Die Presse, Österreich, 8.10.1998
„Krieg gegen Syrien dauert nur einen Tag“
Die türkische Armee gefällt sich in Drohgebärden gegen Damaskus.
ANKARA (ag.). Ungeachtet internationaler Vermittlungsbemühungen läßt Ankara im Konflikt mit Damaskus weiter die Muskeln spielen. Ein Krieg gegen Syrien würde nur einen Tag dauern, protzte der türkische Verteidigungsminister Ismet Szegin. „Wir wollen aber keinen Krieg und geben der Diplomatie noch eine letzte Chance.“
Ägyptens Präsident Hosni Mubarak hat der Nahost-Region mit seiner Vermittlungsmission zumindest eine kurze Atempause verschafft. Ob jedoch die Kontrahenten auf seinen Vorschlag eingehen und Direktgespräche aufnehmen, ist fraglich: Zunächst hat keine der beiden Seiten Bereitschaft signalisiert.
Mubarak legte in der Nacht auf Mittwoch einen Zwischenstopp in Damaskus ein, um den syrischen Präsidenten Hafis al-Assad von seinen Gesprächen in Ankara zu unterrichten.
Die Türkei hatte zuletzt Syrien ultimativ aufgefordert, die Kurden-Guerilla nicht länger zu unterstützen. PKK-Chef Abdullah Öcalan müsse ausgeliefert, die PKK-Lager in dem von der syrischen Armee kontrollierten ostlibanesischen Bekaa-Tal müßten zerschlagen werden.
Die türkische Armee gibt sich siegesgewiß: „Wenn es zu einem Krieg kommt, würden wir morgens in Syrien einmarschieren und mittags schon in Damaskus sein“, zitierte die Zeitung „Hürriyet“ einen ranghohen türkischen Offizier. Syrien sei ein „Waffenfriedhof“ mit völlig überalteten Flugzeugen und Panzern aus sowjetischer Produktion.