ÖZGÜR POLITIKA, 19. Juni 2001

´Näher an der Lösung`

Wie PKK-Präsidialratsmitglied Duran Kalkan mitteilte, wird mit der Kampagne "Auch ich bin PKK" Europa Demokratie beigebracht. In einem telefonischen Beitrag zur Sendung ´Gündem` bei MEDYA TV vorgestern abend erklärte Kalkan, mit der Kampagne werde die kurdische Frage ihrer Lösung nahegebracht. Er grüsste alle, die sich in Europa und vor allem in Deutschland an der Kampagne beteiligen und sagte: "Ein weiteres Mal wurde deutlich gemacht, wo die Lösung sein wird."
Wer sich noch nicht beteiligt habe, solle dies unverzüglich tun, damit Resultate erzielt werden können, so Kalkan: "Das Volk steht hinter der Führung und der Partei, das ist deutlich geworden. Es ist eine Kraft entstanden, die bis zum Ende produktiv an der Lösung arbeitet. Hier muss beharrlich weitergemacht werden. Unsere Führung hat gesagt: ´Jeder soll sich mit dem beteiligen, was ihm möglich ist. Wer überhaupt nichts tun kann, soll sein Herz mit uns rein halten.` In diesem Rahmen sollen jetzt Schüler und Studierende in den Schulen und Universitäten sagen, dass sie kurdisch sind. Die Gefangenen sollen in ihrer Verteidigung sagen, dass sie PKK sind. Die Arbeiter sollen sagen, dass sie kurdische Arbeiter sind. Das kann jeder, wo er sich gerade aufhält, mit der jeweils angemessenen Methode tun."
Mit den genannten Aktivitäten zeigten die Kurden die Profitgier, Beschränktheit und "Teile-und-herrsche-Politik" der Demokratie Europas auf, so Kalkan: "Die Kurden haben deutlich gemacht, dass die Demokratie Europas noch eine weite Strecke zurückzulegen hat." Er erinnerte daran, dass die PKK seit 1993 in Deutschland verboten ist und verwies auf den Düsseldorfer Prozess, in dem er selbst angeklagt gewesen sei. "Bevor der Prozess zu ende ging, fällte die Regierung unter Verletzung der Justiz eine politische Entscheidung. Dafür erliessen sie Sondergesetze. Die Justiz wurde in sehr offener Form als Mittel zum Zweck missbraucht."
Die Teilung Kurdistans und des Mittleren Ostens sei durch das System Europas geschaffen worden, fuhr Kalkan fort: "Wenn die EU Frieden will, soll sie nicht auf dem vor hundert Jahren entstandenen System bestehen. Mit der Zeit werden auch die Kurden Rechte haben, haben sie gesagt. Die Kurden wurden damit etwas aufgestachelt, in den Aufständen zeigte sich die Wirkung, aber sie wurden auch ein bisschen getäuscht. Europa band die Kräfte in der Region an sich und heimste die wirtschaftlichen Gewinne ein. Im Beitrittspartnerschaftsdokument der EU findet sich nicht einmal das Wort ´Kurde`. Was ist das für ein Dokument? Es geht um ein Volk, das ein Drittel der Bevölkerung ausmacht. Wenn die Türkei der EU beitritt, wird dann dieses Volk mit dabei sein? Wenn es mit dabei ist, als was wird es teilhaben? Gebt ihm seinen Namen! Sie zwinkern der Türkei zu und tun so, als würden sie die Kurden unterstützen. Das ist imperialistische Politik."
Den vor ein paar Tagen an den Parlamentspräsidenten der Türkei, Ömer Izgi, überreichten Entwurf zur Verfassungsänderung bezeichnete Kalkan als "nicht ernst": "Es gibt keine Veränderung. Es soll jetzt möglich sein, Veröffentlichungen in verbotenen und nicht-verbotenen Sprachen zu machen. Es soll da einen Artikel geben, der jetzt abgeschafft wird. Als ob die ganze Zeit in Abhängigkeit von Verboten gearbeitet worden wäre. Dabei existiert ohnehin ein tatsächlicher Zustand. Und es existiert eine grobe Ignoranz und Verleugnung. Soll so die Zukunft eines Volkes angegangen werden? An der Verfassung muss nicht herumgeflickt werden, sie muss in ihrem Kern und ihrer Form demokratisch sein." Die bestehende Regierung habe nicht den Willen zur Veränderung, so Kalkan, deshalb falle die eigentliche Aufgabe den türkischen Patrioten und Demokraten zu. "Die Geschichte wird ihnen sonst nicht verzeihen."