Saarbrücker Zeitung 20.10.98
Es geht weiter
Über zwei Monate harrt kurdische Familie im Kirchenasyl aus

Auch gut zwei Monate nach ihrer Flucht in die Obhut des Blieskasteler Klosters zeichnet sich für die Kurdin Fatma Yesin und ihre vier Kinder kein Ende des Kirchenasyls ab.
Blieskastel/Saarbrücken (ag). Familienvater Hassan Yesin und die beiden ältesten Kinder Hüsseyin und Zahide waren in der Nacht vom 2. auf den 3. August von der Polizei in die Türkei abgeschoben worden (wir berichteten). Der zur Fahndung ausgeschriebene Rest der Familie war daraufhin untergetaucht, bis Fatma Yesin mit ihren Kindern schließlich am 14. August ins Kirchenasyl flüchtete.  „Obwohl es uns nicht um die Gewährung von Asyl geht, sondern um die Zukunft der hier in Deutschland vollkommen integrierten Kinder“, argumentiert Ünal Kurtdogmus, ein Freund der Familie, „gibt es gerichtlich wohl keinen Weg mehr.“ Das machte auch das Innenministerium in Saarbrücken deutlich: „Die Rechtsmittel sind ausgeschöpft“, hieß es auf Anfrage unserer Zeitung.  Außerdem müsse klar sein, daß es so etwas wie ein „Gnadenrecht“ des Innenministers nicht gebe. Mit Blick nach Bonn machte die Pressestelle des Innenministeriums indessen auf einen Hoffnungsschimmer für die Kurden aufmerksam: Die neue Bundesregierung erwäge nämlich früher oder später eine Änderung des Ausländerrechts.  Dabei gehe es insbesondere um mehr Handlungsspielraum bei den sogenannten „Altfällen“, wozu denn auch die Familie Yesin gezählt wird. Nicht weit genug geht dies dem Unterstützerkreis aus rund 25 Blieskasteler Bürgern, der unter anderem die Versorgung der Yesins mit Lebensmitteln und die Bereitschaft zweier ortsansässiger Ärzte organisiert hatte. „Jeden Tag kommt ein Lehrer vorbei und lernt mit den Kindern“, beschreibt Ünal Kurtdogmus die noch immer anhaltende Hilfsbereitschaft. Ständig hätten die Yesins in ihrem Kellerraum Besuch von Verwandten und Freunden.  Die Kinder spielen jetzt auch im Klostergarten, da sie sich hier sicher fühlen. Der Schulunterricht, das Fußballtraining und ähnliches sind jedoch nach wie vor unmöglich.  „Gesundheitlich und auch moralisch ist eigentlich alles in Ordnung“, weiß Kurtdogmus, „wenn auch immer wieder einmal Tränen fließen.“
Große Hoffnungen setzt Familie Yesin nun auf einen Antrag auf „Erziehungshilfe“. Damit soll erreicht werden, daß zumindest die drei ältesten Kinder bei Pflegeeltern unterkommen, so Kurtdogmus. Der erste Antrag sei vom Saarpfalz-Kreis bereits abgelehnt worden; das Widerspruchsverfahren laufe noch.
Der Yesin-Unterstützerkreis trifft sich jeden Dienstag um 18.30 Uhr im Blieskasteler Gasthaus Schwalb.