Solidarität mit kurdischem Deserteur

Bündnis gegen Abschiebung: Versuch, das Leben des abgeschobenen Familienvaters zu retten
Heute beginnt vor dem türkischen Militärgericht in Izmir der Prozess gegen den kurdischen Deserteur Abdul Menaf Düzenli. Dies hat ein Schreiben des in der Türkei für Düzenli tätigen Anwalts Ercan Demir ergeben. Demir informierte den Mutterstadter Arbeitskreis „Solidarität mit Ausländern“ darüber, daß Düzenli eine langjährige Haftstrafe zu erwarten habe. Damit sei nach Ansicht des Mannheimer Bündnisses gegen Abschiebung das Leben des Abgeschobenen in höchster Gefahr.
Trotz zahlreicher Proteste war Düzenli, so das Bündnis, mit seiner schwangeren Frau und den drei Kindern am 14. Juli von einem Polizeiaufgebot in Kirchenräumen in Mutterstadt festgenommen und, wie Sprecher Karl-Heinz Royen erklärte,gewaltsam in die Türkei abgeschoben worden.
Royen und seine Kollegen vom Bündnis gegen Abschiebung verstehen die Welt nicht mehr. „Dieser Prozeß ist doch ein eindeutiger Beweis, daß die Ablehung des Asylantrags ein Fehler war“, so Royen. „Landrat Bartholome und Innenminister Zuber, die entscheidend mitverantwortlich für die Abschiebung sind, wollen mit falschen Behauptungen dieses krasse Fehlurteil des Verwaltungsgerichts Neustadt aber herunterspielen“, so Royen weiter.
Eine Delegation habe in der Türkei sowohl mit Frau Düzenli sowie mit Freunden, die ihn im Gefängnis besuchen durften, gesprochen. Er sei danach zwar nicht gefoltert, aber geschlagen worden. Sein türkischer Rechtsanwalt Demir teilte in dem Schreiben weiter mit, daß den Familienvater neben diesem heutigen Prozeß ein weiteres Verfahren am 10. November vor dem türkischen Staatssicherheitsgericht bevorstehe. Das Bündnis sieht das Leben Düzenlis als gefährdet an.
Während Düzenlis Anwalt in Deutschland derzeit versucht, nachträglich für den Abgeschobenen und seine Familie Asyl zu erreichen, erklären Vertreter des Bündnisses gegen Abschiebung, sie versuchten verzweifelt, das Leben des Kurden zu retten. „Wir werden nicht aufhören auf diese Mißstände aufmerksam zu machen,“ versicherte Royen. „Nur wenn wir aus Deutschland zeigen, daß wir nicht nachgeben, ist Düzenli in der Türkei sicher.“ Zwar habe er wenig Hoffnung, den Kurden wieder nach Deutschland zu holen, doch wenigstens seiner Familie könne vielleicht aus der Not geholfen werden. Zwei Mahnwachen machten gestern auf das Schicksal der Familie aufmerksam.
Mannheimer Morgen, 23.10.98