Özgür Politika, 23.01.2002

Muttersprache demokratische Forderung

Interview mit PKK-Präsidialratsmitglied Mustafa Karasu zur Muttersprachenkampagne und den jüngsten Entwicklungen in der Innen- und Aussenpolitik der Türkei

Von Nurdogan Aydogan

Was können Sie zum momentanen Entwicklungsstand der Aktionen für muttersprachlichen Unterricht sagen?

Es ist falsch, Sprache nur als Kommunikationsmittel zu betrachten. Sprache hat auch eine Seele. Sprache und Kultur beinhalten die Besonderheiten eines Volkes. Das Kurdischsein und die kurdische Kultur kann in bester Form in der kurdischen Sprache ausgedrückt werden. Man kann es auch in einer anderen Sprache machen, aber dabei kommt der wirkliche Geschmack nicht zur Geltung. Jedes Wort, jeder Satz und jede Betonung steht in Verbindung mit den Besonderheiten des kurdischen Volkes. In diesem Sinne muss [der Einsatz für die kurdische Sprache] als Teil des "Identitätsbekenntnisses" betrachtet werden. Dieses Identitätsbekenntnis lediglich auf die Studierenden zu begrenzen, bedeutet eine Einschränkung der Kampagne. Es ist wichtig, sie auf eine breitere soziale Basis zu stellen. Beispielsweise können Schilder und Etiketten von Läden und Handwerkern ausser auf türkisch auch auf kurdisch beschriftet werden. Auch an offiziellen Arbeitsplätzen kann die gesamte Unterhaltung auf kurdisch stattfinden. Wenn die Schulen und Erziehungsberechtigten zum Motor dieser Kampagne werden, kann ihr Einfluss in jeder Hinsicht noch umfassender werden. SchülerInnen der Mittelschulen und Gymnasien können zur Kampagne beitragen, indem sie ausserhalb des Unterrichts ausschliesslich kurdisch sprechen. Damit wird sowohl eine Aktionsform für muttersprachlichen Unterricht geschaffen als auch das gründlichere Lernen der kurdischen Sprache gesichert.

Es wäre unzureichend, die Frage des muttersprachlichen Unterrichts lediglich als eine Forderung hervorzubringen und ihre gesetzliche Garantierung zu verlangen. Der Staat kann zu diesem Thema auch aktiv werden, ohne das offiziell zu machen und gesetzlich festzulegen. Denn es gibt Dinge,die das Volk selbst einfach in die Tat umsetzt. Demokratische Rechte bekommen meistens eine gesetzliche Form, nachdem sie inoffiziell durchgesetzt worden sind. Zunächst wird das Innere dieser Art von Gesetzen gefüllt. Sie fangen praktisch an zu existieren, auch wenn es sie offiziell noch gar nicht gibt. Später erhalten sie unausweichlich ihren Platz in der Ordnung der Gesetze. Einseitige Herangehensweisen im Kampf für soziale und kulturelle Rechte verursachen eine Einengung des Kampfes. Richtig ist es, auf der einen Seite die Forderungen in die Praxis umzusetzen, und auf der anderen Seite dafür zu kämpfen, dass sie juristisch anerkannt werden. Wenn nur darauf gesetzt wird, dass etwas vom Staat erlaubt wird, bedeutet dies eine falsche Erwartungshaltung gegenüber dem Staat. Wenn wir es nicht schaffen, uns durch die Praxis auf die Tagesordnung zu bringen, bleibt auch der Kampf um einen Platz in der juristischen Ordnung schwach. Deshalb sollten in den Städten und Dörfern praktische Schritte unternommen werden, die dem Erlernen der kurdischen Sprache, ihrer Entwicklung zu einer Ausbildungs- und Kultursprache dienen. Lese- und Kulturstuben sollten weiter verbreitet werden. Es können eigene Unterrichtsräume zum Erlernen der kurdischen Sprache eingerichtet werden. Die Gesetze stellen dabei kein Hindernis dar. Und wo sie es doch tun, ist der tatsächliche Praktizierungskampf ein wichtiger Teil des Demokratie-Kampfes. Der Muttersprachenkampagne fehlt im Moment die Basis der Praktizierung. Deshalb kann sie auch nicht weiter an Einfluss gewinnen.

Wie bewerten Sie die Herangehensweise insbesondere der entsprechenden Kreise der Türkei an die Kampagne?

Die Forderung nach muttersprachlichem Unterricht entspricht der Forderung nach Demokratisierung der Türkei. Das geht nicht nur die KurdInnen etwas an, sondern alle, die in der Türkei leben und eine Sehnsucht nach Demokratie verspüren. Ein Regime, das nicht einmal die kurdische Sprache tolerieren kann, kann auch keine Rechte für andere Menschen oder die Gesellschaft ertragen. Die enge Verbindung zur Demokratie ist deutlich. Bereits unser Freund Mihri Belli, der um diese Realität weiss und sein ganzes Leben der demokratischen Revolution der Türkei gewidmet hat, hat festgestellt: "Die Forderung nach muttersprachlichem Unterricht entspricht der Forderung nach Demokratisierung der Türkei." Dementsprechend muss die Forderung nach muttersprachlichem Unterricht genauso wie das Identitätsbekenntnis als auf Demokratisierung ausgerichtet betrachtet werden und die demokratischen Kräfte der Türkei müssen sich dafür einsetzen. Und damit kann endlich Bewegung in die Demokratiefrage der Türkei gebracht werden.

Es wäre falsch, bereits heute davon auszugehen, dass das Demokratieproblem durch eine Vereinigung im Rahmen eines bis in alle Einzelheiten vereinbarten Programmes gelöst werden kann. Unzweifelhaft wird sich die Herausbildung einer demokratischen Mentalität zu einem wichtigen Thema auch auf andere Fragen auswirken, und dies besonders, wenn es sich um ein so grundlegendes, verleugnetes Tabuthema handelt wie die kurdische Identität. Die Beendigung der Repression und die Aufhebung der Behinderungen der kurdischen Sprache kommen einer Aufhebung der grössten Schande der Türkei gleich. Keine Regierung hat das Recht, diese Schande fortzusetzen. Das türkische Volk kann sich nicht zum Partner dieser Schande und Scham machen. Um diese Schande zu beenden, hätten eigentlich die demokratischen Kräfte der Türkei und die türkischen Intellektuellen die Vorhut bilden müssen. Denn ein solches Verbot ist von der Beschaffenheit, vor allem die türkische Identität zu beschmutzen und auf türkischer Seite einen Persönlichkeitsverfall hervorzurufen. Auch wenn es so bis jetzt noch nicht konkret ausgedrückt worden ist, bedeutet das Versagen in der türkischen Persönlichkeits- und Identitätsfindung gleichzeitig das Unvermögen, eine Beziehung und Kommunikation mit den Völkern und Kulturen aufzubauen, mit denen sie leben.

Was können Sie zu den Festnahmen und Verhaftungen sagen, die einhergehend mit dem Rundschreiben des Innenministers und trotz der Verfassungsänderung stattfinden?

In der Verfassung gab es den Begriff "verbotene Sprachen". Mit der vollzogenen Änderung ist dieser Begriff abgeschafft worden. Wie wir wissen, wurde die Verfassung nicht einhergehend mit einer Mentalitätsänderung, sondern als Ergebnis inneren und äusseren Drucks geändert. Dafür wurde eine scheinbar juristische Sprache verwendet, die nur dazu dient, alles im Ungewissen zu halten. Deshalb kann nicht gesagt werden, dass muttersprachliche Ausbildung gesetzlich garantiert worden ist, sondern lediglich davon gesprochen werden, dass ein Hindernis auf dem Weg zur Durchführung muttersprachlichen Unterrichts überwunden worden ist. Nach wie vor wird die Verwendung als Unterrichtssprache an offiziellen Schulen behindert. Jedoch kann in der Praxis oder durch Gründung ziviler Einrichtungen ein Schritt für muttersprachlichen Unterricht unternommen werden. Auch eine solche Initiative wird behindert werden. Aber die jüngsten Änderungen geben die Möglichkeiten, diese Hindernisse zu überwinden. Ob die Verfassung nun muttersprachliche Ausbildung ermöglicht oder nicht, ist eine Frage für sich. Aber die Festnahmen finden statt, weil Gesuche eingereicht werden. Es mag ja sein, dass aus der Verfassung hervorgeht, dass an den Schulen keine andere Sprache als türkisch als Unterrichtssprache verwendet werden darf. Solange die Verfassung in dieser Form besteht, können vielleicht Ermittlungen gegen einen Lehrer eingeleitet werden, der muttersprachlichen Unterricht gibt. Auch wenn es falsch ist, besteht dieses Gesetz, das solche Schritte ermöglicht, zur Zeit. Aber das Einreichen von Gesuchen kann nicht als Vergehen oder gar Verbrechen gezählt werden. Es beinhaltet keine Änderung an sich, sondern den Wunsch nach einer Änderung. Das ist sowohl in universeller Hinsicht als auch dem türkischen Rechtswesen entsprechend ein gesetzliches und demokratisches Recht. Von daher verletzt die Mentalität, die das Einreichen von Gesuchen als Verbrechen zählt, als erstes das eigene Rechtssystem. Das Rundschreiben des Innenministers belegt, dass die jüngsten Verfassungsänderungen nicht aufrichtig sind. Die Herangehensweise an die Muttersprachenkampagne hat sich in gewisser Hinsicht als ein Test der Änderungen herausgestellt. Und der Innenminister persönlich hat zum Ausdruck gebracht, dass die reaktionäre Mentalität in schlechtester Form beibehalten worden ist.

Es wird versucht, die Aktivitäten mit der Begründung zu unterdrücken, es handele sich dabei um eine "Politisierung der PKK"...

Diese Logik zu verstehen, ist schwer. Die Türkei versucht, die nicht stattfindende Demokratisierung zu erklären, indem sie sich in diese Art von Begründungen flüchtet. Niemand hat genug Kraft, die demokratische Forderung eines Volkes als ungesetzlich darzustellen. Qualität und Inhalt der Aktionen sind wichtig. Die Gesetze können nicht für Ahmet so und für Mehmet anders angewendet werden. Wenn es Kurden sind, die Anträge einreichen, wird die Aktion zum Verbrechen. Das steht auch im Widerspruch zu dem Prinzip, dass vor dem Gesetz alle gleich sind. Die Kurden zeigen unaufhörlich, dass die Behauptung, vor dem Gesetz seien alle gleich, so nicht stimmt. Die Türkei begegnet jeder Aktion des kurdischen Volkes feindlich. Sie muss davon Abstand nehmen, ihre eigenen Leute als Feinde zu betrachten, wenn die Kurden Bürger der Türkei sein sollen und wirklich geschwisterlich gelebt werden soll. Solange ein Drittel der Bevölkerung als Feind betrachtet wird, kann keine Ruhe und Sicherheit herrschen.

Wenn es eine Feindseligkeit gegenüber der Türkei gibt, so sind es die Besitzer dieser Einstellung, die die Feindschaft hervorrufen. Und natürlich benutzen die Feinde der Türkei ihre Schwäche. Schuld daran sind aber nicht die, die die Schwäche ausnutzen, sondern die, die den Boden dafür bereiten. Wer die PKK und das kurdische Volk beschuldigt, mit dem Ausland in Verbindung zu stehen, sollte wissen, dass sie selbst die Aussenwelt zu Kritik und Druck auffordern. Wer die Sprache und Identität eines Volkes verleugnet und unterdrückt, wird von überall beschuldigt werden. Die verleugnerische Haltung der Türkei erstaunt selbst die rückständigsten Länder der Welt. Jeder, der seine eigene Politik mit der der Türkei vergleicht, glaubt von sich, gar nicht so schlimm zu sein. Diejenigen, die die Türkei in diese niedrige Position gebracht haben, wecken Zweifel an ihrer Liebe zur Türkei.

Identität und Muttersprache des kurdischen Volkes lassen sich nicht unterdrücken. Früher oder später werden sie anerkannt werden. Und es wird nicht mehr allzu lange dauern. Der politische, soziale und kulturelle Geist des 21. Jahrhunderts kann diese Schande nicht aushalten. Die Türkei selbst kann diese Schande nicht aushalten. Die bestehende verleugnerische Wirklichkeit ist auch nicht die Wirklichkeit der Türkei. Dieser reaktionäre Widerstand wird brechen. Die Türkei hat keine andere Chance.

Muss man das aus zwölf Artikeln bestehende Vorschlagspaket, das in den letzten Tagen in den Medien Erwähnung gefunden hat und mit grosser Wahrscheinlichkeit vom türkischen Staat ausgeht, als eine auf die PKK ausgerichtete Dialoginitiative betrachten?

Man muss das Timing der Veröffentlichung des Textes in Betracht ziehen. Dieser Bericht dringt in einer Zeit nach aussen, in der das kurdische Volk eine Muttersprachenkampagne durchführt, sich in der Türkei die Demokratisierungstendenz verstärkt hat und von aussen Schritte zu einer Demokratisierung erwartet werden. Zweifellos zeigt der Bericht eine Tendenz, wenn auch nicht des gesamten Staates, so doch zumindest eines Teiles. Offensichtlich handelt es sich dabei um eine Übersetzung der aktuellen Politik in Hinblick auf die kurdische Frage. Er kann als ein Ausdruck dafür betrachtet werden, dass die Türkei sich in Bedrängnis befindet. Die Forderung nach muttersprachlichem Unterricht der kurdischen Studierenden zeigt die ignorante Verleugnungspolitik der Türkei in ihrer ganzen Nacktheit; dementsprechend versucht der erschienene Bericht die Verantwortung für die Unfähigkeit zu einer Lösung der bestehenden Probleme von sich zu weisen. Die Türkei ist in Bedrängnis geraten, als wir den Krieg beendet haben. Jetzt erlebt sie einhergehend mit den demokratischen Aktivitäten des Volkes, wie alle ihre Thesen ins Leere laufen und ihre Politik zusammenbricht. Die Unernsthaftigkeit der hervorgebrachten zwölf Forderungen zeigt, dass die Herangehensweise derjenigen, die die Absicht haben, die kurdische Frage - wenn auch der eigenen Logik entsprechend - zu lösen, sich darin nicht wiederspiegelt. Wer es ernst meint mit der Lösung des Problems, würde nicht eine solche Herangehensweise zeigen. Auch wenn das Papier in Hinsicht auf die Eröffnung einer Diskussion und bedingt auch auf das Bestehen eines Ansprechpartners einen gewissen Wert hat, ist es schwerlich als Dialoginitiative zu bewerten.

Mit einer solchen Herangehensweise in verschleierter Form kann nicht die Grundlage für einen Dialog geschaffen werden. Ich möchte noch einmal betonen, dass man sich dem kurdischen Volk nicht wie in dem Bericht geschehen annähern kann. Zuerst muss anerkannt werden, dass ein Volk existiert, das sich kurdisch nennt, und es eine Sprache hat, die kurdisch heisst. Auf was für einer Grundlage soll ein Dialog stattfinden, wenn diese verleugnet werden. Es kann ja kein Dialog stattfinden über eine Sache, die angeblich gar nicht existiert. Da heisst es besipielsweise, es wird keine kurdische Spracheinrichtung geben! Sogar das Ausland gründet Institute und erforscht die kurdische Sprache und Geschichte. (...) Dabei wäre es in erster Linie Aufgabe der Türkei, solche Einrichtungen zu fördern. Um eine freie Einheit des türkischen mit dem kurdischen Volk zu gewährleisten, ist es wichtig, positive Beispiele aus der Geschichte hervorzuholen. Weil nicht gewollt wird, dass die Beiträge, die die KurdInnen zum türkischen Volk geleistet haben, sichtbar werden, wird eine derartig plumpe Annäherung an das kurdische Volk zur Schau gestellt.

Warum soll das Wort "Kurdistan" der Türkei unangenehm sein? Nur Ignoranten können sich durch dieses Wort gestört fühlen. Wenn die kurdische Identität anerkannt wird, wird auch das Wort Kurdistan nicht mehr unangenehm sein. Es gibt Belege dafür, dass erstmalig in der Geschichte die Seldschuken die Gegend, in der Kurden lebten, Kurdistan genannt haben. Davor wurde die Gegend mit anderen Namen bezeichnet. Auch in osmanischen Dokumenten wird der Begriff Kurdistan für die Gegend, in der KurdInnen lebten, verwendet. In der osmanischen Zeit war auch Arabien Arabien, die Abchasen lebten in Abchasien, die Tataren in Tartaristan, die Tschetschenen in Tschetschenien. Auch die Russen betrachten den Begriff Tschetschenien oder Tataristan nicht als Spaltungsmotiv. Kurdistan ist eine geographische Bezeichnung und wird auf der gesamten Welt verwendet. Es handelt sich um eine objektive Tatsache. Es wird von der These ausgegangen, dass wenn ein Land, in dem ein Volk lebt, als nicht vorhanden gezählt wird, es auch nicht vorhanden ist. Wir leiden nicht unter dem Komplex, jeden Satz mit Kurdistan beginnen zu müssen. Aber die Probleme mit solch sinnlosen Diskussionen anzugehen, ist die Zurschaustellung einer Herangehensweise, die keine guten Absichten hat.

Es gibt Kommentare, laut denen der Bericht als Prüfung der Aufrichtigkeit der PKK der Öffentlichkeit präsentiert worden ist...

Die PKK hat ihre Gedanken zur kurdischen Frage und zum Thema Türkei, wie sie nach Meinung der PKK sein sollte, klar, deutlich und aufrichtig hervorgebracht. Heutzutage ist die PKK die einzige Bewegung, die zu allen Fragen eine eindeutige Politik hat. Die Eingaben des Vorsitzenden APO an den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof dokumentieren die Eindeutigkeit der PKK zu jedem Thema. Es ist die PKK, die als letzte Bewegung eine Aufrichtigkeitsprüfung ablegen müsste, und als Volk sind es die KurdInnen. Wir sind es, denen Unrecht widerfahren ist und die ihr Recht fordern. Vor uns muss die Türkei mit verschiedenen Schritten ihre Aufrichtigkeit zeigen. Die PKK hat die Prüfung zu jedem Thema mit Erfolg bestanden. Mit ihrer Praxis hat sie ihr Beharren auf ein gemeinsames Leben des kurdischen und kurdischen Volkes in einem gemeinsamen Land aufgezeigt. Deshalb ist es die Türkei selbst, die diejenigen aufstachelt, die Separatismus und eine Lösung der Probleme durch äussere Kräfte wollen. Die Aufrichtigkeit derjenigen ist gefragt, die immer noch an der Verleugnung festhalten. (...) Unsere Partei möchte die Probleme innerhalb der Grenzen der Türkei lösen. Wir halten unsere Hand immer für einen Dialog ausgestreckt. Wer die kurdische Frage lösen will, braucht diese Hand nur zu ergreifen.

Es wird behauptet, "die PKK will ausgehend von der Forderung nach Muttersprache und Identität auf politischem Weg das erreichen, was ihr mit Krieg nicht gelungen ist". Das ist richtig. Es unser Ziel, dass unsere Identität anerkannt und in unserer Muttersprache unterrichtet wird. Das verheimlichen wir doch nicht! Sowohl das kurdische Volk als auch seine Sprache hat es schon vor der PKK gegeben. Die PKK hat dafür gekämpft, dass ihre Verleugnung ein Ende findet. Und auch heute steht sie hinter diesem Kampf. Das macht sie nicht, um die Türkei zu teilen, sondern um sie zu bereichern und zu demokratisieren. Sie betrachtet es als Ehre, mit dem türkischen Volk zusammen im gemeinsamen Heimatland zu leben. Die KurdInnen sind nicht separatistisch. Sie sind ein Teil der Türkei und ihre stärkste Demokratiekraft. Wenn es heute Separatisten gibt, so sind das die, die die kurdische Identität und Sprache verleugnen und die Hand nicht annehmen, die ihnen von den AnhängerInnen einer freien Einheit gereicht wird. Alles andere ist Demagogie und Betrug am Volk. Die Türkei soll es aufgeben, die PKK als Repressionsgrund zu benennen. Für die Türkei bedeutet es eine Chance, dass der Vorsitzende APO und die PKK aus dieser Gegend hervorgegangen sind. Wenn man sich der Sache nicht mit blind-chauvinistischer Verleugnung annähert, ist gut sichtbar, dass die PKK in der Lösung aller Probleme der Türkei keinen Nachteil, sondern einen Vorteil darstellt. Den grössten Bedarf hat die Türkei momentan nach mutigen Intellektuellen und PatriotInnen, die sich wissenschaftlich annähern und diese Wahrheit herausschreien. Es muss ihnen gelingen, sich von dem PKK-Komplex zu befreien und die Dinge vorurteilsfrei und wissenschaftlich zu betrachten. Die diese Realität nicht sehen, haben einen Anti-PKK-Komplex und fürchten sich davor, von reaktionären Kreisen als ´Vaterlandsverräter` beschuldigt zu werden.

Wenn dieser Bericht von bestimmten Kreisen an die Öffentlichkeit lanciert worden ist, die eine bedingte Botschaft für einen Dialog senden wollten, dann können wir ihnen nur sagen, dass sie eine etwas ernsthaftere Herangehensweise brauchen. Wenn man in Betracht zieht, was sie aus der kurdischen Frage für die Türkei gemacht haben - lassen wir die letzten 80 Jahre unbeachtet, nehmen wir allein die letzten 30 Jahre - dann wird deutlich, dass es sich um ein Thema handelt, dem mit Ernsthaftigkeit begegnet werden muss.

zum zweiten Teil