USA schicken weitere Truppen zum Golf

(ap/rk)   Die USA haben ihrer Drohung mit einem Angriff auf Irak mit der Verlegung Tausender Soldaten, weiterer
Kampfflugzeuge und Kriegsschiffe an den Persischen Golf Nachdruck verliehen. US-Präsident Bill Clinton forderte Irak
nochmals auf, wieder mit den Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten. Wegen des möglichen US-Angriffs haben die Vereinten
Nationen alle ihre Waffeninspektoren und viele Mitarbeiter des humanitären Programms aus Bagdad abgezogen. Der
UNO-Sicherheitsrat wurde für den Abend kurzfristig zu einer Sondersitzung einberufen.

                              Verteidigungsminister William Cohen unterzeichnete den Befehl für die Verlegung der Truppen. Wie Pentagon-Sprecher
                              Oberst Richard Bridges sagte, werden 129 Kampf- und Versorgungsflugzeuge zusätzlich in die Region verlegt. Darunter sind
                              auch Langstrecken- und sogenannte Tarnkappenbomber.

                              Fast 30'000 Soldaten vor Ort

                              Rund 3000 US-Soldaten werden nach Kuwait geschickt. In der Region werden auch die Batterien mit
                              Raketenabwehrraketen des Typs Patriot verstärkt. Derzeit befinden sich schon 23'500 US-Soldaten, 173 Flugzeuge und 23
                              Kriegsschiffe in der Golfregion. Von den Schiffen sind acht mit Marschflugkörpern des Typs Tomahawk ausgerüstet, die bei
                              einem Angriff vermutlich zum Einsatz kommen.

                              Das US-Aussenministerium warnte die Bürger vor Reisen in den Nahen Osten. US-Bürger, die sich in Israel und den
palästinsischen Gebieten aufhielten, wurden aufgerufen, angesichts der Spannungen abzureisen. Die Gefahr für US-Bürger wachse, hiess es. Das Personal an den
diplomatischen Vertretungen in Israel und Kuwait sollte auf das notwendige Mass reduziert werden.

Die UNO-Mitarbeiter verliessen Bagdad am heute morgen in aller Eile. Verwirrung herrschte über die Zahl des abgezogenen Personals, das erst in der Nacht vom
Leiter der UNO-Sonderkommission Unscom, Richard Butler, informiert wurde. Nachdem erst von 400 Mitarbeitern die Rede war, teilten die Vereinten Nationen
später mit, es seien zunächst mehr als 200 Mitarbeiter abgezogen worden. Der Abzug sei eine eindringliche Empfehlung der USA gewesen, sagte Butler in New
York. Auch sei das Klima in Irak "immer feindlicher" geworden.

So verliessen alle Waffeninspektoren Bagdad. Im Norden des Landes in den Kurdengebieten waren aber noch Unscom-Beobachter im Einsatz. Von den rund 450
Mitarbeitern der humanitären Organisationen der UNO verliessen zunächst 130 Irak, 40 sollen am Donnerstag folgen. Zurück blieb unter anderen der Leiter der
humanitären UNO-Programme in Irak, der Deutsche Hans von Sponeck.

Fischer dringt auf diplomatische Lösung

Clinton begründete die Angriffsdrohung gegen Irak damit, dass das Land ohne die Kontrollen der UNO innerhalb weniger Monate sein militärisches Potential wieder
aufgebaut haben könnte. Die Glaubwürdigkeit des Sicherheitsrats als Kraft, die Frieden und Stabilität garantieren könne, wäre auf Dauer schwer beschädigt.

Der deutsche Aussenminister Joschka Fischer appellierte an die russische Regierung, ihre traditionell guten Beziehungen zu Bagdad für eine diplomatische Lösung der
Irak-Krise zu nutzen. Bei einem Gespräch mit dem russischen Aussenminister Igor Iwanow wies Fischer in Moskau darauf hin, dass die Situation in den westlichen
Hauptstädten als sehr ernst eingeschätzt werde. Saddam Hussein müsse klargemacht werden, dass sich die USA alle Optionen offenhielten, auch die eines
militärischen Eingreifens. Ein Militärschlag aber würde die UNO-Kontrolle des irakischen Waffenprogramms dauerhaft beenden.
(blue windows, 12.11.98)