Main-Echo 1.11.1998

50 kurdische Häftlinge in der Türkei im Hungerstreik

Ankara. Etwa 50 kurdische Häftlinge eines Hochsicherheitsgefängnisses in der osttürkischen Provinz Erzurum sind in den Hungerstreik getreten. Wie der Vertreter
der Türkischen Menschenrechtsgesellschaft (IHD) in Erzurum, Abdurrahim Firat, am Sonntag der dpa sagte, begann der Protest am vergangenen Donnerstag nach
Zusammenstößen mit dem Wachpersonal. Dabei seien 26 Gefangene und eine nicht genannte Zahl von Wärtern verletzt worden.

Die Mehrzahl der Hungerstreikenden sitze wegen ihrer Mitgliedschaft in der militanten Separatistenorganisation Kurdische Arbeiterpartei (PKK) ein. Die Häftlinge
hatten dagegen protestiert, daß ihre Fälle vor den Staatsicherheitsgerichten verhandelt werden, die nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
nicht unabhängig sind.

»Die Gefangenen verlangen, daß sie in ihre Zellen zurückkehren können, ihre verletzten Mithäftlinge in Krankenhäusern behandelt und die Wärter, die an der
Niederschlagung der Proteste beteiligt waren, juristisch zur Rechenschaft gezogen werden«, erläuterte Firat.

Dagegen sagte der Direktor des Gefängnisses, Numan Eroglu, die Proteste der kurdischen Insassen gegen die Staatssicherheitsgerichte seien nicht gerechtfertigt
gewesen. »Die Häftlinge wollen nur immer wieder auf sich aufmerksam machen«, meinte er nach Angaben der halbamtlichen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu.

Anadolu berichtete ferner, der türkische Justizminister Hasan Denizkurdu habe dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte mangelnde Objektivität
vorgeworfen. Bei dem Gerichtshof in Straßburg seien 2400 türkische Fälle anhängig. Das belaste die Beziehungen Ankaras zur Europäischen Union. Die Türkei ist
bereits mehrfach zu Entschädigungszahlungen verurteilt worden.