junge Welt 19.09.1998

       Hoffnungszeichen in Köln
       Verwaltungsgericht bejaht Asylanspruch eines kurdischen Flüchtlings

       Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit« einer Asylentscheidung des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge bat die erste
       Kammer des Verwaltungsgerichts Köln. Am 17. September ordnete das Gericht deshalb an, daß die Abschiebung des kurdischen Flüchtlings
       Salman Dönikli »nicht vollzogen werden darf«. Dönikli, der Ende Juni in Leverkusen verhaftet wurde und auf Antrag der dortigen
       Ausländerbehörde seitdem in der Abschiebehaftanstalt Büren inhaftiert war, sollte in die Türkei abgeschoben werden, weil das Bundesamt seinen
       Asylfolgeantrag abgelehnt hatte.

       Dönikli hatte sich seit Februar aus Angst vor seiner Abschiebung in die Türkei an den Protestaktionen illegalisierter kurdischer Flüchtlinge in Köln
       beteiligt. Er ist damit der zweite Flüchtling, dessen Abschiebung aus dem von »Kein Mensch ist illegal« und dem »Ökumenischen Netzwerk Asyl in
       der Kirche« unterstützten Wanderkirchenasyl gerichtlich aufgehoben wurde. Anfang Juni kam bereits Süleyman Yadirgi aus dem Abschiebehaft frei.
       Seine zweite Flucht und anschließende Verhaftung hatten für Schlagzeilen gesorgt, denn schon im März war er trotz seiner Beteiligung am
       Wanderkirchenasyl verhaftet und in die Türkei abgeschoben worden, wo ihn Polizisten tagelang verhörten und folterten. »Die damalige
       Abschiebung von Süleyman Yadirgi hat beim jüngsten Beschluß des Verwaltungsgerichts eine entscheidende Rolle gespielt«, erklärt Martin Rapp,
       Geschäftsführer des Ökumenischen Netzwerks, gegenüber jW.

       Die Urteilsbegründung im Fall Dönikli hebt erstmals hervor, daß die politischen Aktivitäten im Rahmen des Wanderkirchenasyls »nicht von
       vornherein in die Kategorie

       >niedriges Profil< eingestuft werden können«. In deutschen

       Medien war die Beteiligung Döniklis an Protestaktionen auf zahlreichen Bildern dokumentiert worden, was er vor Gericht »durch Vorlage von
       Fotografien« belegen konnte. Auch in der Türkei hatten die Medien ausführlich über das Wanderkirchenasyl berichtet. Die exponierte exilpolitische
       Betätigung Döniklis war maßgeblich für die Entscheidung der Verwaltungsrichterin Willerscheid-Weides, dem Asylfolgeantrag nun stattzugeben.

       Unterdessen sind die mittlerweile über 200 kurdischen Flüchlinge im Wanderkirchenasyl weiteren Repressionen ausgesetzt. Am Donnerstag nahm
       die Polizei entgegen der Absprachen zwischen der Ausländerbehörde Köln und dem evangelischen Superintendenten am Hauptbahnhof zwei
       kurdische Illegalisierte fest, die in einer evangelischen Gemeinde im Stadtteil Klettenberg Zuflucht gefunden hatten. Für die härtere Gangart in der
       jüngsten Zeit machen Unterstützer den Kölner Oberstadtdirektor Heugel verantwortlich, der in einer vor kurzem erlassenen Anweisung Kölner
       Behörden auffordert, den Amtshilfeersuchen anderer Ausländerbehörden unverzüglich nachzukommen. Damit unterläuft der Oberstadtdirektor -
       ohne die Gemeinden vorher informiert zu haben - die getroffenen Absprachen, denn einige der kurdischen Flüchtlinge sind aus anderen
       Bundesländern nach Köln gekommen, um sich am Wanderkirchenasyl zu beteiligen.

       Bei Amtshilfeersuchen muß die Kölner Ausländerbehörde nun verstärkt den Entscheidungen anderer Ausländerbehörden nachkommen. Nach den
       Angaben der Unterstützer liegen jedoch für die beiden am Donnerstag in Köln Festgenommenen keine »Fahndungsersuchen« vor, und es kann mit
       einer baldigen Entlassung gerechnet werden.

       Gerhard Klas