Arbeitskreis Asyl
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      Pressemitteilung

      Friedenskarawane TeilnehmerInnen vor Abfahrt verhaftet

      Am 1. September 1998 sollte anläßlich des diesjährigen internationalen
      Antikriegstages auch in Diyarbakir eine Veranstaltung stattfinden, an der
      Menschen aus allen Teilen der Türkei teilnehmen wollten. Vorgesehen war, daß
      die TeilnehmerInnen in Friedenskara- wanen nach Diyarbakir fahren. In Istanbul
      wollten heute, 31.8.1998, mehrere hundert Menschen mit Bussen um 10.30 Uhr
      abfahren. Die Polizei verhinderte jedoch, daß die Busse die zentrale
      Abfahrtsstelle überhaupt erreichten. Rund 200 TeilnehmerInnen, darunter auch
      Kinder,  wurden durch die Polizei festge- nommen und befinden sich zur Zeit in
      Gefangenentransportern. Bei den Festnahmen wurden rund 30 verletzt. Unter den
      Festgenommenen befinden sich die stellvertretende Vorsitzende des türkischen
      Menschenrechtsvereins IHD, Rechtsanwältin Eren Keskin und der Rechtsanwalt
      Osman Baydemir. Die Verhafteten wurden mit roher Gewalt und Einsatz von
      Knüppeln in die Gefangenentransporter hineingeprügelt.
      Unbestimmten Angaben zufolge griff die Polizei ebenso den Mesopotamischen
      Kulturverein an und verhaftete wahllos Menschen, darunter auch die Tochter
      von Musa Anter, Dicle Anter.
      In Diyarbakir wurden 3 Italiener verhaftet, die mit einer
      Menschenrechtsdelegation sich dort aufhielten.

      Im folgenden dokumentieren wir die Pressemitteilung des türkischen
      Menschenrechtsvereins IHD Istanbul vom 31.8.1998.
       

      Zum Weltfriedenstag am 1. September und der sich anschließenden Friedenswoche
      hatte der IHD, wie auch im vergangenen Jahr, unter dem Motto "Wenn jetzt kein
      Frie- den, wann dann?", beschlossen, von Istanbul aus Friedensbusse nach
      Diyarbakir zu senden. Dieses friedliche Vorhaben wurde mit Brutalität
      beantwortet und die MitarbeiterInnen und Mitglieder des IHD, sowohl in der
      Zentrale, als auch aus weiteren Städten, sowie MitarbeiterInnen von sich
      beteiligenden Organisationen, wurden unter Gewaltanwen- dung in
      Polizeigewahrsam genommen.

      Wir wollen Frieden....
        weil 40.000 Menschen gestorben sind. Wir wollen, daß keine Menschen sterben
        weil sorgenvolle Mütter, die ihre Kinder zum Militär schicken müssen, ihre
        Kinder nicht als Leichen zurückbekommen wollen
        weil wir nicht wollen, daß in diesem Krieg weiter türkische und kurdische
        Jugendliche sterben
        weil 3.000Dörfer zerstört und 3 Millionen Menschen aus ihrem
        Zuhause und ihren Dörfern vertrieben wurden
        weil durch die Investitionen für die Aufrüstung das Brot noch teurer
        geworden ist
        weil die Türkei aufgrund der Menschenrechtsverletzungen "nachsitzen" muß
        weil die Menschen wegen des Krieges unglücklich und hoffnungslos sind

      Wir, die Menschenrechtsverteidiger wollen aus diesen Gründen keinen Krieg, wir
      wollen Frieden. Mit der Fahrt der Friedensbusse wollen wir noch einmal unsere
      Friedensforderungen zur Sprache bringen und zum Ausdruck bringen "Wenn jetzt
      kein Frieden, wann denn dann?" Dies hat man nicht erlaubt. Wir wissen, daß die
      kriegsprovozierenden Räuberbanden in Yüksekova (die Kreisstadt des Bezirks
      Hakkari, in der sogar durch den türkischen Staat die Tätigkeit einer krimi-
      nellen Vereinigung aus Offizieren, Mitarbeitern von Spezialeinheiten und
      Dorfschützern, aufgedeckt wurde, deren Geschäft Mord, Rauschgifthandel,
      Erpressung usw. war - Erläuterung durch die Übersetzer) sitzen, die Güclükonak
      (ein Ort, in dem 11 Personen in einem Kleinbus erschossen und dann verbrannt
      wurden, Erklärung durch die Über- setzer), verursachten und Miturheber des
      Attentats auf Akin Birdal sind. Aber diese kriegsprovozierenden Kräfte laufen
      frei herum. Die für den Frieden wirkenden MitarbeiterInnen des IHD, Eren
      Keskin, Osman Baydemir, Ercan Kanar, Turan Il, Hadep-Mitarbeiter Bahattin
      Günel, Mahmut Sakar, ÖDP-Mitarbeiterin Ayla Yildirim, EMEK-Mitarbeiter Mustafa
      Yalciner, KESK-Mitarbeiter Cegiz Uzuner sowie etwa 200 Personen, befinden
      sich im Polizeigewahrsam. Die Haltung des Staates ist unverständlich, wo doch
      auf der ganzen Welt Friedensforderungen gestellt werden, wissen die
      Regierenden, die zum 75. Jahrestag der Republik Erklärungen zur Einheit und
      zum Zusammenhalt abgeben, dann nicht selber um die, die in jüngster Zeit die
      Teilung der Gesellschaft herbeiführen. Wenn die Regierenden der Republik eine
      auf Einheit, Freiheit und Gleichheit beru- hende Gesellschaft wollen, müssen
      sie die Friedensforderungen aus ihrer Umwelt hören und auf Gewalt verzichten.
      Die Verantwortlichen halten sich nicht einmal an ihre ungenügenden und daher
      antidemokratischen Gesetze. Die Meinungsfreiheit und das Recht auf
      Freizügigkeit werden ebenfalls behindert. Sie können weiter Straftaten
      begehen. Wir werden entschlossen weiter für den Frieden, die Freiheit und die
      Demokratie eintreten.

      Für weitere Informationen stehen Ihnen zur Verfügung AK Asyl, 0441/ 1 56 62
      und Knut Rauchfuß, Medizinische Flüchtlingshilfe, Telefon 0171-7127375.