Stuttgarter Zeitung, 23.11.1999

Teurer Deal für die Türkei: Riesige Panzerarmee Ankaras

Der deutsche Streit um die Lieferung der Panzer vom Typ Leopard II wird von der Türkei fast wie ein Thema behandelt, das sie im Grunde nichts angeht. Das könnte sich aber bald ändern.

Von Jan Keetman, Istanbul

Mit dem Hinweis, dass es sich bei diesem Konflikt eher um eine koalitionsinterne Abrechnung in Deutschland handele, ließen es die türkischen Zeitungen bewenden. Auch kein Spitzenpolitiker war zu einem Kommentar zu bewegen. Vor dem EU-Gipfel in Helsinki Anfang Dezember, auf dem man hofft, mit deutscher Hilfe den Kandidatenstatus zu erlangen, soll das Verhältnis der beiden Länder nicht belastet werden.

Außerdem hat der Leopard II A 5 starke Konkurrenz aus der Ukraine, aus Frankreich und den USA. Besonders hoch dürften die Chancen für den Panzer A1 M2 Abrams von General Dynamics sein. Washington unterstützt das Geschäft, und General Dynamics kooperiert mit türkischen Firmen. Gemessen an der Wirtschaftskraft der Türkei ist der Panzerkauf ein gewaltiges Vorhaben. Die veranschlagten acht Milliarden Dollar entsprechen etwa vier Prozent des Bruttosozialprodukts. Schon jetzt unterhält die türkische Armee mit 4205 schweren Panzern die drittgrößte Panzerarmee der Welt. Völlig unklar ist, gegen welchen Aggressor die Panzer ins Feld geführt werden sollen. Die größte Bedrohung geht von der PKK aus. Doch im Kampf gegen Guerillatrupps sind schwere Panzer von geringem Wert.