ap 25.11.1999 11:42

Todesurteil gegen Öcalan bestätigt

Geht nun an Parlamentsausschuss - Demonstrationen für Hinrichtung

Ankara (AP)

Das höchste türkische Berufungsgericht hat das Todesurteil gegen PKK-Führer Abdullah Öcalan am
Donnerstag bestätigt. Der Antrag auf eine Berufungsverhandlung wurde in letzter Instanz abgelehnt. Der
Prozess sei juristisch einwandfrei verlaufen, hieß es in der kurzen Begründung des Kassationsgerichtshofs.
Öcalan war im Juni des Separatismus und Hochverrats schuldig gesprochen worden; eine Verurteilung, die
automatisch die Todesstrafe nach sich zieht. Der Hinrichtung müssen noch das Parlament und
Staatspräsident Süleyman Demirel zustimmen. In der Türkei wurde seit 1984 kein Todesurteil mehr vollstreckt,
obwohl es Dutzende Urteile gab.

Als Richter Demirel Tavil das Urteil verkündete, brandete vor dem Gerichtsgebäude in Ankara Jubel auf.
Rund hundert Angehörige von Soldaten, die im Kampf gegen die PKK getötet wurden, riefen: «Lang lebe die
Justiz» und «Europa, hör gut zu!». Anschließend zogen rund 1.000 Demonstranten vor das Parlament und
skandierten: «Billigt die Hinrichtung!»

Die Anwälte Öcalans reagierten gefasst auf die Entscheidung, die ihnen in der Türkei keine Möglichkeit
mehr zum juristischen Eingreifen lässt. «Das ist keine Überraschung für uns», sagte Hatice Korkut. Schon vor
dem Urteil hatten seine Anwälte angekündigt, sie würden Öcalans Fall vor den Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte bringen. Ein Verfahren in Straßburg könnte rund zwei Jahre dauern. Die türkische Regierung
hat erklärt, vor einer möglichen Hinrichtung eine Entscheidung abzuwarten.

Die Verteidiger hatten ein neues Verfahren beantragt. Sie argumentierten, Öcalan habe mit seinen
Rechtsbeiständen nicht ungestört sprechen können und den Prozess in einem Glaskasten auf der
Gefängnisinsel Imrali im Marmarameer verbringen müssen. Außerdem sei seine Verschleppung aus Kenia
durch ein Kommando des türkischen Geheimdienstes illegal gewesen.

Öcalan selbst hatte erklärt, er wolle sich um Frieden bemühen. Sein Tod werde nur zu neuem
Blutvergießen führen. Im Südosten der Türkei wurden am Donnerstag und am Vortag zwölf kurdische Rebellen
getötet, wie die Nachrichtenagentur Anatolia meldete. Die Streitkräfte erkennen den einseitigen
Waffenstillstand nicht an, den die PKK seit 1. September einhält.