DIE WELT, 2.11.1998

War es doch Brandstiftung?
Schweden trauert um die 60 Opfer von Göteborg

Von INGRID RAAGAARD
Kopenhagen ­ Ahmed al Mofti ist kurdischer Krisenmitarbeiter in Göteborg. Seit der Brandkatastrophe in der Nacht zum Freitag, als 60 Jugendliche bei einem Diskotheksbrand ihr Leben verloren und 161 zum Teil schwer verletzt wurden, steht er als gläubiger Moslem allen betroffenen Angehörigen zur Verfügung. Er versucht zu trösten, auch wenn die Trauer der Eltern kaum abzubauen ist. Obwohl er so Zeuge vieler menschlicher Tragödien wird, kann er in dieser verzweifelten Situation noch etwas Positives erkennen: „Alle in Schweden sprechen fast nur von den Toten als schwedische Jugendliche. Als Ministerpräsident Persson dann in seiner Rede sogar ausschließlich von ,schwedischen Jugendlichen’ sprach, empfand ich einen Moment lang sogar Freude. Man erlebt im Moment ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl.“
Am Ort des Geschehens, in einem Vorort von Göteborg, brannten am Wochenende Hunderte von Kerzen, zahlreiche Blumensträuße wurden niedergelegt. Die Sonderkommission, zu der 170 Beamte gehörten, ist der Brandursache noch nicht auf die Spur gekommen. Nur eines wurde deutlicher und deutlicher: Eine Brandstiftung kann nicht mehr ausgeschlossen werden. Die schwedische Zeitung „Expressen“ behauptete sogar, daß die Polizei einen Augenzeugen gefunden hatte, der die Brandstifter gesehen hat. Kommentieren wollte die Soko das gestern nicht. Polizeisprecher Mats Glansberg: „Man muß sehr, sehr aufpassen, bevor man was Definitives sagt.“
Die Aussage des Diskjockeys Zuhir Hersi (16) wird aber trotzdem seit Samstag besonders gründlich untersucht. Zuhir: „Mein Freund Robert roch Rauch, ich öffnete den Notausgang zur Treppe. . ., alles stand in Flammen.“ Robert kann das nicht mehr bestätigen, er starb in den Flammen, als er aus einem der vergitterten Fenster klettern wollte und von einem verzweifelten anderen Jugendlichen wieder nach unten gezogen wurde. Die Feuerwehr bestätigte gestern, daß die Treppe vor dem Notausgang besonders stark brannte.