Berliner Zeitung, 30.11.1999

Kanzler: Das geltende Asylrecht soll nicht geändert werden

Lob für Schily / Kirchen fordern Einwanderungsgesetz

NÜRNBERG/DRESDEN, 28. November. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat allen Spekulationen über eine Verschärfung des Asylrechts eine Absage erteilt. Schröder betonte auf einer SPD-Regionalkonferenz in Nürnberg: "Wir haben nicht vor, am geltenden Asylrecht etwas zu ändern." Darin sei er sich mit Innenminister Otto Schily (SPD) einig. Schröder sagte, er sei froh, dass Schily seinem Kabinett angehöre. Dieser setze sich einerseits für Rechtsstaatlichkeit und andererseits für die öffentliche Sicherheit ein. Der SPD-Vorsitzende sagte: "Das dürfen wir nicht den anderen überlassen."

Die christlichen Kirchen in Deutschland haben sich für ein Einwanderungsgesetz ausgesprochen. Anlässlich der Veröffentlichung ihres Wortes zur Jahrtausendwende wies die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) in Dresden darauf hin, dass die Einwanderung von Ausländern geregelt werden müsse, damit sie auch legal nach Deutschland kommen könnten. Dadurch würde das Asylgesetz entlastet, sagte ACK-Geschäftsführerin Bärbel Wartenberg-Potter. In der ACK sind 17 verschiedene christliche Glaubensrichtungen vereinigt. Angesichts der sinkenden Bevölkerungszahl sei es ohne eine dauerhafte Einwanderung gar nicht möglich, die Systeme der Sozialversicherung aufrechtzuerhalten, sagte Wartenberg-Potter. Gleichzeitig warnte die Geschäftsführerin vor einer Verschärfung des Asylrechts. "Wir müssen sehr darauf achten, dass dieses Recht nicht in unnötiger Weise durch eine Diskussion und eine Vermischung mit anderen Argumenten ausgehöhlt wird." Es habe eine wichtige Funktion für das Grundgesetz.

Nach Einschätzung des Erfurter Bischofs und Vorsitzenden der ACK, Joachim Wanke, ist in den neuen Bundesländern eine Abschottung der Menschen gegenüber Ausländern zu beobachten. Dort lebe zwar der geringste Anteil an Ausländern, aber die innere Verschlossenheit und die Angst seien sehr verbreitet. "Die Bereitschaft, aufeinander zuzugehen und Offenheit zu zeigen, kann nur gelingen, wenn man sich gegenseitig wahrnimmt", sagte der Bischof. Es bleibe Aufgabe der Kirchen in Ostdeutschland, die Mentalität zu verändern. "Deutschland darf nicht zu einer Festung ausgebaut werden." (ADN, dpa)