Frankfurter Rundschau 20.11. Kommentar

Ein eindeutiger Verstoß

Es wird immer unheimlicher mit den deutschen Waffengeschäften

Von Helmut Lölhöffel

Es wird immer unheimlicher mit den deutschen Waffengeschäften. Einmal Spürpanzer mit Schmiergeld ins Krisengebiet nach Saudi-Arabien. Ein andermal ein Probepanzer für die türkische Armee. Und nun eine ganze Produktionslinie zur Herstellung von Gewehren für unsere Freunde am Bosporus. Die Türkei ist Nato-Partner. Trotzdem müssen für Rüstungsexporte in dieses Land besondere Bedingungen gelten. Denn es führt Krieg im Inneren gegen Kurden und hält völkerrechtswidrig einen Teil des Staates Zypern militärisch besetzt. Dass die Türken sich schon längst entschieden haben, demnächst tausend Leopard-Panzer in Deutschland zu kaufen, ist mittlerweile aus allen Kanälen der Politik, der Militärs und der Rüstungslobby durchgesickert. Den einen geht es um Einflusssphären, den anderen ums Geschäft und dritten um Arbeitsplätze. Moral und Menschenrechte spielen im Waffenhandel immer eine nachrangige Rolle.

Warum die alte Bundesregierung im vorigen Jahr ganz schnell noch die Ausfuhr einer Lizenzproduktion von Gewehren genehmigt hat, ist vor diesen Hintergründen überhaupt nicht zu begreifen. Denn was für Panzer, U-Boote oder Minenräumgeräte als Argument notfalls taugt, dass sie ja im Binneneinsatz nicht als Angriffswaffen verwendbar sind, kann für Gewehre nicht gelten. Hier ist eindeutig gegen den Grundsatz verstoßen worden, "die Menschenrechtslage zu berücksichtigen", wie es immer so schön heißt. Und der beliebte Hinweis auf die Sorge um Arbeitsplätze zieht auch nicht, wenn deutsche Gewehre in der Türkei gebaut und anschließend vielleicht auch noch in alle Welt verkauft werden.