Die Läden, auf die Haluk zeigt, gehören sämtlich Kurden, wie zum Teil an den Namen und Dekorationen ihrer
       Firmenschilder zu erkennen ist. Einer von ihnen ist Abdullah, der eine Papierwarenhandlung betreibt und vor sechs Jahren aus Silvan nach Istanbul
       gekommen ist. »Wovor soll ich noch Angst haben?« fragt er. Die damals als Terrortruppe von Staates Gnaden eingesetzte Hizbullah hatte ihn als
       17jährigen 50 Tage lang in einem unterirdischen Verlies festgehalten und gefoltert. »Wo soll ich denn hingehen? Unsere ganze Familie ist hierher
       geflohen. Wir haben unseren Besitz verloren und hier ganz von vorne angefangen. Hier sind wir ganz im Westen des Landes, weiter können und
       werden wir nicht gehen.«

       Nach seinen Schätzungen stellen Kurden etwa 35 bis 40 Prozent der Einwohner Istanbuls. »Einen Bürgerkriegt in den Städten würde für alle zu
       einem Blutbad führen, dieses Risiko kann auch die Regierung nicht eingehen.« Zu seinem eigenen Schutz hat er vorgesorgt und mit den kurdischen
       Besitzern der umliegenden Läden eine gegenseitige Verteidigung vereinbart. Ähnliche Vorkehrungen haben Halil und seine Nachbarn getroffen.

       Anna Chondrula