Özgür Politika, 11. September 2001

Kurden müssen in der Verfassung Platz finden

Wie PKK-Präsidialratsmitglied Duran Kalkan erklärt hat, müssen Logik und Geist der bestehenden Verfassung geändert werden: "Das Problem liegt nicht daran, einzelne Artikel zu ändern. In der bestehenden Verfassung wird die Identität der Gesellschaft in der Türkei nicht anerkannt. In einer neu zu schaffenden Verfassung müssen die Kurden und Kurdinnen einen Platz finden."

Duran Kalkan nahm vorgestern abend telefonisch an der Sendung "Gündem" bei MEDYA TV teil. Er bewertete die momentanen Diskussionen zur Verfassungsänderung als irreführend: "Wir betrachten die geplanten Änderungen nicht als unzureichend, sondern als ein sehr gefährliches Schauspiel. Für die Türkei bedeutet es unserer Meinung nach einen gewollten Zeitverlust."

Ohne Identität könne es keine Demokratie und Freiheit geben, so Kalkan: "In den momentan diskutierten Veränderungen kommt das kurdische Volk nicht einmal vor. Genau dort muss jedoch die Diskussion um eine neue Verfassung beginnen. Und als erster Artikel muss festgehalten werden, dass die Türkei sich aus verschiedenen Kulturen und Identitäten zusammensetzt."

"Die Zeit erfordert Kampf"

Für das kurdische Volk sei es Zeit, für seine nationale Identität zu kämpfen, betonte Kalkan. "Es besteht die Gefahr, zurückzubleiben, die Gefahr der Verschleppung, die Gefahr zu verlieren. Alle von sieben bis siebzig Jahren, Frauen und Männer, in den Dörfern und Städten, müssen dafür kämpfen, dass ihre eigene kulturelle, nationale Identität in konkreter Form in der Verfassungsänderung berücksichtigt wird. Das ist eine legitime Mindestforderung. Dagegen kann niemand einschreiten. Mit Entschlossenheit muss jeder offizielle staatliche Stellen von seinem Kurdischsein informieren. Der Preis, der dafür erforderlich sein wird, muss gezahlt werden. Wenn im Ausweis "kurdisch" steht, soll er bei sich getragen werden. Ansonsten macht es keinen Sinn, den Ausweis mitzuführen. Es ist die Zeit, einen solchen Kampf zu führen."

Kalkan erinnerte an den Kern und die Ziele der Beschlüsse auf der 6. Nationalen Konferenz zu den Serhildans und fuhr fort: "Die Mobilmachung für Frieden und Demokratie ist Ausdruck des Willens des kurdischen Volkes. Es ist gleichzeitig der Kampf für die Freiheit des Vorsitzenden Apo. Es ist der Kampf aller für nationale, klassen- und geschlechterbezogene Identität. Darin liegt das Ziel und der Kern des Serhildan."

In bezug auf die Diskussionen, ob kurdisch gesprochen oder geschrieben werden könne oder nicht, sagte Kalkan: "Wer sich auf solche Diskussionen einlässt, dem sollte der Mund verbunden werden. So despotisch sollte man nicht sein. Wenn eine Strafe dafür notwendig ist, seine Identität zu fordern, sollen sie machen."

Jeder muss teilnehmen

Auch wenn die Diskussionen um eine Verfassungsänderung falsch und unzureichend seien, so sei es doch als positiv zu bewerten, dass sie überhaupt begonnen worden seien. Jedoch sei es wichtig, dass sich jeder daran beteilige: "Zivilgesellschaftliche Organisationen, Menschenrechtsinstitutionen, juristische Einrichtungen, Universitäten, alle Teile der Gesellschaft müssen sich an der Diskussion beteiligen. Jeder sollte seine eigene Verfassung hervorbringen. So beginnt die Lösung. Es reicht auch nicht, nur zu diskutieren, es muss gekämpft werden."