Hannoversche Allgemeine Zeitung, 20.11.1999

Überraschender Asyl-Beschluss

Am Donnerstag, als die deutschen Innenminister bei karger Kost in einem Zimmer des Zisterzienserklosters Marienthal saßen, sah es keineswegs aus, als könnten sie sich überhaupt auf eine Härtefallregelung für abgelehnte Asylbewerber einigen. Zu konträr schienen die Ausgangspunkte. Das CSU-regierte Bayern wollte zunächst nur kleine Nationalitätengruppen zulassen - aus Angola oder Afghanistan etwa. Das sozialliberale Rheinland-Pfalz hatte bereits eine Stichtagsregelegung vorgeschlagen, die aber auf keinen Gefallen bei der Union stieß.

Doch die Unterbrechung des Kamingesprächs und eine Vertagung der Verhandlungen in äußerst kleiner Runde habe am Freitag morgen den Durchbruch gebracht, berichtet ein Teilnehmer: "Es ging schließlich auch darum, die Innenministerkonferenz, die sich seit Jahren mit den abgelehnten Asylbewerbern herumschlägt, als ein wirkungsvolles Instrument zu erhalten." So willigten auch die unions-geführten Länder in die Stichtagsrelegung ein.

Etwa 23 000 Menschen können nun auf ein Bleiberecht hoffen, sofern sie ihren Lebensunterhalt jetzt schon aus eigener Arbeit bestreiten und nicht straffällig geworden sind. Auch 3000 Vietnamesen, für die Deutschland eigentlich ein Rückführungsabkommen geschlossen hatte, dürfen bleiben - ein Drittel von ihnen lebt in Niedersachsen. Sie stellen die größte Zahl der 2500 Flüchtlinge, die von dem neuen Asylkompromiss berührt sind.

Allerdings hat sich die Union ihr Entgegenkommen abhandeln lassen - durch die Zusage der SPD-Länder, im kommenden Jahr Flüchtlinge aus dem Kosovo auch konsequent abzuschieben, wenn sie nicht freiwillig ausreisen. Dafür warb auch Bundesinnenminister Otto Schily (SPD), der eine entsprechende Absichtserklärung mit dem UN-Verwalter im Kosovo seinen Innenministerkollegen vorweisen konnte.

Zufrieden mit dem überraschenden Kompromiss ist Niedersachsens Innenminister Heiner Bartling (SPD) - auch wenn er einräumt, dass längst nicht alle Forderungen von Wöhlfahrtsverbäönden und Kirchen erfüllt würden. Aber dass man überhaupt zu einer Härtfeallregelung gekommen sei, meint Bartling, "das ist doch was".

Michael B. Berger, Marienthal