Tagesspiegel, 25.11.1999

Kommentar

Nichts bewiesen

kf

Auf die Proteste von Seiten der Polizei muss man nach jedem Urteil zu den Kurden-Kawallen nicht lange warten. Als viel zu milde werden die Bewährungsstrafen gegeißelt, als juristische Skandale die Freisprüche. Dabei sind die Prozesse lediglich Ausdruck dafür, dass hierzulande nicht politisch und damit pauschal geurteilt wird, sondern im Einzelfall geprüft wird, was sich die Angeklagten konkret zu Schulden haben kommen lassen.

Wer bei einer gewalttätigen Demonstration auffällt, sich aber sonst nie im Leben etwas zu Schulde hat kommen lassen, verdient eine Bewährungsstrafe - gleich ob es bei der Tat um den Umweltschutz, den 1. Mai oder den festgenommenen Öcalan ging. Und wer bei einer solchen Demonstration lediglich "unbewaffnet und planlos herumsteht", muss vom Vorwurf des schweren Landfriedensbruchs freigesprochen werden.Dass diejenigen Kurden, die das Konsulat stürmten, bislang in den Gerichtssälen nicht dingfest gemacht werden konnten, ist gewiss nicht nur für die Polizei unbefriedigend. Eine Bestrafung ohne Beweise wäre aber die noch schlechtere Lösung gewesen.